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Ayyar: Bergsturz und Nahost

Der Bergsturz von Elm, Holzstich von Paweł Boczkowski, 1881

Jahrhundertereignisse gibt es in drei Formen: Einmal das banale, medial-zeitkritische Ereignis, mit dem dessen besondere Wichtigkeit unterstrichen werden soll. Dann das Reklame-Jahrhundertereignis, das vermutlich mehrmals pro Monat irgendwo ausgerufen wird, sei es bei einem Roman eines alten Mannes in dem es irgendwie um Tod und Sex mit jungen Frauen geht, oder bei einem Rap-Album, auf dem „Geld“ auf „Welt“ gereimt wird und warum einem beides gehört.

Und dann gibt es da noch die meteorologischen Jahrhundertereignisse, die ziemlich objektiven Kriterien unterliegen. Ein solches, wenn auch nicht konkret wetterbasiert, ist in der vergangenen Woche im Walliser Lötschental passiert, als ein gigantischer Bergsturz vor laufenden Kameras (Abre numa nova janela) das evakuierte Dorf Blatten fast vollständig unter sich vergrub. Die Bilder gingen um die Welt, weil sie einerseits spektakulär waren, aber andererseits auch eine Erfahrung vermitteln, die uns sehr fremd geworfen ist: Die komplette Auslieferung der Natur gegenüber. Wenn ein Berg abbricht, ein Gletscher ins Rutschen kommt, Geröll abgeht, dann gibt es für Menschen nichts weiter zu tun, als das Weite zu suchen – in Blatten taten das alle bis auf einen Schäfer, der nicht gehen wollte, weil seine Herde nicht evakuiert wurde, und der deshalb nun aller Wahrscheinlichkeit nach tot ist.

Zumindest in meiner erweiterten Bubble wurde recht schnell der globale Klimawandel als Ursache des Unglücks ausgemacht, und der Gedanke liegt ja auch nahe, wenn Gletscher im Spiel sind. Offenbar ist es aber nicht so einfach, und wenn wir auf die Wissenschaftler:innen hören, die sich schon lange mit dem Thema befassen (und das war ja mal der Imperativ), dann scheint (Abre numa nova janela) die Angelegenheit (Abre numa nova janela) doch deutlich komplexer zu sein. Nun ist das hier kein Geologie-Newsletter und ich bin auch nur interessierter Laie mit einem abgebrochenen Geografie-Studium als Hintergrund, insofern beschränkt sich mein fachliches Interesse an Bergstürzen auf jene, die mit menschlichem Handeln zu tun haben. Dabei sind gleich zwei besonders interessant:

Zum einen gab im Oktober 1963 der Berg im Vajont-Tal, etwa 100 Kilometer nördlich von Venedig gelegen, nach. Dort war gerade ein Staudamm errichtet worden, der zu diesem Zeitpunkt höchste der Welt, um Norditalien mit Strom zu versorgen. Schon beim Bau hatte es immer wieder kleinere Felsstürze gegeben, die immerhin zu genug Sorge führten, um eine Bergsturzsimulation in Auftrag zu geben, die sich leider im Nachhinein als falsch herausstellen sollte. Der durch das zurückgehaltene Wasser aufgeweichte Boden gab nach, und auf zwei Kilometern Länge sackte der Berg in den Stausee – insgesamt 270 Millionen Kubikmeter Geröll (in Blatten in der vergangenen Woche waren es 10!), und damit ungefähr doppelt so viel, wie der Stausee an Wasser vorhalten sollte. Das so verdrängte Wasser rauschte zunächst talaufwärts und zerstörte einige kleinere Ortschaften und schwappte dann über die Staumauer, wo es sich auf das naheliegende Städtchen Longarone ergoss. Dabei kamen 2.000 Menschen ums Leben. Die Verantwortlichen wurden später teilweise zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Den Überlebenden wurde eine neue Stadt gegründet, etwa 50 Kilometer entfernt, außerhalb der Berge, deren kurzfristigen Charakter man bis heute erkennt (Abre numa nova janela): Mitten in den Feldern erhebt sich eine Planstadt aus dem Boden, in der die meisten Häuser aus dem gleichen Bausatz stammen, Schule, Kirche und Ladenzeile befinden sich genau in der Mitte, der Fußballplatz am Stadtrand.

