Früher Vogel oder Nachteule?
…und was das mit deinem Zeitmanagement zu tun hat
ich wünsche euch einen wunderschönen Samstag! Und es tut mir sehr leid, dass der Newsletter letzte Woche ausgefallen ist - aber das hatte einen guten Grund: Selbstfürsorge. Ich war in der Woche nicht abwesend, weil ich erkältet war, sondern weil ich einen erneuten Tastbefund hatte. Wenn man schon einmal Krebs hatte, jagt einem das sofort wieder sehr viel Angst ein. Am Ende der Woche kam dann der unauffällige Befund aus der Mammografie zurück und ich war unfassbar erleichtert - das waren sehr schwierige Tage.
Eigentlich wollte ich dann sofort wieder durchstarten - aber wie das oft so ist, wenn Anspannung abfällt: der Körper holt sich dann eine Pause. Und ich habe sie ihm gegeben. Warum erzähle ich das hier? Weil ich glaube, dass ganz viele Menschen viel zu oft über den Schmerzpunkt hinausgehen und “liefern” - und ich möchte dich ermuntern, dich elbst zu priorisieren und gut auf dich zu achten.
Und damit sind wir auch schon mitten im heutigen Beitrags-Thema! Gut auf dich selbst hören bedeutet auch: den eigenen Chronotyp berücksichtigen und dein Zeitmanagement danach ausrichten. Denn unsere inneren Uhren ticken alle ein bißchen anders und wir können uns das Leben leichter machen, wenn wir darauf Rücksicht nehmen.
Inhalt:
Chronotyp - was ist das eigentlich?
Glorifizierung des Frühaufstehers
Der Start in den Tag: Eat that frog oder Catch the fly?
So gestalte ich meinen Tag
Tipps für ein chronotypisches Zeitmanagement
Chronotyp - was ist das eigentlich?
Was ist eigentlich ein Chronotyp? Das Springer Medizinlexikon definiert das wie folgt:
Bezeichnet die individuell durch die Innere Uhr festgelegte Neigung, die Hauptschlafphase zu beginnen bzw. zu beenden. Wenn die äußeren Bedingungen es ihnen erlauben, ihren Lebensrhythmus entsprechend ihrem Chronotyp auszurichten, finden Spättypen (Eulen) oder Frühtypen (Lerchen) die optimalen Bedingungen für erholsamen Schlaf und die davon abhängigen optimalen Voraussetzungen für Leistung in der Wachphase.
Es geht also darum, wann du aus eigenem Antrieb heraus ins Bett gehen und aufstehen würdest. Stell’ dir einen Monat völlig ohne Verpflichtungen vor: Keinen Job, keine Kinder, keine Uhrzeiten zu denen du irgendwo sein musst. Wann würdest du dann wohl aufstehen und wann ins Bett gehen? Das ist dein natürlicher Rhythmus!
Eulen gehen dabei lieber spät schlafen und starten entsprechend später in den Tag, Lerchen sind abends früher müde und dafür morgens eher munter. Für unser Zeitmanagement ist der Chronotyp insofern bedeutsam, weil er die Zeiten definiert, in denen wir besonders leistungsfähig, kreativ oder produktiv sind - und die kann man natürlich perfekt nutzen, wenn man sie kennt.
Jetzt haben bestimmt einige sofort gedacht “Ah, ich bin eine Eule!” oder glauben, dass sie ganz klar eine Lerche sind. Ja, vielleicht stimmt das. Aber manchmal sind wir da auch unabsichtlich nicht ganz ehrlich mit uns: Manche Eulen sind auch deshalb Eulen, weil das die einzige Zeit des Tages mit freier Zeiteinteilung ist. Das verzerrt unsere Wahrnehmung ein wenig.
Die TU Dortmund forscht an einem ihrer Institute zum Thema Chronobiologie und hat einen Fragebogen zum Chronotyp a (Abre numa nova janela)uf ihrer Webseite veröffentlicht - vielleicht ist das für dich eine Hilfestellung? Ich fand die Frage nach dem Hungergefühl sehr entlarvend und habe bestätigt bekommen: ich bin wirklich eine Eule.
Die Glorifizierung des Frühaufstehers
Jede Zeit hat eine bestimmte Mode - das gilt auch dafür, wann aufgestanden wird. War das Frühaufstehen lange Zeit verpönt - weil das bedeutete, dass man arbeiten musste, so ist es heute genau anders herum. Wer produktiv sein will, ist mindestens Mitglied im 5 Uhr Club und quetscht vors Frühstück noch eine Mediation, ein Workout und ein wenig Arbeit, sagt die allgemeine Wahrnehmung.
