Resilienz & Support
Adventskalender 2024 - Neun - 09. Dezember
Letzte Woche habe ich unter anderem einen Workshop zum Thema “Gewaltfreie Kommunikation & Konfliktklärung” im Rahmen eines FSJ-Seminars (Freiwilliges Soziales Jahr) geleitet. Nächste Woche werde ich am Dienstag & am Donnerstag je einen Workshop zum Thema “Resilienz - die Kunst, wieder aufzustehen” leiten. Online. Auch wieder im Rahmen von zwei Seminaren für Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr beim Deutschen Roten Kreuz Aalen.
Es gibt Studien zu dem Phänomen, dass das Modewort Resilienz (Überlebensfähigkeit - Widerstandskraft) mehr Stress und Depression auslösen kann, als ermutigend zu wirken (was eigentlich der Sinn der Verwendung des Begriffs sein sollte).
Das liegt dann daran, dass die Grundhaltung nicht geändert wurde. Wenn ich eine neoliberalistische Ideologie (= Weltbild) habe - was im Prinzip bedeutet, dass Neoliberalismus (genauso wie Kapitalismus) dann meine Religion ist mit allem, was dazu gehört: Glaubenssätze & Dogmen, Kultstätten, Rituale, Experten (quasi Geistliche), “Heilige” (Menschen, die es geschafft haben, Profit anzuhäufen, also ruhmreich, vermögend, mächtig & berühmt zu werden) - dann ist Selbstoptimierung ein quasi religiöses Verhalten. Ich muss etwas leisten, um gut genug zu sein. Ich muss möglichst besser als andere sein, um gut genug zu sein. Ich muss mehr Stress aushalten können als früher oder als andere. Ich muss belastbar sein.
Belastbarkeit ist ein interessantes Gedankenspiel: Ein Lastwagen oder ein Lastenrad ist zum Beispiel dann am belastbarsten, wenn es ganz leer, selbst also “voller Leichtigkeit” und unbelastet - also quasi entspannt - ist.
Wir erwarten aber von Menschen im Hamsterrad des Alltagsstresses, die unter Leistungsdruck, Termindruck & Alltagsstress leiden - eventuell auch unter Geldsorgen & privaten Sorgen - z.B. um nahestehende Menschen (oder in Trauer (um Menschen, die sie verloren haben) sind) - Menschen, die eventuell unter zusätzlichen emotionalen Belastungen am Arbeitsplatz wie Mobbing oder ein ungutes Arbeitsklima leiden - und dann auch noch belastet von den Schreckensnachrichten aus aller Welt - dass sie mit ein paar Tricks, die sie in einem Volkshochschulkurs, den sie auch noch in ihren Alltag quetschen, lernen, quasi eine Basis-Schauspieler*innen-Ausbildung absolvieren, um sich gegenseitig vorzuspielen, sie könnten all das und noch viel mehr total easy, gut gelaunt, lächelnd, heiter und entspannt wuppen und man könne ihnen ruhig noch mehr aufbürden …
Wir machen uns gegenseitig auch vor, dass wir das könnten, und glauben dann, wenn wir erschöpft und ausgelaugt sind, dass das ein individuelles Problem sei, dass wir es nicht bringen und nicht gut genug bzw. nicht belastbar genug seien - was alle anderen um uns herum zu beweisen scheinen, die wiederum von uns selbst dasselbe denken.
Eigentlich wissen auch alle, dass das nicht funktionieren kann.
Aber wir tun so, als sei ein Top-Manager mit Chauffeur, Sekretärin, Haushälterin, Ehefrau, Butler oder Catering oder eine erfolgreiche “Powerfrau” (Spitzenpolitikerin, Pop-Star oder Business-Woman o.ä.) mit Visagistin und (ob male or female) mit einem Alltagsbudget, mit dem sich ergiebig auch Regeneration und auch Delegieren von zermürbenden organisatorischen Aufgaben hinter der Kulisse des Big Business kaufen lassen, resilienter sei als eine alleinerziehende Mutter mit zwei Jobs oder eine Altenpflegerin, die sich nach Feierabend noch um Mutter, Schwiegermutter und Nachbarin kümmert und auch noch ein offenes Ohr für ihren Ehemann oder eines ihrer erwachsenen Kinder hat, wenn die es mal brauchen und gegebenenfalls noch die Enkelkinder hütet - in ihrer “Freizeit”.
Wir tun so, als stimme etwas nicht mit denen, die ausbrennen und zusammenbrechen. Als seien sie nicht überlastet, sondern nicht so belastbar wie diejenigen, deren persönliche Assistent*in möglicherweise demnächst ausbrennt, die ja aber ersetzt werden kann, damit sie nicht selbst ausbrennen, sondern vor Kameras strahlen können, als gelinge ihnen mühelos hundertmal so viel wie jenen, die ihre Alltagslast gerade noch so oder auch schon nicht mehr tragen können.
