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Herbst.

Die Sommerpause ist vorbei. Sie hat sich gar nicht nach Pause angefühlt, aber ich habe euch vermisst. Willkommen zurück, ihr Lieben.

Nach zwei Monaten fehlt mir das Schreiben des Newsletters so sehr, dass ich meinen Zeitplan durchkreuze und an einem Montagabend im Schein meiner Lichterketten tippe, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Der Sommer zog so schnell an mir vorüber, dass ich heute noch mit dem Verarbeiten der Ereignisse beschäftigt bin. Und plötzlich ist Herbst. Der Oktober erscheint zuverlässig mit einer ausgewogenen Mischung aus goldenen Sonnentagen und Wochenenden, die in einem grauen Regenschleier dahinschwinden - und Aufbruchsstimmung. Regelmäßig wenn der Herbst beginnt, kurz bevor die Uhren wieder umgestellt werden (ich finde das übrigens gar nicht schlimm!), drängen sich die Ideen in meinem Kopf dicht an dicht und wollen endlich hinaus. Liegt es an der Atmosphäre? Irgendwie kehrt zu dieser Zeit das perfekte Maß an Ruhe und Gemütlichkeit für das Ausleben meiner Kreativität ein. Stürme, Regenschauer, Dunkelheit, ein unverhoffter Sonnenstrahl im Augenwinkel: Wie könnte ich da nicht schreiben?

Nun ja, es gibt da durchaus einen Grund, der mich in den letzten Wochen dann und wann vom Schreiben abhalten konnte. Es ist wohl an der Zeit, dir etwas zu sagen. Es fällt mir tatsächlich ein bisschen schwer, es auszusprechen, ohne mit demselben Atemzug eine große Erklärung zu präsentieren. Reißen wir das Pflaster schnell und schmerzvoll ab:

Seit Juli arbeite ich als Online-Redakteurin. In Vollzeit. Wie konnte das nur passieren? Ich, in einer Festanstellung mit 40 Stunden pro Woche und Festgehalt. Bis auf das Festgehalt ist diese Situation für mich maximal unangenehm und von Zeit zu Zeit flüstert mir eine Stimme zu: Verräterin. Bevor ich dir erzähle, warum ich es für notwendig und richtig halte, mich in diese Lage gebracht zu haben, möchte ich eines klarstellen: Auf meinem Laptop ist ein Kündigungsschreiben gespeichert, auf dem nur noch ein Datum und eine Unterschrift fehlen. Das gibt mir Sicherheit, jeden Tag. Ich kann jederzeit gehen. Ich muss das nicht tun. Diese Mantren begleiten mich täglich und verleihen der Vollzeitarbeit eine gewisse Leichtigkeit, einen Hauch von Spielerei.

Der Grund für diesen Schritt ist eigentlich ganz einfach: Es war zu gemütlich. Ich steckte in einer Komfortzone und war plötzlich unzufrieden damit, wie wohl ich mich darin fühlte. Denn ich war nicht da, wo ich sein wollte, aber trotzdem irgendwie zufrieden. Ein gut bezahlter Teilzeitjob, der mir nicht wirklich etwas abverlangte und viel Zeit fürs Kreative und andere Dinge. Doch meine Kreativität versank in den weichen Kissen meiner komfortablen Lage und ich musste sie immer öfter suchen, hörte sie manchmal nur noch ganz dumpf aus der Ferne. Und da bekam ich Angst, und zwar so eine, die man spürt, wenn sich ein geliebter Mensch wortlos Stück für Stück entfernt. Erinnerst du dich noch an meine Einreichung für den Young Storyteller Award? Ich weiß nicht mehr, wie viele Wochen hintereinander ich hier schrieb, dass ich immer noch nichts geschrieben hatte. Letztendlich habe ich es geschafft und mein drittes Buch über den Story-One-Verlag veröffentlicht, mit dem ich am Ende sehr zufrieden bin. Wenn du magst, kannst du hier (Abre numa nova janela)einen Blick darauf werfen.

