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Männer die sich die Finger lackieren

In diesem Text geht es nicht um das Oh-Boy-Buch-Debakel*. Es geht um Männer, die sich die Finger lackieren, meistens schwarz, hauptsächlich schwarz und nicht weil sie goth sind, vielleicht sind sie das auch, aber hauptsächlich lackieren sie sich die Finger schwarz weil sie etwas sagen wollen damit; weil sie dazugehören wollen damit; weil sie da mit machen wollen; damit sie was?

– Das weiß ich noch noch nicht.

(*außer vielleicht ein bisschen)

Sie saßen in meinen Seminaren, jetzt sitzen sie auf Podien; sie sind gar keine große Masse; sie sind eigentlich nur ein paar wenige; manchmal nennen sie sich Feministen, sie sind nicht alle über einen Kamm zu scheren.

Manchmal tragen sie Perlenketten, die ihnen gut stehen und dann erklären sie einem trotzdem den Krieg. Manchmal hat der Krieg schon angefangen und keiner hat einem Bescheid gesagt. Manchmal sieht der Krieg nicht wie ein Krieg aus, sondern wie Männer die sich die Finger lackieren, um damit zu schreiben und ein Nein nicht akzeptieren wollen.

Und manchmal ist er noch viel subtiler, nur ein Unwohlsein, dass wie Kassandra's Prophezeiung über Troja schwebt.

In diesem Text geht es nicht um das Oh-Boy-Buch-Debakel*. Sondern um das Perfide. Es geht um die Scheinbarkeit, das Tarnen, die Niedertracht. Im Krieg ist ein perfider Akt das vorheucheln von Frieden, von Empfangsbereitschaft und gutem Willen. Wer im Krieg die weiße Fahne hisst und dann hinterrücks angreift begeht ein schweres Kriegsverbrechen. Wer einem ein Holzpferd schenkt und dann alles in brand setzt, ist wie ein Mann der sich kritisch mit seinem sexuellen Übergriff auseinandersetzt, dann darüber schreibt, dann damit Geld verdient, um dann sich letztendlich selbst zu bereichern.

Im Deutschen sagt man: Wir müssen ein Zeichen setzen. Was man nicht sagt: Wir müssen die Leute, die das Zeichen setzen auch prüfen.

In diesem Text geht es nicht um das Oh-Boy-Buch-Debakel*. Sondern um die Enttäuschung.

Weil die Enttäuschung ist nicht nur dort. Sie ist in so vielem. Nicht nur im Nagellack. Nicht nur im Gender korrekten Sprachgebrauch. Nicht nur in der politischen Relevanz. Im Debattenanstoß. In der Multi-Perspektive. Und der Diversität.

Die Enttäuschung lebt überall dort wo Zeichen stärker wirken, wo sie so stark blenden, wo sich Sachen nur gut anhören müssen und tatsächliche Realitäten, abgetan werden. Wo wir lieber an das symbolische glauben wollen, die Illusion, als das zu sehen was tatsächlich passiert. Was Menschen tatsächlich tun.

Weil es so schrecklich enttäuschend ist, wenn ein Autor, der sich kritisch mit seiner Männlichkeit und Grenzüberschreitung befasst, im Anschluss eine weitere begeht.

Weil es so schrecklich enttäuschend ist, wenn es manchen nicht um die eigentliche Sache geht.

Weil es so schrecklich enttäuschend ist, wenn die Dinge, die wir als gut befinden wie Nagellack und Perlenketten und Pferde, wenn die auf einmal gegen uns verwendet werdet. Wenn wir denen nicht mehr vertrauen können.

Bis sie nichts mehr bedeuten.

Weil die Zeichen nicht ausreichen. Sie nicht nur für sich allein stehen können.

Ich kann es auch so sagen, dieses Gefühl was ich bekomme, dieses Unwohlsein. Dieses hier stimmt doch etwas nicht ganz. Wenn die Frage eines Autors, nach einem ausdrücklichen Nein der Betroffenen zu einer Veröffentlichung bloß heißt: “Wie kann ich trotzdem mit machen?” Wie kann ich mein trojanisches Pferd in die kritische Männlichkeitsdebatte tragen? Wie viel Nagellack muss ich über meine Klauen malen?

Das Problem am perfiden ist, dass es sich immer erst hinterher zeigt. Wenn die Enttäuschung dazu kommt. Wenn den guten Zeichen, andere Taten folgen. Wenn Bücher längst gedruckt und sich der Bauch des Pferdes öffnet.

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Become a member of Sophia Hembeck schreibt: Im Dazwischen and start the conversation.
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