Elden Ring: Das Schilfland und Miyamoto Musashi
Ich streife immer wieder gerne durch die Zwischenlande, weil es so unfassbar viele Bezüge in Elden Ring gibt, die zu historischen Recherchen anregen. Über den Werwolf Blaidd und die Kelten, über die Kaiden und die Wikinger hatte ich schon etwas geschrieben. Man könnte zudem die Traditionen der Häuser und Lords, die Ritter und Drachen näher beleuchten; vielleicht widme ich der Geschichte noch eine Vertiefung.
Die Fantasywelt von From Software orientiert sich aber nicht nur an europäischen Traditionen. Auch die japanischen Einflüsse sind vom Start weg im Charakter des Samurai spürbar. Für einige wirkte er wie ein exotischer Fremdkörper, aber ich mochte ihn (schon in Wizardry war er in jeder Gruppe dabei) und je länger man mit ihm unterwegs ist, desto mehr Spuren seiner Heimat findet man zwischen Limgrave und den Schneefeldern.
Sehr früh trifft man Yura mit seinem Strohhut, der so einiges über Drachen weiß und von seiner Jagd auf die blutigen Finger erzählt, der man sich anschließen kann. Ich habe seine Quest lange verfolgt, aber den vielleicht interessantesten dieser roten Phantome erst sehr spät getroffen: Okina. Er begegnete mir bei der Kirche von Marika, im Süden des Berggipfels der Riesen, also im letzten Drittel des Spiels.
Das war kein besonders ruhmreiches Treffen, ich trug damals die Rüstung des Bluthundritters sowie das fast bis auf maximale Kraft aufgerüstete Krummschwert und fühlte mich recht stark. Tja, dieser Okina hat mich beidhändig angegriffen, mit zwei Klingen, die mich in einem feurigen Wirbel ratzfatz erledigten. Das lief noch öfter so, zumal ich immer wieder trotzig und meist erfolglos eine Parade anbringen wollte. Es gibt ein kleines Zeitfenster dafür, Tempo und Timung erinnern ein klein wenig an Sekiro.
Natürlich kann man ihn ganz anders besiegen, aber er ist ein sehr guter Sparringspartner für das aktive Kontern. Und ich habe jede Niederlage genossen, als ich bemerkte, wen ich da vor mir hatte. Denn in diesem Kampfstil des Okina steckt nicht weniger als eine Hommage an den berühmten Miyamoto Musashi (Opens in a new window) (1584 - 1645), ein herrenloser Samurai, der seine Philosophie im Buch der Fünf Ringe hinterlassen hat. Sein Markenzeichen war u.a. der ungewöhnliche Kampf mit Katana und Wakizashi gleichzeitig. Im historischen Manga Vagabond (Opens in a new window) von Takehiko Inoue (Opens in a new window) lebt er bis heute weiter; dieses Werk des Freundes von Kentaro Miura (Berserk) wäre auch mal eine Vertiefung wert.
Aber zurück zu Okina: Wenn man das rote Phantom schließlich besiegt, erhält man sein mächtiges Katana der blutigen Ströme. Das ist bekanntlich eine der besten Klingen des Spiels, die zwar keine besondere Reichweite hat, aber mit dem Waffentalent aus der Nähe verheerende Kombos ausführt, dazu Feuer- und Blutungsschaden verursacht. Dieser Okina war Meister einer Gruppe von Kriegern, die als so genannte Inabam mit weißen Schilfrüstungen umherzogen. Man kann auch diese als Set in den Berggipfeln finden, in einer Geisterhöhle.
Dazu gehört eine beeindruckende Holzmaske, die das Geschick auf Kosten von Fokus erhöht. Spätestens wenn man deren Beschreibung liest, wird die Nähe zum großen japanischen Schwertmeister deutlich, der meist im Streit mit den Fürsten lag und sich schließlich wie ein Gelehrter in eine Höhle zurückzog - das kann natürlich ein Zufall sein, aber es ist ein schöner, zumal man auch in dieser Höhle auf die Geister von Samurai trifft.
Aber auch wenn Okina durchaus eine Herausforderung ist, ist er ist bei weitem nicht so stark wie etwa Alecto, die Anführerin der Schwarzen Messer, die ja keinen Geringeren als Godwyn den Goldenen ermordeten. Ich erwähne diesen tödlichen Kult weiblicher Assassine deshalb, weil auch darin evtl. eine Hommage steckt. Zwar nicht an das alte Japan, aber an seine Manga-Kultur und die Serie Bleach (Opens in a new window), die von 2001 bis 2016 von Tite Kubo gezeichnet und als Anime verfilmt wurde. Darin gibt es jedenfalls eine berüchtigte Serienkillerin namens Yachiru Unohana, die auch als Todesgöttin bezeichnet wird.
Auch in der Soulsreihe gab es ja schon immer Hinweise auf eine asiatisch geprägte Kultur. Aber in Elden Ring wird diese nicht nur mit deutlich mehr Figuren, Ausrüstung und Traditionen viel konkreter, diesmal gibt es ja auch den bereits erwähnten Namen: das Schilfland, das irgendwo weit im Osten liegt. Und wer weiß, vielleicht kann man diesen Kontinent ja in der Erweiterung erkunden. Ich würde mich freuen.
(Zweites Bild von oben: Musashi mit zwei Bokken, Farbholzschnitt von Kuniyoshi, um 1850, gemeinfrei.)