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Klima-Rückblick & Ausblick

Liebe Abonnentinnen und Abonnenten,

hier kommen die guten Nachrichten zum Jahresende:

Ein verrücktes, chaotisches Jahr neigt sich dem Ende. 2022 wird den meisten vermutlich als überwiegend schreckliche Erinnerung im Gedächtnis bleiben, was nicht sonderlich fair ist, liegen unter all den Schreckensmeldungen und Krisenberichten tatsächlich auch gute Nachrichten begraben!

Unser Weihnachts-Newsletter möchte das Schlaglicht daher auf all die Dinge, Menschen und Entwicklungen richten, die hinter den schlimmen Ereignissen verblassten und wenig Aufmerksamkeit in den Nachrichten genossen. Zu wenig, wie wir finden:

Ja, der Ukraine-Krieg war zurecht das bestimmende Thema dieses Jahr, aber erinnern wir uns nochmal an den Beginn dieses unerträglichen Bruch des Völkerrechts: Deutschland und ganz Europa standen ziemlich ratlos da in der Sorge, entweder weiter Rohstoff-Geschäfte mit einem mörderischen Regime zu machen oder im Winter im Kalten zu sitzen.

Jetzt ist der Winter da, aber durch einen milden Herbst und gesamtgesellschaftliche Einsparungen von etwa 20 Prozent sind unsere Gasspeicher am 12.Dezember etwas voller als selbst Best-Case-Szenarien angenommen hatten (Opens in a new window). Die Sorge vor bitterkalten Wohnungen, einer Pleitewelle und einem heißen Herbst hat sich bislang nicht bewahrheitet, die Gesellschaft scheint angesichts der Krise zusammengerückt zu sein und all das eingesparte Gas hilft uns nicht nur wirtschaftlich, sondern spart auch einen Haufen CO2-Emissionen ein.

Auf einmal ist möglich, was in früheren Jahren undenkbar erschien, und das gilt nicht nur für unsere Gasversorgung: Auf den letzten Metern das Jahres hat die EU sich darauf geeinigt, ihre Klimapolitik noch mal drastisch zu verschärfen: In einem weltweit einzigartigen Gesetzespaket wurde beschlossen, dass schon bald 75% aller EU-Emissionen bepreist sein werden, ab 2027 wird es soweit sein. Klaut Prognose reduzieren wir den gesamten CO2-Ausstoß der EU bis 2030 nicht mehr nur um 43%, sondern um 62% verglichen mit 2005.

Die Instrumente sind so effektiv, dass laut Klimafolgenforscher Prof. Edenhofer von PIK ein Kohleausstieg vor 2030 in Reichweite rückt. Nun sind auch Verkehr, Wohngebäude, Schifffahrt und perspektivisch sogar Müllverbrennung und Flugverkehr Teil des Emissionshandels. Um für Bevölkerung diesen Wandel erträglich zu machen, wird mit einem Teil der Emissionspreise ein milliardenschwerer Klimasozialfond aufgelegt, um den Menschen den Umstieg zu erleichtern.

Für die Industrie, die ihre Produktion auf grünen Stahl, grünen Zement und grünes Ammoniak umstellen soll, sollen Klimazölle eingeführt werden. Damit sollen sie wettbewerbsfähig gegenüber der Konkurrenz bleiben können, die z.B. „billigeren“ fossilen Importstahl anbietet. Damit schlägt einer der größten Wirtschaftsräume des Planeten mit einer 450-Millionen-Bevölkerung und einem Inlandsprodukt ähnlich groß wie das Chinas einen der ambitioniertesten Klimaschutzkurse weltweit ein.

Aber auch außerhalb der EU geht es in die richtige Richtung: Der Krieg und die Energiekrise haben den Menschen stärker ins Bewusstsein gerufen, wie unverlässlich fossile Brennstoffe sind, als Jahrzehnte kluger Appelle das konnten. Die Internationale Energieagentur musste ihre Prognose für den globalen Ausbau der Erneuerbaren aus dem letzten Jahr um satte 30 Prozent nach oben korrigieren.

