Die 5 größten Moritz-Fails
In den zwölf Jahren seit der Eröffnung der Moritz Bar in Berlin haben wir viele tolle Erlebnisse gehabt. Wir wurden von der New York Times empfohlen (Abre numa nova janela), Promis und Drag Queens feierten bis in die Morgenstunden und die Staatsoper Berlin (Abre numa nova janela) spielte ein Konzert.
Es waren wahnsinnig tolle Momente, die wir uns als Kinder nie hätten erträumen können. Doch nicht alles war immer super. Wir hatten auch viele harte Zeiten und Rückschläge und haben mindestens genauso oft die falsche Entscheidung getroffen.
Fail #1: Der Kaffeebetrieb im Moritz
Im ersten Sommer der Moritz Bar Berlin wollten wir das Geschäft besser auslasten. Wir hatten hohe Kosten durch die Renovierung gehabt und wollten die Räumlichkeiten noch mehr nutzen.
Da es in Berlin-Wedding noch nicht so viele Cafés gab, wollten wir nachmittags einen Kaffeebetrieb einrichten. Wir weiteten also unsere Öffnungszeiten von 19 bis 03 Uhr aus und öffneten schon um 15 Uhr. Da wir zu diesem Zeitpunkt noch keine Mitarbeitenden hatten, gingen unsere Schichten dann einfach mal zwölf Stunden und länger. Und dazwischen mussten die Kuchenspezialitäten ja auch noch gebacken werden! Das geschah in meiner Studentenbude um die Ecke – im Mini-Backofen. Der ganze Stress wär es Wert gewesen, wenn wenigstens Leute gekommen wären. Aber Pustekuchen. So saßen wir bei brütend heißem Wetter in der stickigen Bar, die Kuchen verflüssigten sich langsam auf dem Tresen und auch unsere Laune floß dahin.
Fail-Rating: 🤦🤦🤦
Fail #2: ZIZIs Kaffee
ZIZIs Kaffee eröffneten wir 2015, als wir nach Berlin-Wedding gerade unsere zweite Moritz Bar in Berlin-Moabit aufgemacht hatten. Wir führten das Café zusammen mit einer Freundin, die das Management übernahm. Es war in einer ruhige Seitenstraße ebenfalls in Wedding gelegen. Der erste Sommer lief super, unser Brunch am Wochenende war ein Hit und die veganen und glutenfreien Speisen zum kleinen Preis kamen super an. Doch mit den kälteren Temperaturen blieben die Gäste weg.
Die Stimmung verschlechterte sich, unsere Geschäftspartnerin verließ die Gesellschaft und wir betrieben das Café alleine weiter. Was folgte waren extrem anstrengende Wochen mit zwei Bars und dem Café, für das eingekauft, gekocht und gebacken werden musste.
Immerhin eine Mitarbeiterin blieb uns treu: der Mini-Backofen, in dem wir auch in ZIZIs Kaffee die Kuchen zubereiteten.
Teilweise kamen tagelang keine Gäste bis auf einen Stammgast, der seine Bachelor-Arbeit dort schrieb „weil es immer so schön leer und ruhig“ war. Nach einem halben Jahr zogen wir die Reißleine und gaben den Laden auf.
Fail-Rating: 🤦🤦🤦🤦
Fail #3: Öffnungszeiten-Wahnsinn
Bei der Moritz Bar in Würzburg machte uns das Bauamt vor Beginn einen Strich durch die Rechnung. Unsere beantragten Öffnungszeiten, die auch für den Vorgängerbetrieb gegolten hatten, wurden uns nicht genehmigt. Panik brach aus, diverse Krisensitzungen wurden einberufen und wir waren kurz davor aufzugeben. Ist eine Bar, die nur bis 22 Uhr öffnen darf, überhaupt eine Bar?
Nach mehreren Terminen mit dem Bauamt wurde uns die Möglichkeit gegeben durch Einreichung eines Bauantrags die Öffnungszeiten durch eine Nutzungsänderung zu verlängern. Dafür benötigten wir ein Architekturbüro, das wir für die Einreichung beauftragen mussten. So starteten wir also mit einem Minus von mehreren Tausend Euro in das Projekt in Würzburg. Dank unserer tollen Gäste machten wir uns aber in den ersten Wochen mit den reduzierten Öffnungszeiten trotzdem den Tag zur Nacht.
Fail-Rating: 🤦🤦🤦🤦
Fail #4: Sexistische und misogyne Poster
Bei der Wandgestaltung der Moritz Bar in Berlin haben wir uns immer spontan von unserem persönlichen Geschmack leiten lassen. Manchmal auch auf einen Irrweg.
Weil es den gleichen Namen wie die Bar hatte und gut schmeckte, importierten wir Moritz Bier aus Barcelona und hatten es es als einzige Bar in Deutschland auf der Karte. Auch unsere Gäste waren Fans von dem leckeren Bier. Ein Stammgast brachte uns Vintage-Werbung der Moritz Brauerei aus dem Urlaub in Barcelona mit, über die wir uns sehr freuten und die wir sofort in unserem Hinterraum aufhängten.
Die Reklame zeigte Frauen in einem sexualisierten Kontext, wie sie in der Werbung der damaligen Zeit leider sehr häufig gezeigt wurden und auch heute noch gezeigt werden. Wir hatten uns schon so an diese Poster gewöhnt, dass sie uns gar nicht mehr auffielen. Erst als unser Team uns darauf ansprach, begannen wir das Problem zu sehen. Wir wollten die Poster nicht einfach abhängen und so tun, als ob sie nie da gewesen wären. Also entschieden wir uns dafür die Poster in einer Kunst-Aktion zusammen mit dem Team und Gästen zu einer Collage umzugestalten.
Neben den Werbe-Postern hatten wir auch in unseren Augen ikonische Popkultur-Momente auf Poster gedruckt und aufgehängt: Mugshots von Lindsay Lohan, das ikonische Auto-Foto mit Lindsay, Britney Spears und Paris Hilton (Abre numa nova janela) sowie vermeintlich peinliche Paparazzi-Momente. Aus der heutigen Sicht ist es eher uns peinlich, dass wir uns über diese verletzlichen Momente von weiblichen Stars lustig machten und sie feierten. Wie Sarah Ditum in ihrem sehr lesenswerten Buch „Toxic“ beschreibt waren die 2000er „eine der frauenfeindlichsten Epochen: eine Zeit der gefräßigen Paparazzi […] und der aggressiven Klatschkultur“. Im Mittelpunkt von Ditums Buch stehen die Erfahrungen von Frauen, die in den 2000er Jahren in der Öffentlichkeit standen, insbesondere die Übergriffe und Verletzungen, denen sie ausgesetzt waren. Wir bereuen, dass wir ein Teil davon waren.
Fail-Rating: 🤦🤦🤦🤦🤦
Fail #5: Chaotische Veranstaltungen
Zu Beginn der Moritz Bar in Berlin wollten wir möglichst viel Programm bieten. Wir sagten zu allem ja. Ob Konzerte, eine Lesebühne, musikalische Installationen – wir probierten alles aus. Teilweise kamen Zuschauer, an anderen Tagen waren die einzigen die sich meldeten die Nachbarn um sich über den Lärm zu beschweren. Die schlimmste Veranstaltung war ein groß angekündigtes Live-Theaterstück, zu dem kein einziger Gast erschien. Lektion: unsere Gäste wollen von uns spannende Getränke und ausgewählte Veranstaltungen, aber nicht alles.
Fail-Rating: 🤦🤦
Fotos: Lena Meyer, Claudia Gödke