Hier kommt dein Businessplan
Es ist Montagmorgen. Du liest die Blaupause, den Newsletter, mit dem du Communitys besser verstehst und erfolgreich Mitgliedschaften anbietest. Diese Woche: Wie viel Geld du mit deiner Community verdienen kannst.
„Subscription-Fatigue“: Schweizer Start-up bietet eine Lösung an
Das Schweizer Start-up tiun bietet eine Lösung gegen ‘Subscription-Fatigue’ an: Mit flexiblen Zahlungsoptionen zahlen Nutzer nur für das, was sie tatsächlich konsumieren.
Hallo!
In einer der ersten Blaupause-Ausgaben ging es um die Frage: Wie viel kann ich verdienen? Meine Antwort damals: 3×5.
https://steadyhq.com/en/sebastian/posts/97cbbfa2-3ec2-4fa6-9648-8c0e6b509664 (Opens in a new window)Drei Jahre später, einer Runde Inflation und neuen Daten ist es Zeit für ein Update. Also nochmal:
Wieviel Geld kannst du verdienen? Merk dir diese Daumenregel: 3 mal 6.
6 Prozent der Leute, die sich grundsätzlich für dein Angebot interessieren, werden durchschnittlich 6 Euro im Monat zahlen, wenn du sie 6-mal fragst.
6 Prozent
Die allergrößte Teil der User sind wahrscheinlich nicht bereit, Mitglied zu werden, selbst wenn sie regelmäßig deine Texte lesen oder Podcasts hören, dir bei Bluesky oder Instagram folgen und deinen Newsletter abonniert haben. Laut der Daten des Paywall-Anbieters Piano (Opens in a new window) sind 50 bis 70 Prozent aller Besucher:innen sogenannte One-Offs. Sie öffnen eine Webseite, bleiben wenige Sekunden, schießen sie sofort wieder und kehren niemals zurück. Tschüss!
Unter deinen restlichen Besucher:innen sind etwa zehn Prozent an einer Mitgliedschaft interessiert, nennen wir sie Leads. Sie konsumieren deine Inhalte regelmäßig. Sie folgen deinen Social-Media-Kanälen, abonnieren deinen Podcast oder lesen deinen Newsletter. 6 Prozent von diesen 10 Prozent bilden das Potenzial, aus denen sich so gut wie alle deine Mitglieder rekrutieren werden: deine Follower. Leute, die sich so sehr für dich, deine Themen und deine Inhalte interessieren, dass sie zahlen würden. Du musst ihnen nur häufig genug das richtige Angebot machen.
Um herauszufinden, wie viele Follower du jetzt im Moment hast, schreib dir ein paar Zahlen auf. Wie viele Nutzer besuchen deine Webseite? Wie viele Menschen folgen dir bei Instagram, Bluesky, Facebook, vielleicht YouTube? Was weißt du über die Downloads deiner Podcast-Episoden? Wie viele Newsletter-Abonnent:innen gibt es?
Es geht um alle Menschen, die du regelmäßig im Internet erreichen kannst. Zähl die Reichweiten aller Kanäle zusammen. Und wenn du einkalkulierst, dass es Überlappungen gibt, hast du schon eine ungefähre Vorstellung von der Zahl deiner Follower. 6 Prozent von denen würden – unter Umständen! Dazu gleich mehr – zahlende Mitglieder werden. Notiere dir diese Zahl.
6 Euro
Was zahlen dir die Leute? Das ist eindeutig: 6 Euro im Monat. Das ist jedenfalls die ungefähre Durchschnittssumme, wenn man sämtliche Steady-Publikationen als Basis nimmt. Einige Mitglieder sind bereit, mehr zu zahlen. Deswegen solltest du mehrere Pakete mit unterschiedlichen Preisen anbieten. Aber am Ende landest du wahrscheinlich bei irgendetwas um die 6 Euro. Damit lässt sich zumindest kalkulieren.
Multipliziere also diese 6 Euro mit der Zahl von eben: den 6 Prozent deiner Follower. Das ist dein potenzieller Monatsumsatz … zumindest, wenn du nichts anders machen würdest als im Moment. Falls dir die Summe niedrig vorkommt, liegt es daran, dass sie konservativ gerechnet ist, und dass du dein Angebot bisher nicht auf Mitgliedschaften ausgerichtet hast. (Oder kommt sie dir hoch vor? Dann fang sofort an!)