Doch wo die Katastrophe vom Vajont-Tal noch auf Inkompetenz und falsche Berechnungen zurückzuführen ist, lag das Problem in Elm 1881 in der wirtschaftlichen Not der Menschen, die zu unvernünftiger Gier wurde. In dem Dörfchen im Kanton Glarus, unweit von Liechtenstein, ergoss sich der größte Teil des naheliegenden Plattenberges ins Dorf und tötete dort 114 Menschen, darunter viele Kinder. Dass so viele starben, lag an der unbekümmerten Hybris der Bevölkerung: der Berg hatte schon Tage zuvor laute Geräusche von sich gegeben, so laut, dass sie beim Gottesdienst störten. Den Ort zu verlassen, kam aber niemandem in den Sinn, im Gegenteil: Noch aus umliegenden Dörfern kamen Schaulustige, die sich auf dem gegenüberliegenden Hang versammelten, um vielleicht mal einen Erdrutsch mit eigenen Augen verfolgen zu können. Als der Berg dann tatsächlich nachgab, ergoss sich die Mischung aus Geröll und Schlamm wie eine Flutwelle ins Tal und erreichte nicht wenige derer, die sich gerade noch sicher gefühlt hatten.

Was den Bergsturz von Elm allerdings so frappierend macht, ist seine Ursache: Die Einführung der Schulpflicht in Mitteleuropa. Denn die große Zahl an Kindern, die nun strukturiert zu lernen hatten, führte zu einer enorm gesteigerten Nachfrage nach Schiefer für Tafeln, und aus Schiefer bestand der Plattenberg zu einem großen Teil. Die meisten Berge wurden durch konzessionierte Fachunternehmen bearbeitet, aber in Elm nahmen die Bewohner ihr Glück selbst in die Hand und beschlossen 1878 die Übernahme der Konzessionen in den Eigenbetrieb. Das führte allerdings dazu, dass die Koordination der Bergbaustollen völlig zusammenbrach – die Fachleute hatten in den Berg gegraben, aber immer wieder größere, durchaus ergiebige Schiefervorkommen stehenlassen, um den Hang stabil zu halten. Die Bauern von Elm hingegen gruben aus, was zu graben war, und so stand der Berg am Ende auf einer Länge von fast 200 Metern über 20 Meter weit in der Luft. Dass das nicht gut gehen konnte, leuchtet sogar mir als Geisteswissenschaftler ein, für die Menschen damals war es wohl ein Risiko, dass sie einzugehen bereit waren.

Wie es mit Blatten weitergeht, ist unklar. Der Bürgermeister fordert bereits, das Tal aufzuräumen und das Dorf wieder aufzubauen. Ob das angesichts von teilweise 100 Meter hohen Geröllschichten realistisch ist, scheint mir zweifelhaft. Vielleicht geht es aber auch weniger um konkrete Vorhaben und mehr um Trost. Longarone und Elm jedenfalls wurden wieder aufgebaut.

Es kam noch etwas ins Rutschen in diesem Mai, und das war der unbedingte Rückhalt der bundesdeutschen Politik für Israel. Hatte Bundeskanzler Friedrich Merz noch im Wahlkampf demonstrativ Benjamin Netanyahu in die Bundesrepublik eingeladen und damit implizit angekündigt, mögliche internationale Haftbefehle zu ignorieren, äußerte er jetzt scharfe Kritik am erneut verschärften Vorgehen im Gazastreifen, und auch links der Mitte wächst das Unbehagen mit jeder neuen Schreckensnachricht weiter.

Gleichzeitig raunt in der neu aufgelegten „Weltbühne“, die außer der Covergestaltung eher nichts (Abre numa nova janela) mit dem Original zu tun hat, Deborah Feldman laut darüber, der Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen könne eventuell gar kein Jude sein – als Beweisführung dafür zieht sie Screenshots heran, in denen ein anonymer Teil seiner Familie sich gegenseitig versichert, nichts von dem Jüdischsein seiner Mutter zu wissen. Mit so dünnen Indizien kommt man heute in Zeitungen.

