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Einspielen

Einspielen ist für viele Musikerinnen und Musiker ein sensibles Thema. Wo geht es los und, viel entscheidender, wo hört es auf? Also: Wo genau liegt der Übergang zwischen dem, was wir als Einspielen bezeichnen und dem was wir Üben nennen? Die Frage ist weniger trivial als sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Sie hängt nicht nur von (scheinbar) objektiven Kriterien ab, sondern das Bedürfnis sich einzuspielen unterscheidet sich auch von Spieler zu Spieler. Auch Tagesform, Schlafqualität oder Stress haben (subjektiv) Einfluss auf diesen Vorgang.

Bin ich schon warm?

Um es vorweg zu nehmen: Dieser Artikel befasst sich mit dem Einspielen auf dem Instrument. Ein körperliches Warm-Up ist davon unabhängig und sollte, ähnlich wie es im Sport geläufig ist, auch in der Musik vorher stattfinden. Ein paar Tipps dazu könnt ihr hier finden:

Gerade bei Musiker*innen, deren natürliche Spieldauer auf dem Instrument begrenzt ist (v.a. bei Blasinstrumenten) liegt es nahe, den Einspielvorgang möglichst kompakt zu halten. Wer überhaupt erst eine Stunde benötigt, um das Gefühl zu haben mit dem Üben loslegen zu können, verliert nicht nur wertvolle Zeit, sondern trainiert sich im schlechtesten Fall auch in Überlastungsschmerzen hinein. Ganz abgesehen von der mentalen Frustration ewig zu brauchen, um überhaupt mit der Musik starten zu können. Eine gute Vorbereitung (Warm-Up) und (Klang-)Vorstellung können diesen Prozess unterstützen.

Körperliche vs. auditive Vorstellung

Tipps zum Warm-Up habe ich euch bereits oben verlinkt. Eine optimale Vorstellung zum Spielen eures Instruments beinhaltet zweierlei:

  • körperliche Vorstellung (ich weiß, wie ich mein Instrument möglich effizient und ökonomisch spielen kann)

  • auditive Vorstellung (ich weiß, wie mein Instrument gleich klingen/reagieren wird, noch bevor der Ton erklingt)

Studien haben gezeigt, dass Spiegelneuronen im Körper auch beim Zusehen anderer Musiker*innen dafür sorgen, dass Prozess ähnlich dem Üben angestoßen werden. Videos von euren Vorbildern, oder anderen Musikerinnen und Musikern beim Musizieren zu schauen, kann die körperliche Vorstellung somit unterstützen. Sicher die beste Form an dieser Kraft zu arbeiten ist und bleibt jedoch Instrumentalunterricht.

Die auditive Vorstellung zu verbessern ist ein langwieriger Prozess. Bei den meisten löst das Wort “Gehörbildung” bereits innere Widerstände aus, bevor es zu Ende gesprochen wurde. Eine gute Klangvorstellung hilft allerdings euer Spiel wesentlich effizienter zu gestalten. Wenn ihr mehr darüber wissen möchtet, empfehle ich euch die Podcast-Folge mit Prof. Dr. Almuth Süberkrüb.

Kreative Einspielübungen für alle

Angelika Stockmann schrieb in ihrem Buch “Üben hilft eben doch (Opens in a new window)” den schön Satz:

“Es gibt keine guten oder schlechten Übungen. Die Bedeutung einer Übung liegt einzig in der Frage: Was gibt sie mir - jetzt?”

Für mich bedeutet das, mir Übungen auszudenken, die möglichst viele Aspekte kombinieren. Je nachdem worauf ich meinen Fokus richte, haben diese Übungen dann unterschiedliche Ziele:

Longtones

Jede*r Spieler*in eines Blasinstrument kennt dieses Batman-Meme. Als Trompeter bringt es mich auch heute noch regelmäßig zum Schmunzeln.

Man weiß um die Vorteile der Übung - scheut sie allerdings, da sie wenig sexy (weil monoton) sind. Genau das macht sie jedoch so ideal, um sie mit anderen Übungen zu kombinieren:

Melodische Longtones spielen

Dreiklänge als Longtones

Beide Beispiele sind natürlich nur Ideen. Ihr könnt jedes beliebige Intervall als melodische Longtones Figur spielen und damit eure innere Klangvorstellung herausfordern. Als Jazz-Musiker*in könntet ihr Grundtonbewegungen besonders häufig genutzter Akkordverbindungen (z.B. II-V-I) damit nachzeichnen. Auch bei den Akkorde muss es nicht Grundstellung aufwärts bleiben. Seid kreativ und spielt andere Farben (Moll, Vermindert, Übermäßig) aus.

Als Nicht-Blasinstrumentspieler kannst du die Übung erweitern und gleichzeitig mitsingen. Das schult deine innere Klangvorstellung massiv.

Freie Improvisation

Nutze dein Einspielen für eine kurze, freie Improvisation. Verzichte auf Virtuosität sondern achte auf Klang, Phrasierung und erfreue dich an deinem Spiel. Als Erweiterung kannst du dich auf bestimmte Modi beschränken (z.B. Improvisation in phrygisch) oder im Kopf eine einfache Akkordfolge oder ein Stück durchspielen.

Vorteil: Wenn du einen Teil davon aufzeichnest, liefert dir das Ergebnis eine wunderbare Grundlage davon, woran du in deiner anschließenden Übe-Session arbeiten kannst.

Koordination

Nik Bärtsch demonstrierte bei meinem Besuch ein paar seiner Einspielübungen. Er nutzt dafür Bälle, um die Koordination zwischen linker und rechter Hand zu schulen. Diese Übung funktioniert natürlich nicht für alle, aber vielleicht fällt auch dir eine Variante davon ein, wie du Koordination in einer deiner Einspielübungen integrieren kannst.

Fazit

Wie du siehst, es gibt keine schlechten Übungen. Sei kreativ und kombiniere verschiedene Übungen, oder nutze kleine Improvisationen um neue Aspekte in deinen Einspielübungen zu integrieren. Vielleicht helfen dir auch meine Übekarten mehr Variation in dein Üben einzubauen. Probiere es aus!

Topic Kreativ Üben

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