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VH23 Krisenjahr 1923, V. Teil. Oktober - Kommt der Bürgerkrieg?

Unbekannter Zeichner, The News Tribune (USA), 23. Oktober 1923.

Nach dem Rücktritt des parteilosen Wilhelm Cuno wählte der Reichstag im August 1923 Gustav Stresemann (DVP) zum neuen Reichskanzler. Erst dessen neue "Große Koalition" aus SPD, Zentrum, DDP und DVP fand die Kraft, den aussichtslosen Ruhrkampf zu beenden: Am 26. September brach Stresemann den passiven bzw. "moralischen Widerstand" ab.

Diese angesichts der verzweifelten Lage Deutschlands unausweichliche Entscheidung wurde aber keineswegs überall im Reich begrüßt. Ganz im Gegenteil, rechte und rechtsextreme Gruppierungen warfen Stresemann vor, einen "zweiten Dolchstoß" gegen das deutsche Volk zu führen.

Bayern verhängte deshalb noch am 26. September den Ausnahmezustand; dort regierte fortan Gustav Ritter von Kahr, der bald darauf eine wichtige Rolle im Hitlerputsch spielen sollte, als Quasi-Diktator. Dies kam einer offenen Rebellion gegen Berlin gleich - und zog unmittelbar eine Notverordnung der Reichsregierung nach sich, welche wiederum den Ausnahmezustand über das ganze Reich verhängte.

Kahr weigerte sich jedoch ebenso wie die Verbände der in Bayern stationierten Reichwehr, den Befehlen aus Berlin Folge zu leisten. So scheiterte etwa das Verbot des nationalsozialistischen "Völkischen Beobachters". Hitlers wichtigste publizistische Waffe konnte weiterhin ihr Gift versprühen.

Aber nicht nur die Entwicklungen in Bayern gaben Anlass zur Sorge. Auch die von der Sowjetunion gesteuerten deutschen Kommunisten sahen angesichts der Schwäche Berlins ihre Stunde gekommen. Die Gefahr eines kommunistischen Putsches stieg, nachdem die KPD am 10. Oktober 1923 in die sächsische Landesregierung eintrat und dort fortan mit der SPD eine linke Einheitsfrontregierung bildete.

Die Unfähigkeit Stresemanns, Bayerns Affront etwas entgegenzusetzen, machte die Schwäche der Reichsregierung für alle in- und ausländischen Beobachter offensichtlich. Wie in der Karikatur dargestellt, kam Frankreich den deutschen Demokraten auch jetzt noch nicht zu Hilfe (etwa durch einen Kompromiss in der Reparationsfrage). Ganz im Gegenteil, die Franzosen förderten den Separatismus im Westen sogar noch. Die dauerhafte Abspaltung einzelner Gebiete vom Reich, so ihr Kalkül, käme dem französischen Sicherheitsbedürfnis am besten entgegen.

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Heinrich August Winkler, Deutsche Geschichte vom Ende des Alten Reiches bis zum Untergang der Weimarer Republik, Bonn 2000.

Tópico Geschichte

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