Aktuell sieht es so aus, als würde die Welt in den kommenden 5 Jahren genau so viel EE-Kapazitäten zubauen wie in den 20 Jahren davor: 2400 Gigawatt, eine unfassbare Zahl. Das entspricht der 15-fache Menge aller EE-Kapazitäten in Deutschland. Nicht der 15-fachen Menge des deutschen Zubaus, sondern des Gesamtbestands (!). Und das, obwohl auch in den deutschen Ausbau ordentlich Fahrt kommt:

Weltweit entstehen große Standorte mit Batteriespeichern, die in Kalifornien bereits für ein paar Stunden die Leistung der dortigen Kernkraftwerke ersetzen können. Und wäre der Ausbau der deutschlandweiten, stationären Batteriespeicher eine Infektionskurve, wir wären alle sehr besorgt:

Bis 2030 soll hier 80 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren kommen. Darin bereits eingerechnet ist, dass während des Ausbau gleichzeitig der Strombedarf für klimaneutrale Technologen steigt. Wir dekarbonisieren also doppelt und dreifach: Aus Gasverbrauchern werden Stromverbraucher, aus Erdölautos und -bussen werden E-Autos und -busse und gleichzeitig wird all der Strom zunehmend von Kohle und Gas unabhängig gemacht (soweit zumindest der ambitionierte, aber längst vom Bundestag beschlossene Plan).

Noch schneller können wir das schaffen, wenn wir nicht einfach alle Autos auf Elektro umstellen, sondern den hohen Bestand von 49 Millionen PKW runterschrauben. Neben den vielen Menschen, die auf ihr Auto angewiesen sind, leben in Deutschland dutzende Millionen Menschen in Umgebungen mit gutem ÖPNV, wachsenden Radverkehrswegen und ambitionierten Städten, die das Pendeln ohne eigenes Auto attraktiver und einfach machen wollen.

Das 9-Euro-Ticket hat gezeigt, wie viele Menschen heute schon anders mobil sein könnten, wenn sie bessere Bedingungen vorfinden. Diese Bedingungen sind nicht gottgegeben, sie sind das Ergebnis politischer Entscheidungen und könnten genau so effektiv geändert werden wie sie vor Jahrzehnten beschlossen wurden.

Im Rest von Europa können wir beobachten, wie schnell so eine Transformation funktionieren kann: Auf vielen Pariser Hauptstraßenfahren haben die Fahrräder zwei jetzt genau so viel Fläche wie die Autos und man könnte denken, man sieht Amsterdam mit mehr Baguettes (Opens in a new window). Bis 2026 soll die gesamte Stadt mit Hilfe von 180 Kilometer neuen Radwegen komplett per Fahrrad erschließbar sein.

Liegt das daran, dass französische Firmen bessere Radwege bauen als deutsche? Oder weil Französinnen mehr Kraft in den Beinen haben? Oder daran, dass Anne Hidalgo, die Pariser Bürgermeisterin einfach den politischen Willen hatte, wirklich etwas zu verändern?

Ebenfalls in letzter Sekunde haben sich 200 Staaten auf dem weltweiten Artenschutzgipfel auf Ziele geeinigt, mit denen kaum jemand gerechnet hatte: 30 Prozent der weltweiten Landfläche und 30 Prozent der weltweiten Meere sollen bis 2030 unter Schutz gestellt werden. Wie genau das ablaufen soll, wird noch Gegenstand nervenaufreibender Verhandlungen sein, aber als Etappenziel sollten wir das auf jeden Fall unter „Good News“ verbuchen.

Wie bei all diesen Themen ist der größte Flaschenhals unser Wille zur Veränderung. Das Wissen ist da, die Konzepte sind da, die Technik ist da. Würden wir jetzt noch alle wollen, was umzusetzen möglich ist, könnte es fast schon zu einfach werden.

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Frohe Weihnachten und guten Rutsch! Wir hören uns im neuen Jahr mit guten Nachrichten zum Jahresausblick!

Eure Superredaktion