Eine Menge Weihnachtsfilme und Weihnachtsmärchen oder -geschichten handeln implizit oder explizit davon: von zwischenmenschlicher Kälte. Von Ungerechtigkeiten. Vom Verlust menschlicher Nähe und von Empathielosigkeit. Von Isolation, Einsamkeit und Überlastung. Von Alltagsstress, der auf Weihnachtsstress trifft und so manches zum Explodieren oder Kollabieren bringt. Bis klar wird: So kann es nicht weitergehen.
Wenn der schöne Schein zusammenbricht und das grelle, schrille Höher-Schneller-Weiter-Mehr sich zu Ende eskaliert hat, wird plötzlich deutlich, worum es wirklich geht: VERBUNDENHEIT.
Resilienz bedeutet nicht, nie in eine Krise zu geraten, nie hinzufallen, nie überfordert zu sein.
(Das lässt sich anderen nur als Bluff vormachen oder es lässt sich bei vorhandenem Reichtum und aus einer privilegierten Situation heraus bezahlen, indem die Faktoren, die uns überlasten können, an andere delegiert werden.)
Resilienz bedeutet, im Bedarfsfall Support zu haben UND gelernt zu haben, die Unterstützung, die gerade gebraucht wird, selbst zu organisieren bzw. zu erbitten - dazu gehört auch, in “guten Zeiten” zu lernen, was es für Hilfsstrukturen gibt - von Selbsthilfegruppen über Essen auf Rädern & Besuchsdienste bis hin zu Kunsttherapie, Yoga, Seniorensingen & Nachbarschaftshilfe … … …
Resilienz bedeutet nicht, nie Unterstützung zu brauchen,
sondern immer Unterstützung zu haben.
Eigentlich ist das nicht neu.
Die “goldene Regel” basiert in gewisser Weise darauf: Behandle andere so, wie du behandelt werden möchtest, wenn du darauf angewiesen bist, von deinem Umfeld unterstützend und wohlwollend behandelt zu werden. Wenn alle das machen, ist das Miteinander gut und das Zusammenleben angenehm. Und wir merken gar nicht, wie resilient wir sind, weil wir gar nicht in eine so große Not kommen, dass unsere individuellen Resilienzfaktoren - wie Urvertrauen, Durchhaltevermögen, Frustrationstoleranz, Selbstwertgefühl usw. - greifen und uns in seelischer Not retten müssen. Und wenn doch, dann sind die Tanks voll, weil die Gemeinschaft die Resilienzfaktoren jedes Individuums alltäglich vollgetankt hat.
Echte Resilienz hat man nicht in Gestalt der Überlegenheit über andere, sondern als gemeinsam erworbene Folge von Empathie, Sozialkompetenz, Fürsorge für die Gemeinschaft, zu der wir selbst gehören, und das Miterleben dessen, dass die Gemeinschaft nicht nur diejenigen, die beliebt und sehr präsent und laut (also populär) sind, “umtüdelt”, sondern auch die Unscheinbaren, Leisen und im Hintergrund Bleibenden nie im Stich lässt.
Echte Resilienz ist nicht das Ergebnis von Selbstoptimierung (Perfektionismus-Bluff), Selbstüberhöhung (Selbstaufwertung durch Abwertung anderer) und Egomanie, sondern das Ergebnis von Gemeinsinn, Empathie, Caring & Sozialkompetenz.
Miteinander. Nicht gegeneinander.
Solidarisch. Nicht egomanisch.
Gemeinsam. Nicht einsam.
Resilient. Nicht ausgebrannt.
Fair. Nicht individuell überlastet.
Was dann genau dir hilft, wenn du wieder Lebenskraft tanken musst, ob du dann lieber im Chor singst, lieber im See schwimmst, lieber im Wald spazieren gehst, lieber am Strand Yoga machst, lieber mit anderen zusammen im Sonnenuntergang zu lauter Musik tanzt, lieber Tischtennis spielst, lieber gute Gespräche führst, lieber auch mal alleine bist, lieber Schmöker-Romane liest oder lieber Sachbücher, lieber Hörbücher hörst oder lieber ins Kino gehst, lieber ein Fußballspiel mit Freunden zusammen ansiehst oder lieber ins Theater oder in die Oper gehst, lieber Kekse oder Kuchen backst oder lieber eine Pizza belegst oder lieber Essen gehst oder lieber was Leckeres kochst - all das ist individuell.
Aber ob du überhaupt die Möglichkeit hast, Lebenskraft auch nachzutanken und nicht immer nur zu verbrauchen, ist nicht individuell. Das ist systemisch.
Deshalb kann nur eine solidarische Gemeinschaft die Grundlage von individueller Resilienz sein.