6-mal
Die letzte 5 ist wichtig: Denn die 6 Prozent zahlen 6 Euro nicht beim ersten Mal, wenn sie von deinem Angebot erfahren. Sondern – pi mal Daumen – beim 6. Mal. Was ich sagen will: Du musst den Leuten so sehr auf den Senkel gehen, dass es dir selbst unangenehm ist. Wir alle sind träge, das Internet ist groß, E-Mails sind schnell archiviert. Nur durch penetrante Wiederholung dringt man wirklich durch. („Auf den Senkel gehen“ ist übrigens nicht der offizielle Begriff für diese Tätigkeit. Der lautet „Marketing“.)
Ein Beispiel: Du erreichst 10.000 Leute regelmäßig, sei es über deine Webseite, einen Podcast, Newsletter oder Social Media. 600 dieser Follower (6 Prozent) zahlen dir 6 Euro monatlich, also kommst du auf 3.600 Euro. Voraussetzung: dein Angebot überzeugt, und du stellst es diesen 10.000 Menschen 6-mal vor.
Der Nachteil der 3×6-Daumenregel ist, dass sie nur zu attraktiven Ergebnissen führt, sofern du bereits eine recht große Community aufgebaut hast. Wenn sich dann noch nur ein Teil dieser Leute für das Thema interessiert, mit dem sich deine Publikation beschäftigen soll, funktioniert die Formel nicht so richtig.
Planst du also, ein Nischen-Medium zu gründen, das sich eine spezifische Zielgruppe richten soll, die du bisher aber noch nicht erreichst, braucht es eine andere Methode, um dein Geschäft zu modellieren. Bei der Hochrechnungs-Methode gehst du nicht von der Größe der bestehenden Community aus, sondern von der Summe, die du brauchst, um dein Projekt wirtschaftlich betreiben zu können. Also nicht das Einkommen, das du gern hättest, sondern ein Mindestbetrag, ohne den du das Projekt sein lassen würdest.
Angenommen, du brauchst 1.200 Euro im Monat, um einen wöchentlichen Newsletter professionell anbieten zu können. Teile diese Summe durch den Durchschnittsumsatz pro Mitglied, also 6 Euro. 1.200 ÷ 6 = 200. Das ist die Anzahl der Mitglieder, die du mindestens konvertieren willst. Wenn 200 Mitglieder 6 Prozent deiner Follower ausmachen, ist die Zahl der Follower, die sich für deinen geplanten Newsletter interessieren, etwa 3.300.
Dein Job ist es also herauszufinden, wie du 3.300 Menschen zu Followern machst und anschließend 200 von ihnen zu zahlenden Mitgliedern konvertierst.
Ich will nicht ausschließen, dass du besser in Mathe aufgepasst hast als ich und womöglich vor dich hingrummelst, dass das alles simpler Dreisatz ist auf Basis relativ wilder spekulativer Annahmen. Dazu möchte ich zu Protokoll geben: Du hast vollkommen recht! Die Wirklichkeit wird auf jeden Fall anders aussehen als in unseren beiden groben Überschlagungen. Es lassen sich jede Menge Kommt-drauf-ans finden, die das wirkliche Ergebnis natürlich beeinflussen.
Ich halte solche Rechnungen trotzdem für nützlich. Denn erstens hat sich diese ungefähre 6 immer wieder als erstaunlich belastbare Prognose bewiesen. Und außerdem wird deutlich, wie Wachstum in diesem Geschäftsmodell funktioniert: Du stellst mithilfe deiner Inhalte Reichweite her bei Leuten, die sich intensiv für ein Thema interessieren, und konvertierst einen Teil von ihnen durch kontinuierliches Marketing. Je mehr Reichweite, desto mehr Konversionen, je besser das Marketing, desto höher die Konversionsraten. That's it.
