Folge 66
Etwas Altes: The Clickmaid’s Tale
Statt mich jetzt noch weiter darüber aufzuregen (Opens in a new window), dass meine ins Netz geballerte über fünfjährige Arbeit zu faschismusförderndem Clickbait und der Mitwirkung deutscher Linker als unbezahlte Praktikant*innen jetzt zwar anscheinend breitere inhaltliche Zustimmung erfährt, meine Leistung dabei aber unsichtbar gemacht wird, teile ich einfach noch mal ein paar random Klassiker aus dem #EndClickbait-Dateiordner. (Das Hashtag ist nicht von mir.)
1. Zunächst etwas harmloserer, in gewisser Weise sogar lustiger Clickbait, der schön vorführt, wie man manipuliert wird: Bitte, was? Klickklickklick. Ihr werdet das sogar sehr krass spüren, weil die Screenshots nicht verlinkt sind und euch so der Kick vorenthalten wird.
2. Jetzt systematischer Clickbait, der inhaltlich schon extrem heikel ist, weil hier Marginalisierung, Hot-Sein, Superreichtum und Massenmord unter »Celebrity« subsumiert und so umstandslos gleichgemacht werden.
3. Im nächsten Beispiel wird einfach mal dreckig gelogen, was doppelt unmoralisch ist, weil es Männern selbst beim bloßen Vorbeiscrollen latent plausibel macht, dass junge Frauen liebend gerne von ihnen belästigt werden wollen. (Wollen sie nicht!) Und bei »unter 21« ist ja auch, so ein Zufall, unausgesprochen minderjährig dabei, brrr.
4. Jetzt wird es so richtig böse. Nazis weichzeichnen, damit Linke ausflippen. Das finde ich auch nach Jahren noch absolut unerträglich; aktuell kann man es bei der medialen Darstellung von Meloni beobachten, – SIE SELBST IST DA KONSEQUENTER UND BEZEICHNET IHR VERHÄLTNIS ZUM FASCHISMUS ALS »ENTSPANNT«.
(Über Faschist*innen berichtet man IN DEUTSCHLAND bitte nicht emotionalisierend und schon gar nicht »menschelnd«. Und man gibt ihnen keinen Medienraum für Selbstpromotion, uff. Ja, sachliche Artikel über Faschist*innen bringen weniger Klicks UND weniger Faschismus.
5. Jetzt eine harte Wahrheit. Ohne die Mitwirkung der deutschen Linken im Netz würden TERF-Postillen und Troll-Medienhäuser 2022 längst nicht mehr existieren, und ich hasse uns alle dafür:
6. Ästhetische Bearbeitungen des Themas von mir:
(Den relativ großen FrauFrohmann-Account auf Twitter habe ich unter anderem aus Frustration über die Unbelehrbarkeit in Sachen Clickbait aufgegeben.)
Außer, ihr lasst es endlich.
Etwas Neues: Debatten-Safeword
Mein Sohn und s/eine Freundin haben ein Safeword für Streitereien. Wenn sie in einen Loop geraten, sagt die Person, die noch Land sieht das Wort, und oft gelingt es ihnen dann, gemeinsam auszusteigen. Ich bin davon fasziniert, auch ziemlich gerührt, und möchte es übernehmen. Es erscheint mir sehr plausibel, denn wenn man dieses bestimmte Wort sagt, führt es in ein impulsives Sprechen eine andere Realitätsebene ein, wonach einem sofort alles wie ein schon oft aufgeführtes absurdes Theaterstück erscheinen muss.
Das Gleiche wäre vielleicht auch eine Strategie für unnötige öffentliche Debatten, die regelmäßig loopen, meines Erachtens nur, um deutsche Linke beschäftigt zu halten, die in der gleichen Zeit ja auch Menschen und demokratische Institutionen vor Nazistrukturen schützen könnten. – Ich schlage als Safeword »Debatte« vor.
Etwas Uncooles: Faschistische Bukolik
Wenn ich ab diesem Moment die Arbeit niederlegen, konsequent journalistische und soziale Medien meiden, keinen Einkauf selbst erledigen und einfach gar nicht das Haus verlassen würde, könnte ich ungefähr zwei Monate lang – dann wäre das Geld alle – die Welt für in Ordnung halten. Im Haus ist es hübsch, draußen ist der Garten noch schön, die Katze ist perfekt, die Familie ist häufiger lieb als fies miteinander. Es ist genug zu essen, anzuziehen, zu lesen, zu glotzen, zu zocken da. Kunstkonsum gönne ich mir natürlich nur in Gestalt von Fiction, da ist Dystopie sogar besonders kuschelig. Kein Klimawandel ist bei mir zuhause spürbar, denn deutscher Herbst ist ja immer diffus (deeeeep). Keine Energiekrise, ich kann ja für meine eskapistischen zwei Monate voll die Heizung aufdrehen, nach mir die Sintflut. Kein Corona, ich gehe nicht raus. Kein Ebola, Twitter off. Ohne Medien kein Krieg, keine Femizide, keine Toten im Mittelmeer. Ich muss nicht angestrengt überlegen, wie ich öffentlich solidarisch mit Palästinenser*innen sein kann, ohne von rechten Trollen antisemitisch genannt zu werden. Ich muss nicht ausbalancieren, was man über Proteste im Iran teilen kann, damit es nicht von deutschen Islamhasser*innen umgewendet werden kann. Ohne all das ist die Welt viel einfacher. In Ordnung aber ist sie nicht.
Diese reizarme Idylle, die ich gerade beschrieben habe, ist leider nicht das Paradies, zumindest nicht meines, sondern faschistische Bukolik, mythisches Gefasel. In der Welt von heute ist so eine Idylle nur auf Kosten leidender Menschen zu haben, Milliarden leidender Menschen. Wer unter den aktuellen Bedingungen so leben will, möchte sich einen Dreck darum scheren, dass Milliarden Menschen sterben.
Nein, natürlich hilft es leidenden Menschen nicht, dass es mir auch schlecht geht, wenn ich von ihrem Leid weiß. Aber wenn ich mir dieses Wissen nicht zumute, verweigere ich die Möglichkeit von positiver Veränderung.
Viele Menschen denken, dass es zu viel verlangt ist, dass sie ihre sicheren und würdigen Leben nicht mehr ungestört aka ungetrübt von hässlichen Wahrheiten genießen dürfen. Dabei ist es das Mindeste, was man von Menschen verlangen kann, dass sie sichere und würdige Leben als Menschenrecht für alle anerkennen, das nur umsetzbar ist, wenn es nicht für ein persönliches Verdienst gehalten, sondern als Aufgabe solidarischer Bemühungen gesehen wird.
Etwas Geborgtes: Ein Zitat
»Without community, there is no liberation.« — Audre Lorde
Rubrikloses
Ich dachte immer die Frage sei, ob man den Scheiß fertig bekommt.
»In der U-Bahn hörst du kein deutsches Wort mehr.«
»Ist auch besser so, eh nur Faschogeschwätz.«
Präraffaelitische Girls erklären Megalonäre, Vol. 17
Zurück in die Elonität, wir sehen uns nächste Woche. Seid lieb, nur nicht zu Nazis.
XOXO,
FrauFrohmann
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