Du kannst “in guten Zeiten” am Aufbau einer solchen solidarischen Gemeinschaft beteiligt sein, die Menschen mitträgt, die gerade nichts zu geben haben, sondern etwas brauchen. Eine solidarische Gemeinschaft, die dich mittragen kann, wenn du einmal nichts zu geben hast, sondern etwas brauchst.
Die gute Nachricht: Du kannst - egal in welcher Phase du gerade bist - “da draußen in der Welt” Menschen finden, die solidarisch - also resilient - sind. Du kannst mit ihnen gemeinsam am Aufbau von solidarischen Gemeinschaften beteiligt sein, die dir geben, was du brauchst; in die du hineingibst, was die Gemeinschaft braucht und was du zu geben hast.
Dazu passen einige Beiträge der letzten Tage …
#WIRistALLE (Opens in a new window)
#SolidaritätDURCHKrise (Opens in a new window)
#RÜCKENWIND (Opens in a new window)
Für heute nur noch der Verweis auf meinen Adventskalender 2024
- mit vielen tollen Gutscheinen für 2025 …
GUTSCHEIN - Ein Schreibworkshop & ein Gemeinschaftsprojekt, das Freude macht! - Blogbeitrag: "Resilienz & Support" & Adventskalender: 9. Dezember 2024 ... | Sonja Manderbach (Opens in a new window)
Ökozid als Thema und Projekte vor Ort:
SOLDARITÄTSAKTION OLDENBURG
in Niedersachsen:
Hier entwickelt sich gerade ein sehr spannendes Projekt.
Es gibt in Oldenburg zwei Zelte, für die Spenden gesammelt werden, die repariert werden müssen.
Jetzt wird es tolle Projekte geben die das Spendensammeln voran bringen. Lesungen / Schreibworkshop / Singen / Einen sehr speziellen Film schauen
Und es wird das Thema Ökozid und die Möglichkeit über die Erweiterung der nationalen und internationalen Gesetzt die Ökosystem werden wir infomrativ abere auch mit Kunst untersützen.
Wir werden über das Soldaritätsprojekt erzählen un Städte wie Utrecht und die Pazifikstaaten und die wichtige Zeit der Solidarität, Frieden und einem Leben dass unser System in dem wir existieren können nicht zerstört.
Warum diese Zelte unterstützen:
Hier zur Beschreibung auf Betterplace
„Wir sind eine Gruppe aus Oldenburg die zwei kleine Zirkuszelte unterhält. Diese Zelte verleihen wir gegen Spende an Camps (z. B. Ende Gelände, System Change Camp, NoBorder Camps), nicht-kommerzielle Kulturveranstaltungen, Nachbarschaftsprojekte und anderes. Wir verstehen die Zelte als selbstbestimmte Freiräume auf Zeit; ob sie für Küfas, Workshops, Plena, Aufführungen, KidsSpace oder zum Übernachten genutzt werden.
Die laufenden Reparaturen und Ersatzteile für die Zelte finanzieren wie aus Spenden die mal mehr und mal weniger rein kommen. Allerdings stehen leider gerade zwei sehr große Investitionen an, die wir nicht so einfach stemmen können:
Das eine Zelt ist ein wenig in die Jahre gekommen und benötigt eine neue Dachplane, da die alte Plane bereits sehr viele Risse aufweist.
Das andere Zelt wurde leider im Oktober 2024 bei einem Brandanschlag schwer beschädigt, wobei die Seitenplanen und einiges an Zubehör verbrannt ist.
Wir möchten die Zelte so schnell wie möglich reparieren um sie nächstes Frühjahr wieder verleihen zu können. Wir arbeiten ehrenamtlich und hängen mit Herzblut an diesem Projekt.
Helft uns also bitte diese mobilen Freiräume zu erhalten!
Wir benötigen circa:
• 3700 € für die Dachplane
• 3300 € für die Seitenteile
• 500 € für Transportkisten
• 200 € für Zeltsäcke und andere Kleinigkeiten
Bei einem derzeitigen Kontostand von ~ 1500 €.“
Hier der Link zu der Spendesammlung:
https://www.betterplace.me/ersatz-fuer-zirkuszelte-solidarischer-verleih (Opens in a new window)Ich finde, dass es wichtig ist Orte zu unterstützen, die Quellen sind und unser aller Arbeit unterstützen. Das ist auch ein Beitrag den Schutz unserer Um-oder Mitwelt und unser aller Leben zu schützen. Darum freue ich mich, dass es Menschen aus Oldenburg gibt, die das Thema auch auf diese Weise voran bringen.
Ich habe am Wochenende ein erstes tolles Gespräch dazu gehabt.
Erste 2 Termine im Dezember und im Januar stehen schon fest.