Erhöhen wir das Komplexitätslevel etwas (aber nicht viel). Mithilfe dieses Bierdeckel-Businessplans (Opens in a new window) kannst du schnell modellieren, wie dein erstes Jahr verlaufen könnte. Ersetze dazu die gelb unterlegten Werte durch deine eigenen Annahmen und Ziele.
(Opens in a new window)Dann siehst du sofort, dass brutto leider nicht gleich netto ist. Außerdem wird klar, dass sich dein Mitgliederstamm nur langsam aufbauen wird. Anfang wird es eine Finanzierungslücke geben, die du füllen musst durch Investoren, Förderungen oder eigene, unbezahlte Arbeit. Und schließlich lernst du das hässliche Wort Churn kennen, das uns daran erinnert, dass manche Mitglieder auch kündigen werden.
Bis nächsten Montag,
👋 Sebastian
PS:
In der letzten Blaupause hatte ich diese Grafik veröffentlicht. Inzwischen hat sie es in die F.A.Z. geschafft.
https://www.faz.net/pro/digitalwirtschaft/plattformen/wie-der-creator-boom-die-oeffentlichkeit-umwaelzt-110151485.html (Opens in a new window)„Steady – Mit Creators auf Platz zwei der meisten deutschen Zeitungsabonnements“
In Deutschland stellt unter anderem das Unternehmen Steady eine Payment-Infrastruktur für kostenpflichtige Abonnements für Creators und kleine Onlinepublisher bereit. Steady kann man sich vorstellen als eine Mischung aus Patreon und Substack. Nicht alle kleinen Medienmacher auf Steady kommen aus Deutschland, und gleichzeitig nutzen nicht alle deutschen Creators Steady; viele setzen auf das Vorbild Patreon. Aber die Zahlen von Steady geben doch einen guten Einblick in die Situation hierzulande.
Steady zahlte 1,4 Millionen Euro an etwa 2000 Creators, hat uns Sebastian Esser, CEO und Mitgründer, mitgeteilt. Die Creators verdienen mit Steady zwischen 50 und 110.000 Euro im Monat. Deutsche Youtuber und Tiktoker verdienen mit Werbegeldern sehr viel mehr. Aber diese Erlöse für Onlinepublikationen in Form von Podcasts oder Newslettern in Nischen zeugen deutlich von einem langsam aber sicher stattfindenden Zeitenwandel.
Esser hat diesen jüngst auf Linkedin in einem unfairen Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen deutlich gemacht. Er hat die Gesamtzahl der über Steady vertriebenen kostenpflichtigen Abonnements in die von IVW erstellten Zahlen aller kostenpflichtigen Abonnements der deutschen Zeitungen eingetragen. Das Ergebnis: Steady landet auf Platz zwei der Unternehmen mit den meisten Abonnements, nur hinter der Bild-Zeitung.
Natürlich sind die Abonnements, die über eine Plattform getätigt werden und in der Regel abseits davon nichts miteinander zu tun haben, nicht direkt vergleichbar mit einem einzelnen redaktionellen Produkt. Aber dieser Vergleich macht deutlich, wie groß die Creators in Summe bereits sind.
PPS:
Ich habe diese Woche alle meine Tweets gelöscht, mein Twitter-Account ist jetzt leer. Ich will nicht, dass Elon Musk mit meinem Content seine AI trainiert (Opens in a new window).
Du kannst dein Tweet-Archiv zum Runterladen anfordern, dauert 24 Stunden.
Es gibt Services wie Tweeteraser (Opens in a new window), der das Löschen übernimmt, wenn man das zuvor runtergeladene Archiv hochlädt. Kostet 6,99 Dollar im Monat – nicht vergessen, das Abo sofort zu kündigen.
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Mitglieder-Bereich 🔒
Noch ein Nachtrag zum Mitglieder-Newsletter der vergangenen Woche: Wie groß ist die Creator Economy?
Der bekannte amerikanischen Medienmanager und Analyst Doug Shapiro hat in seinem Newsletter „The Mediator“ die beste mir bekannte Analyse und Quantifizierung des Creator-Markts veröffentlicht.
Was du verpasst: Die Mitglieder-Ausgabe des Newsletters, Einzel-Termine mit Sebastian und exklusive Blaupause-Community-Calls.
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