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Gschichdn vom Herrgodd

Warum ein Team um Pfarrer Claus Ebeling die Bibel ins Fränkische übersetzt

In denne Dooch is passierd, dass e Verordnung vom Kaiser Augusdus nausgange is. Alle Leid im Römischen Reich solldn sich in Steuerlisden eischreibe lossn. A Einschreibung in dere Art hodds zuvor noch nie gehm.

Wenn Pfarrer Claus Ebeling das Weihnachtsevangelium vorliest, klingt es weicher, gemütlicher, bodenständiger als das Original des Evangelisten Lukas. Fränkisch eben. Das Weihnachtsevangelium in der Herzenssprache – kann es eine schönere Art geben die bekannte Geschichte neu zu hören?

Pfarrer Ebeling höchstpersönlich hat die Geschichte von der Geburt Jesu ins Fränkische übertragen, die Erzählung wird eingebettet sein in ein großes Projekt. Zusammen mit etwa 80 Bibel- und Mundart-Begeisterten überträgt der evangelische Seelsorger aus dem mittelfränkischen Lichtenau im Landkreis Ansbach derzeit Teile des Alten und das gesamte Neue Testament in die Mundart. Im April haben sie begonnen, Weihnachten 2023 soll die Franken-Bibel fertig sein.

Der evangelische Seelsorger Claus Ebeling aus dem fränkischen Lichtenau leitet das Mundart-Projekt, die Bibel ins Fränkische zu übertragen. Foto: privat

Die Bibel in Mundart? Darf man das? Soll man das? Und was soll das? Man darf, man soll und es fördert die Nähe zum Wort Gottes, ist man im Arbeitskreis „MundArt in der Kirche“ überzeugt, unter dessen Dach das Übersetzungsprojekt angesiedelt ist. Auch Jesus hat vermutlich Dialekt gesprochen, aramäisch war die Sprache seiner Zeit in Judäa.

1500 Jahre später hat Martin Luther dem „Volk aufs Maul geschaut“, als er die Bibel als erster Theologe überhaupt ins Deutsche übertragen hat. Texte in der eigenen Sprache stillen eine Sehnsucht. Das erlebt Claus Ebeling schon lange bei seinen gut besuchten Mundart-Gottesdiensten. Endlich einmal durch und durch zu verstehen, das sei Menschen zunehmend wichtig und könne eine Antwort auf sinkende Kirchen- und Glaubensbindung sein. „Jetzt hob ich endlich amol des Evangelium in meiner Sproch ghört!“, soll eine Fränkin nach einem Mundart-Gottesdienst gesagt haben. Die Sprache des Herzens ist eben oft leichter zu verstehen als manches hochtrabende Wort.

Bibel-Übertragungen in Mundart sind deshalb vielleicht keine Regel, so doch auch keine Ausnahme. Es gibt eine Bibel für Schwoba, das Evangelium uff hessisch, die Bibel uff pälzisch, vereinzelte Textstellen im fränggischen Dialekt. Vor zwanzig Jahren hat schon einmal ein Seelsorger das Lukas-Evangelium ins Fränkische übertragen, mancher Mit-Übersetzer von damals ist jetzt auch wieder dabei. Das Team rund um Pfarrer Ebeling plant erstmals eine umfangreichere Übertragung des Buchs der Bücher in die Mundart.

Der Seelsorger ist Sprecher des Arbeitskreises „MundArt in der Kirche“ und hat Erfahrung mit Übertragungen in Mundart. Zwei Fränkische Psalter mit Liedern und Psalmen in Mundart hat der Arbeitskreis in den vergangenen Jahren bereits veröffentlicht. Vereinzelt hätten bereits Bibelstellen auf fränkisch vorgelegen, sagt Claus Ebeling. „Irgendwann kam die verrückte Idee: Es könnte auch eine ganze Bibel auf Fränkisch werden. Es war vielleicht auch ein bisschen Corona geschuldet, dass wir gesagt haben: Und jetzt gehen wir es an.“ Amen, genauso ist es.

Foto: privat

Im April hatte man zur Teilnahme aufgerufen, mehr als 100 Interessierte hätten sich gemeldet. Gut 80 Engagierte vom Schüler bis zum Senior sind jetzt dabei, weitere Übersetzer sind noch willkommen. An frühere fränkische Bibelübertragungen knüpft man bewusst nicht an. „Mundart verändert sich im Lauf der Zeit“, beobachtet Claus Ebeling, der im Knoblauchland vor den Toren Nürnbergs groß geworden ist. Jede Generation spricht ihre eigene Sprache, jede Region hat ihren eigenen Zungenschlag. In der Rhön spricht man anders als in Würzburg, ein Lichtenauer klingt anders als ein Bamberger. Die vielen Klangfarben soll sich in der Bibelübertragung widerspiegeln, es gibt nur eine Vorgabe: Das Ergebnis soll für alle gleichermaßen lesbar sein.