Die Schwierigkeit bei diesem Buchprojekt in die Gänge zu kommen, war plötzlich repräsentativ für meine kreative Gesamtsituation. Den Löwenanteil des Prozesses erledigte ich innerhalb kürzester Zeit - während ich bereits den neuen Job angetreten war. Ich lief zur Höchstform auf und spüre nun immer deutlicher, wie alte Ideen wieder eine Stimme bekommen und sich angeregt mit neuen Eindrücken austauschen. Wer hätte gedacht, dass ein Vollzeitjob einmal meine Kreativität retten würde?

Bei dieser ganzen Sache gilt es allerdings zu beachten, dass ich mich in eine privilegierte Lage hineinmanövriert habe: Home Office so viel ich brauche und möchte, die Redaktion um die Ecke, viel Abwechslung, die Freiheit das Format aktiv mitzugestalten und Kolleg:innen, die mich inspirieren und unterstützen. Ganz ehrlich: Ich betrachte diese Phase als bezahltes Lernen und einmalige Chance, mich mit Menschen zu vernetzen, die meinen Weg auch unabhängig von diesem Job bereichern können. Das klingt fantastisch, nicht wahr? Ist es auch und ich bin mir meines Glücks bewusst. Es sei aber ebenso gesagt, dass ich an manchen Tagen absolut keine Lust aufs Artikel schreiben habe und regelmäßig von Kolleg:innen genervt bin. Immer wieder ist mir die Tatsache für ein Unternehmen zu arbeiten zuwider, wo ich doch eigentlich nur das schreiben möchte, wovon ich hundertprozentig überzeugt bin. Im Moment überwiegen jedoch der Nutzen, die Freude am Lernen und die Neugier. Und so lange möchte ich dranbleiben, bis es sich irgendwann nicht mehr gut anfühlt. Oder mein Vertrag nach einem Jahr ausläuft.

Was ich damit sagen möchte? Vielleicht, dass es sich lohnen kann, auch mal in die Richtung zu gucken, die irgendwie anstrengend aussieht. Die Lage, in der man sich gerade “eigentlich ganz wohlfühlt” mal zu hinterfragen und sich trauen, auch mal Schritte zu gehen, die eher untypisch für einen selbst sind. Das Leben ein bisschen spielerischer betrachten. Ich habe das Glück, einen zweijährigen Neffen zu haben, der zwar weit weg wohnt, aber mir bei jedem Besuch etwas Neues beibringt. Für diesen kleinen Menschen ist die Welt ein Abenteuer, ein riesiger Spielplatz und wenn er etwas nicht versteht oder wissen will, stellt er Fragen. Er sagt Nein, wenn er etwas nicht möchte und lacht laut, wenn er sich freut und aufgeregt ist. Er isst, wenn er Hunger hat und schiebt den Teller weg, wenn er satt ist. Manchmal will er nicht schlafen gehen, weil es noch so viel zu entdecken, zu lernen und erzählen gibt. Jeden Tag aufs Neue stellt er sich neuen Herausforderungen und lässt sich nicht unterkriegen, wenn er etwas nicht schafft. Dann bittet er um Hilfe und versucht es immer wieder, bis es klappt. Dieser Mensch, mein zweijähriger Neffe, ist mein Held. Und ich wünsche uns allen, dass wir von ihm lernen. Mutig auf Reisen gehen, Neues entdecken, der Welt offen begegnen, Dinge ausprobieren.

Das heißt nicht, dass ich jetzt allen rate, sich in eine Vollzeitstelle zu begeben - wer weiß, wie lange ich selbst dieses Experiment noch führe. Für mich ist es ein Spielzug, der mir in die Hände fiel und ich ziehe mit ihm so lange weiter, wie er mich in Richtung Ziel führt. Und wenn ich unterwegs überholt oder vom Spielfeld gefegt werde, dann baue ich das Spiel einfach nochmal neu auf und starte von vorn. Ich weiß, dass nicht alle von uns dieses Privileg haben, von Spiel zu Spiel springen zu können. Aber ich weiß auch, dass einige von uns es ungenutzt lassen - und denjenigen möchte ich Mut zusprechen. Mut, sich einfach mal umzusehen und ein neues Abenteuer zu wählen. Egal, wie klein oder groß es sein mag und vor allem: egal, was andere davon halten.

Bis nächste Woche!

Alles Liebe

deine Sarah

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