Aber auch abseits von solchen im weitesten Sinne innerjüdischen Streitigkeiten ist Leben für Jüdinnen und Juden in Deutschland noch deutlich schwieriger geworden, als wir uns das als Mehrheitsgesellschaft vorstellen wollten. Als ich im November 2016 für einen Workshop über digitale Geschichte bei der Europäischen Janusz Korczak Akademie war, eine Woche nach Trumps erstem Wahlsieg, blickte ich in ungefähr 20 ziemlich besorgte Gesichter und wurde auch konkret gefragt, ob das nun der Anbruch eines neuen illiberalen Zeitalters würde – zehn Minuten, nachdem ich durch die doppelte Sicherheitsschleuse gegangen und intensiv durchsucht wurde, schließlich war ich hier bei einer jüdischen Veranstaltung in einem jüdischen Altersheim. Die Selbstverständlichkeit, mit der das diese Anfangzwanziger als Teil ihres Lebens internalisiert hatten, hat mich damals schon mitgenommen, dass es seitdem keineswegs besser geworden ist, müsste uns alle völlig fertig machen.

Was mir nun aufgefallen ist (und natürlich ist das wenig überraschend) ist das enorm geringe Wissen um Theorie und Diskurs zum Antisemitismus in Deutschland. Das war schon unser Befund, als ich vor zehn Jahren ein Seminar über „Deutschland und den Nahostkonflikt“ veranstaltete, in dem genau die 15 Leute saßen, die sich damals am Institut für das Thema interessierten. Vielleicht ist es auch eine Alterserscheinung, jetzt wo ich ins fünfte Jahrzehnt gehe, dass ich mich wundere, dass so viele Leute die Genese aktueller Überzeugungen gar nicht im Blick haben. Aber gerade wenn ich in aktuelle linke Subreddits gucke, sehe ich dort die weitverbreitete Ansicht, jede Form von Solidarität mit Israel wäre eine unreflektierte Übernahme eines bundesdeutschen Regierungskurses. Wenn es doch bloß so einfach wäre! Die Idee, Israel nicht wie jeden anderen dahergelaufenen westlichen Staat zu behandeln, wurde ja nun hart ausgefochten in der oft sehr ermüdenden (anti-)deutschen Linken.

Ich kann das auch auf meine eigene Biografie herunterbrechen: Noch mit 16 hing in meinem Kinderzimmer ein Foto, auf dem ein palästinensischer Junge einen Stein in Richtung eines israelischen M1-Panzers warf, eine dieser klassischen Ikonen des Konfliktes, durchaus klar inszeniert von der Seite, deren USP im Krieg die Rolle des Underdogs war. Letztlich schien das alles recht einfach zu sein: Die reichen Weißen auf der einen Seite, die armen, besetzten Nichtweißen auf der anderen. Dann besuchte ich für ein Konzert (Isis, auch so ein schlecht gealterter Bandname) das Leipziger Conne Island, einem der kulturellen Zentren der sog. „antideutschen“ Linken, nahm mir für die Rückfahrt sämtliche Flyer mit, und lernte, dass das alles nicht so einfach ist – dass es auch eine linke Idee geben kann, die einen kapitalistischen und militärisch hochgerüsteten Staat wie Israel als Notwendigkeit akzeptiert. Nun war das alles teilweise unerträglich dogmatisch formuliert, oft arrogant und durchaus mit Logiklöchern besetzt, aber es war immerhin eine andere Perspektive. Erst Jahre später lernte ich, dass das letztlich die vulgärpolitologische Wiederholung der schriftlichen innerlinken Diskurse der späten Neunziger war.

Was nun gerade in Deutschland passiert, ist ein großes Zurechtruckeln der Frage „Wie halten wir es eigentlich mit den Juden und mit Israel“, was an sich schon eine bodenlose Frage ist, aber sie steht nun einmal im Raum, und auf der nachwachsenden, postkolonial geprägten Linken gelten die Argumente der letzten 25 Jahre nicht mehr (was zunächst einmal ihr gutes Recht ist), während man sich auf der Rechten freut, dass der Antisemitismus jetzt eine rein linke und muslimische Sache sein soll, was natürlich vollkommener Unfug ist. Und in dieser Gemengelage entgleisen immer wieder die humanistischen Errungenschaften: Da wird „Zionist“ zu einem Schimpfwort auf einer Ebene mit „Faschist“, da werden die unweigerlichen Parallelen zum Holocaust gezogen, da werden plötzlich Hamas und Hisbollah zu unappetitlichen, aber notwendigen Widerstandsgruppen erklärt und Plakate in Berlin aufgehängt (Abre numa nova janela), die den Mord an einem Juden in Washington feiern. Die Widerlichkeiten scheinen kaum noch theoretische Grenzen zu haben.