Die Bibelübersetzung ist ein großes Projekt. Mehr als 70 Schriften umfassen die zwei großen Teile der Bibel, das Alte und das Neue Testament. Geschichtsbücher sind darunter, Lehrbücher, Briefe, Gesetzesbücher, poetische und prophetische Schriften, kurze und lange, stilistisch ausgefeilte und genealogisch langatmige Abschriften. Alle Schriften sind in ihrem Charakter unterschiedlich, geschrieben im Licht ihrer Zeit und vor dem Erfahrungshorizont der Menschen, die während ihrer Entstehung gelebt haben. Manch poetische Bildsprache des Alten Testaments erschließt sich für heutige Leser kaum noch ohne Hintergrundwissen. Mit einer einfachen Eins-zu-Eins-Übertragung soll es deshalb nicht getan sein, hat das Team um Pfarrer Ebeling entschieden, es soll geschrieben werden, wie heute geredet wird.

Foto: Luis Quintero, pexels.com

Man hat zunächst einmal eine Auswahl getroffen, um die Herausforderung gut meistern zu können. Es wird mehrere Bücher sowie die Psalmen des Alten Testaments auf fränkisch geben und das gesamte Neue Testament, wobei nicht jede Schrift vollständig und manche nach eigenem Ermessen übersetzt werden muss und darf. „Aus christlicher Sicht stellt sich die Frage: Welche Texte werden überhaupt gepredigt?“, sagt Pfarrer Ebeling. „Welche Geschichten sind uns aus dem Alten Testament wichtig?“

Orientiert habe man sich dabei an den sechs Textreihen der evangelischen Kirche für ihre Gottesdienste. Große literarische Einheiten wie die Josefs-Novelle sind dabei, bekannte wie die Geschichte des Königs David, die Psalmen. „Wir haben die Textstellen dann nach Belieben der Autoren verteilt“, erzählt Claus Ebeling. „Die Evangelien waren als erstes weg.“ 

Parallel zu den Übersetzern ist ein Team aus ehrenamtlichen Fotografen unterwegs, die „Motive aus der Bibel finden, die der Botschaft des Textes entsprechen“. Sie fotografieren zum Beispiel biblische Szenen, die in Frankens Kirchen dargestellt sind. Das Gesamt-Werk soll eine einheitliche Bild- und Textsprache bekommen.

Pfarrer Ebeling hat mitnichten nur den Projekt-Hut auf. Er übersetzt auch fleißig mit. Der Mit-Fünfziger hat die Weihnachtsgeschichte vollendet, mehrere Psalmen, Teile des Matthäusevangeliums, einen Römerbrief, einen Teil der Apostelgeschichte.

Ursprünglich war angedacht, bis zum Jahresende alle Texte beisammen zu haben, um dann verstärkt ins Korrektorat, Lektorat und in die grafische Gestaltung zu starten. Daraus wird wohl eher nichts, man übersetzt ja ehrenamtlich, es ist kein leichtes Unterfangen. Geredet ist schnell, aber geschrieben? Korrigiert wird insbesondere im Hinblick auf Verständlichkeit. „Der Rhöner Dialekt zum Beispiel ist wunderschön, aber sehr charaktervoll. Deswegen sagen wir: Man muss es nicht aussprechen, aber lesen können.“

Die fränkische Übersetzung wird sich einreihen in fast 4000 Sprachen, in die die Heilige Schrift bisher übertragen worden ist. Die vollständige Bibel könne jetzt in 704 Sprachen gelesen werden, teilte der Weltverband der Bibelgesellschaften im März mit. Darunter seien 46 erstmals dabei. Hano zum Beispiel, die indigene Sprache des südpazifischen Inselstaats Vanuatu, oder Dagaare, eine westafrikanische Sprache mit mehr als einer Million Sprecher in Ghana und Burkina Faso.

„In 3.435 Sprachen liegt mindestens ein Buch der Bibel vor, das Neue Testament ist in 1.571 Sprachen übersetzt“, weiß der Weltverband. Er sieht das als Etappenziel. „Ausgehend von rund 7.350 Sprachen liegt damit aber in knapp 4.000 Sprachen bisher keine Übersetzung eines biblischen Buches vor.“

Nicht alle der gut 80 Übersetzer werden die Veröffentlichung ihrer Bibel erleben. Ein Pfarrer im Ruhestand sei an Krebs erkrankt und nach kurzer Zeit verstorben, erzählt Claus Ebeling. Aber „er hat noch ein schönes Stück Römerbrief abgeliefert.“ In diesem Satz steckt so viel fränkische Seele - man darf sich freuen auf diese Bibel.