Versteht mich bitte nicht falsch: Für Lerchen ist das ein wunderbarer Start in den Tag, keine Frage. Eine Eule wie ich greift schon bei der Vorstellung mit zittrigen Fingern zur Kaffeetasse. 😉
Frühaufstehen ist Frühaufstehen - und kein Hinweis darauf, wie diszipliniert du bist, wie produktiv du bist oder wieviel “Biss” du hast. Es ist einfach eine Uhrzeit. Leider sind viele Dinge im Alltag immer noch unflexibel - waren wir im Kindergarten morgens immer entspannt die letzten, die ihr Kind noch schnell vor dem Morgenkreis brachten, hatte es sich mit der flexiblen Startzeit in der Schule dann erledigt. Seitdem klingelt unser Wecker früh.
Zu früh für meine persönliche Präferenz, aber ich kann den Beginn der ersten Stunde leider nicht verändern. Natürlich KANN ich früh aufstehen - ich stehe sogar freiwillig früher auf als nötig, weil ich morgens Hektik und Stress einfach nicht abkann -, aber es entspricht eben nicht meiner inneren Uhr. Im Umkehrschluss bedeutet das für mich: ich muss mich abends sehr disziplinieren, um rechtzeitig ins Bett zu gehen und genug Schlaf zu bekommen. Das klappt, weil ich rational weiß, dass es ansonsten anstrengend wird - aber nicht, weil das mein innerer Impuls wäre.
Der Start in den Tag: “Eat the frog” oder “catch the fly”?
Was heißt das jetzt für mein Zeitmanagement? Wie berücksichtige ich mein “Eulensein”? Wie berücksichtigt man, wenn man eine Lerche ist und einfach gerne morgens aktiv ist? Letztendlich läuft es alles darauf hinaus, wie du deine Aufgaben und Arbeitsphasen über den Tag verteilst.
Es hat sich verbreitet, dass die Zeitmanagement-Methode “Eat that frog” aus dem gleichnamigen Buch von Brian Tracey das Nonplusultra für Produktivität sei: Dabei macht man jeden Morgen die “Froschaufgabe”, also die Aufgabe, die am schwierigsten oder herausforderndsten ist, als erstes. (Oder die, die man seit Ewigkeiten vor sich herschiebt…) Natürlich funktioniert diese Strategie. Erledigt ist schließlich erledigt, und sich überwinden und etwas schaffen gibt einem immer ein gutes Gefühl. Leider müssen sich späte Chronotypen fürs “Froschessen” aber sehr viel mehr anstrengen, als natürliche Frühaufsteher. Sie KÖNNEN das, gar keine Frage, aber es kostet sie viel mehr Energie, als eigentlich nötig wäre. Und diese Energie fehlt dann später im Tag. Für Lerchen ist diese Methode dagegen absolut ideal, denn sie nutzt perfekt ihr leistungsfähigstes Zeitfenster aus.
Das Gegenteil der Eat the frog-Methode heißt “Catch the fly”. (Auch nicht appetitlicher, wenn du mich fragst - aber das Bild passt, gebe ich zu…) Beim Fliegenfangen geht es darum, morgens mit ein paar einfachen “Quick Wins” in den Tag zu starten. Das bedeutet: Du machst nicht die schwierigste Aufgabe zuerst, sondern ein paar kleine, leichte Dinge, die dir schnelle Erfolgserlebnisse verschaffen. Ein paar Haken auf der To Do-Liste später sieht der Tag schon ganz anders aus und du bist bereit für größere Aufgaben. Als Lerche ist das Fliegenfangen allerdings Zeitverschwendung: Startest du deinen Tag, indem du erstmal eine Stunde E-Mails beantwortest, verplemperst du ein hochproduktives Zeitfenster für Unwichtiges.
Natürlich sind das jetzt zwei Beispiele, die von ganz klar abgegrenzten Typen ausgeht - in der Realität gibt es aber viele Grautöne und Zwischenstufen. Deshalb ist es wichtig, auf sich zu achten und immer wieder zu überprüfen: Wann fühlst du dich fit und ausgeruht? Wann passiert es dir, dass du in einen “Flow” gerätst und die Zeit vergisst? Wann fällt es dir leicht, dich zu konzentrieren?
