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Achte auf deine Gedanken.

Was ich über Gedanken denke, was sie für uns wirklich tun können, wenn wir achtsam mit ihnen umgehen und warum Erwartungen für mich so gar keinen Sinn ergeben.

Diesen Beitrag schreibe ich an einem frühen Samstagmorgen im ICE und es fällt mir ein wenig schwer, mich zu konzentrieren, denn das Internet ist langsam, hinter mir sitzt eine unruhige Mitfahrende, die gerade ausgestiegen ist und durch einen ebenfalls unruhigen Fahrgast ersetzt wurde, und drei Reihen weiter unterhalten sich zwei ziemlich „woke“ Typen über die letzte WG-Party in einem Ton, als wären wir bei der Klimakonferenz. Um das Klischee abzurunden, riecht es nun nach Leberwurstbrot. Ich versuche einmal meine Gedanken zu sammeln.

Hui, da ist ja auch schon die elegante Überleitung zum heutigen Thema: Gedanken. Welche Gedanken hättest du denn jetzt gerade in so einer Situation? Wärst du die ganze weitere Fahrt lang genervt von dem Wurstgeruch, den Stimmen und dem Gefühl, wenn sich jemand im Zug hinter dir nicht für eine Sitzposition entscheiden kann und dir immer wieder Stöße in den Rücken versetzt? Ja, die tun nicht weh, aber nach dem fünften Mal nervt’s schon, oder? Genau da kommen wohl dann die Gedanken ins Spiel. Und die versuche ich seit einiger Zeit zu beobachten. Nicht sie zu beeinflussen oder künstlich zu ändern, sondern einfach mal zu gucken, wo sie so hingehen in verschiedenen Situationen. Höchst spannend! Denn zum einen habe ich festgestellt, dass ich öfter besonnen reagiere als gedacht und zum anderen merke ich, wenn ich doch in einen negativen Gedankenstrom abweiche, dass ich gerade auf einem ziemlich anstrengenden Weg unterwegs bin und ändere meine Richtung. Ganz von alleine übrigens. In einem vorherigen Beitrag schrieb ich bereits, dass ich gerade „The Power“ von Rhonda Byrne lese, der Autorin von „The Secret“, in dem sie über das Gesetz der Anziehung spricht. Oberflächlich betrachtet kann man das alles natürlich schnell als spirituellen Esoterik-Kram abtun, mit dem hauptsächlich die Autorin Geld verdient, aber auch wenn man nichts mit Heilsteinen und Räucherstäbchen oder Manifestationen am Hut hat, kann man daraus etwas sehr Wichtiges mitnehmen.

Aber was? Naja, zuerst einmal müssen wir dem Ganzen schon eine Chance geben wollen. Wer seine negativen Gedanken mag und sich gerne über Dinge aufregt, die er ohnehin nicht ändern kann (aber dann will man sich wenigstens ordentlich darüber aufgeregt haben!), dann kann das schlauste Buch nichts ausrichten. Wenn man bereit dazu ist, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und gewisse Prozesse zu verstehen, dann kann ein solches Buch dazu beitragen einen Knoten zu lösen. Was das jetzt mit Mut und Schreiben zu tun hat? Eine ganze Menge. Denn alles in unserem Leben wirkt sich auf unsere Kreativität aus. Erst neulich las ich auf dem Instagram-Kanal der lieben @keavongarnier, dass Schreibende etwa 90 Prozent der Zeit damit verbringen, sich Gedanken darüber zu machen und nur 10 Prozent tatsächlich in das Schreiben fließen. Dabei schreiben wir doch so gerne! Und wie fühlen wir uns, wenn wir grübeln und in unseren Gedanken versinken und dann wieder darüber nachdenken, dass wir wieder nicht so viel geschrieben haben, wie wir wollten? Bei mir fühlt sich das tendenziell nicht so gut an, wie tatsächlich zu schreiben. Wäre es also umgekehrt nicht viel sinnvoller? Als erfahrene Grübelnase ist mir bewusst, dass man das nicht einfach so abschalten kann. Was mir in solchen Momenten hilft, ist, die Gedanken aufzuschreiben. Damit schicken wir sie an einen Ort außerhalb unseres Kopfes und sie können Ruhe geben, gleichzeitig sehen wir dann schwarz auf weiß, was da in uns vorgeht und entscheiden uns beim nächsten Mal vielleicht für wohlwollendere Gedanken. Unbewusst. Und ganz nebenbei schreiben wir dann auch noch. Man braucht natürlich nicht erwarten, dass man das immer so machen kann, auch bei mir funktioniert das nicht regelmäßig, wenn überhaupt die Hälfte der Zeit. Aber jeder Moment, in dem wir es schaffen, kurz innezuhalten und uns die Lage einmal aus einem Schritt Entfernung anschauen, bevor wir uns den Gedanken ergeben, ist wertvoll. Es geht auch nicht darum, das alles perfekt zu machen, keine negativen Gedanken zu haben und immer konzentriert schreiben zu können, wenn wir uns das vornehmen. Das sind unerfüllbare Erwartungen und genau die - so denke ich - sind sehr oft der Auslöser für Gedanken, die sich schlecht anfühlen.

Sprechen wir doch mal über Erwartungen. In der letzten Folge von „And just like that“ sagt Carrie Bradshaw, sie möchte sich von Erwartungen befreien. Und das halte ich für sehr weise. Denn wodurch geraten wir denn immer wieder in Stress, spüren Druck und sind am Ende enttäuscht, wenn wir oder andere ihnen nicht gerecht werden - Erwartungen. Aktuell spüre ich viel davon bezüglich Weihnachten und dem Jahreswechsel. Die Vorweihnachtszeit ist doch eigentlich etwas sehr Schönes und mir huscht immer ein Lächeln übers Gesicht, wenn ich morgens noch im Dunkeln über den festlich beleuchteten Ku’damm fahre, Karten an meine liebsten schreibe und sich alle Menschen gegenseitig erholsame Feiertage wünschen. Dann bekomme ich mit, wie Besuche bei den verschiedenen Stationen der Familie akribisch geplant werden, Diskussionen stattfinden, welche Großeltern den Enkel an Heiligabend sehen und Menschen in Facebook-Gruppen noch schnell versuchen, sich einer feiernden Truppe an Silvester anzuschließen, die man noch nie gesehen hat, um nicht alleine ins neue Jahr starten zu müssen. Von der Geschenkefrage mal ganz abgesehen. Immer wieder erlebe ich, dass noch Geld nachgeschenkt wurde, weil das eigene Geschenk nicht so viel gekostet hat, wie das Paket, das man erhalten hat. Und dann sagt die Werbung, die uns Edel-Schokolade verkaufen möchte auch noch, wir sollten die Zeit mit unseren Liebsten genießen. Wie wäre es denn, wenn wir das mal wirklich tun würden?

Oft schiebt man solche Situationen auf gesellschaftliche Erwartungen, aber dann stelle ich die Frage: Und wer ist die Gesellschaft? Richtig: wir. Also mühen wir uns mit unseren eigenen Erwartungen ab, aber warum eigentlich und zu welchem Preis stehen die perfekten Geschenke unter dem perfekten Baum? Wann ist das denn alles perfekt? Hast du mal bewusst darauf geachtet, wie du mit der festlichen Zeit umgehst? Wie fühlt es sich für dich an? Hast du deinen Weg gefunden oder ihn eventuell auch schon einmal geändert? Ich bin ja seit einiger Zeit im Team „entspanntes Jahresende“, mit Spenden statt Geschenken und Jahreswechsel verschlafen. Und seit ich das tue, frage ich mich, wovor ich eigentlich Angst hatte, wenn es früher keine Pläne für diese Anlässe gab. Mir geht es mit diesem Weg sehr gut und ich fühle mich dabei frei und erlöst, aber ich kann ebenso verstehen, dass es Menschen gibt, die aus ihren ganz eigenen Gründen gerade an diesen Tagen nicht alleine sein möchten. Ob für sich oder mit den Liebsten - es muss sich für dich gut anfühlen. Für dich ganz alleine. Das gilt übrigens nicht nur für die Weihnachtszeit, aber ich habe das Gefühl, dass gerade dann oft Erwartungen aufkommen, die man getrost in die Tonne treten kann.

Ich tue es Carrie Bradshaw gleich und möchte mich hiermit ganz offiziell von meinen Erwartungen verabschieden, damit Raum ist für all die wunderbaren Dinge, die passieren, wenn man sie nicht erwartet. Machst du mit?

Bis nächste Woche!

Alles Liebe

deine Sarah

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