So gestalte ich meinen Tag
Ich habe übrigens auch eine ganze Weile gebraucht, um herauszufinden wie mein idealer Tag aussieht - und auch vieles ausprobiert! (Übrigens auch den 5 Uhr-Club…) Ich muss früh aufstehen, um dem Schulrythmus zu entsprechen, genieße es in den Ferien aber auch, alles etwas nach hinten zu verschieben. Ich nutze meine kreativen Schübe am Abend aus (diesen Newsletter schreibe ich gerade auch ziemlich spät), um Texte zu schreiben und Content vorzubereiten. Den frühen Start gleiche ich aus, indem ich nicht sofort an den Schreibtisch springe, sondern mir auf meiner Morgenrunde Zeit zum Wachwerden gebe und gleichzeitig genug Bewegung in meinen Alltag einbaue.
Ich habe festgestellt, dass es für mich als Eule besser geht, wenn Morgens mehr Zeit ist: Zeit für einen Kaffee in Ruhe, ein paar Seiten in einem Buch, bevor alle aus dem Haus fliegen - das war eine sehr konterintuitive Erkenntnis, denn mein Bauchgefühl hat mir jahrelang gesagt, am besten so lange wie möglich liegen zu bleiben und jede Minute auszukosten. Das gleiche gilt für meine Aufgabenverteilung: Durch Betreuungszeiten war meine “Alleinearbeitszeit” eine ganze Weile auf den Vormittag begrenzt. Eigentlich total ungünstig für mich - erst seit ich mehr zeitliche Flexibilität für Fokusphasen am Nachmittag hatte, habe ich gemerkt, wie viel eher mit das entspricht.
Tipps für ein chronotypischeres Zeitmanagement
Flexibilität nutzen: Plane deinen Start in den (Arbeits-)Tag im Rahmen der Möglichkeiten so früh oder so spät, wie es dir gut tut. Wenn du an der Startzeit nichts ändern kannst, bemühe dich, deine Schlafenszeit entsprechend anzupassen, damit du genug Schlaf bekommst. Der Mythos von erfolgreichen Menschen, die nur 5 Stunden Schlaf brauchen, hält sich hartnäckig, ist aber völliger Unsinn. Es mag wenige Menschen geben, auf die das zutrifft - für die meisten ist das einfach zu wenig.
Wichtige Termine, Aufgaben und Entscheidungen in deine Hochleistungszeit legen: Für Lerchen ist das der Vormittag, für Eulen eher der Nachmittag.
Abendgestaltung anpassen: Ob du abends noch einmal zu voller Form aufläufst, oder nur noch auf Sparflamme sollte auch deine Abendgestaltung beeinflussen. Supermüde noch am Schreibtisch zu sitzen ist mühsam und quälend - dann lieber morgens mit frischen Kopf weitermachen. Für Freizeitaktivitäten gilt das übrigens genauso.
Tag am Nachmittag/Vorabend planen: So kannst du einerseits direkt festlegen, welche Aufgabe du wann angehen möchtest - und andererseits einen zeitlichen Schluss/Startpunkt setzen. Eulen beginnen mit einer späten Arbeitsphase, Lerchen schließen damit ihren Tag ab.
Licht regulieren: Tageslicht ist gerade Mangelware, hilft aber beim frühen Start in den Tag. Ein Tageslichtwecker macht müde Eulen morgen munterer! Abends gilt für beide Typen: Blaues Licht von Handyscreens und Bildschirmen stört den Schlaf - lieber vor dem ins Bett gehen analog weiterdenken.
Pausen chronotypisch einplanen: “Man” macht ja eher am Nachmittag eine Pause - Kaffeezeit halt. Für Eulen, die morgens noch nicht ganz parat sind, oder Lerchen, die schon sehr früh in den Tag gestartet sind, kann aber auch eine Pause am Vormittag sehr wichtig sein. Orientiert euch an der Schulstruktur! Alle 45 Minuten eine kurze Pause, und nach dem halben Vormittag eine etwas größere Pause. (Nein, du hast nicht “gerade erst angefangen”. Pausen sind wichtig für deine Leistungsfähigkeit!)
Ich hoffe, der Beitrag hat dir Freude gemacht und dir vielleicht einen Impuls gegeben, etwas in der Alltagsstruktur zu verändern! Du möchtest jede Woche einen solchen Impuls von mir bekommen? Dann kannst du hier Steady Mitglied werden:
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