Aber: Das alles passiert subkulturell, oft in den Sozialen Medien. Die Scheusale, die so zweifelsohne antisemitisch, menschenverachtend, gewaltfördernd agieren, tun das meist anonym und auf eigene Rechnung. Das lässt sich auf der anderen Seite nicht sagen, wo Tobias Huch für die Jüdische Allgemeine einen ohnehin schon (für mein Dafürhalten) ziemlich widerlichen Kommentar (Abre numa nova janela) verfasste, dessen erste, wohl von der Redaktion gesetzte Überschrift allen Ernstes „Die Zivilisten in Gaza sind nicht unschuldig“ lautete. Erst nach Protest wurde diese transparent geändert, aber in was für Zeiten leben wir, in denen die Redaktion einer eigentlich überaus seriösen Zeitung das auch für nur eine Viertelstunde für einen akzeptablen Satz hält?

In ein ähnliches Horn stößt der emeritierte Historiker und umtriebige, naja, nennen wir es Publizist Michael Wolffsohn, der noch Ende Mai im Deutschlandfunk auf die Frage „Muss eine Demokratie die Relation wahren?“ wiederum allen Ernstes und hörbar lapidar (Abre numa nova janela) „Im Krieg nicht, im Krieg gibt es keine Relation, das ist eine absolut naive, sehr sympathische, aber naive Vorstellung“ antwortete. Es gehen also nicht nur in der Kriegsführung Maßstäbe flöten, sondern auch im Reden über die Kriegsführung, denn was der deutsche Beamte Michael Wolffsohn dort formulierte, war die völlige Abkehr von Kriegs- und Völkerrecht.

Und natürlich kann man jetzt wieder und mit gutem Recht einwenden, dass wir viel über Israel, und weniger über die Hamas reden, deren Kriegserklärung vom 7. Oktober ja nun der Ausgangspunkt der aktuellen Lage ist. Und es wird auch zu wenig betont, dass diese Attacke zweifelsohne ein genozidaler Akt war, und dass die Hamas die von ihr kontrollierte Bevölkerung als Schutzschild nimmt, einmal militärisch, einmal in der weltweiten öffentlichen Meinung.

Bloß: Ich erwarte von einer Demokratie wie Israel sie ist mehr, von einem Verbündeten, von einem Staat, dem wir Waffen liefern. Und wir, als Bundesrepublik und als westliche Welt, haben natürlich auch mehr Einwirkungsmöglichkeiten auf Israel als auf die Hamas. Und gleichzeitig ist klar, dass wir als Deutsche uns da von allen Verbündeten am ehesten mit Ratschlägen zurückhalten sollten.

Und das gilt natürlich auch für eine deutsche Migrationsgesellschaft. „Free Palestine from German Guilt“ war eine Parole, die schon vor anderthalb Jahren in Berlin skandiert wurde, und die natürlich aus einem Soziotop kommt, das sich nicht fragen kann und muss, ob (Ur-)Opa mitgemacht hat, weil die Vorfahren überhaupt nicht im Nationalsozialismus gelebt hatten, allenfalls unter der deutschen Besatzung. Das klang schon damals unangenehm nach dem „Schuldkult“-Geraune der Blauen und Braunen, aber es erschien mir auch nicht logisch: Wer „Schuld“ (oder wie es in der Berliner Republik verstanden wurde: „Verantwortung“) nicht als etwas Individuelles sieht, sondern als etwas Soziales (und nur so können wir es verstehen wo langsam auch die letzten Täter:innen endlich wegsterben), der kann sich doch nicht davon freimachen mit Verweis auf eine andere Herkunft. You can’t have the german cake, and eat it, too. Oder anders: Man kann sich nicht die Rosinen aus dem deutschen Kuchen picken.

Das Alles ist schwer auszuformulieren und hochkomplex. Gut möglich, dass das hier irgendwann mein privates Zeugnis des Scheiterns am Thema sein wird. Wohlmeinende Leser:innen werden mir vielleicht schreiben, was ich unbeachtet gelassen oder zu wenig betont habe. Weniger Wohlmeinende werden tun, was mir schon regelmäßig über Blocklisten, auf denen ich lande, kommuniziert wird: Mich wahlweise als Antisemiten oder Genozidbefürworter bezeichnen, als Netanyahu-Fan oder Hamas-Supporter. Solange sich beides die Waage hält, kann ich noch halbwegs beruhigt schlafen. Thom Yorke, dem Sänger von Radiohead, ist kürzlich ähnliches passiert, als er ein für britische progressive Kreise bemerkenswert ausgewogenes, überlegendes Statement zum Thema veröffentlichte (Abre numa nova janela), und daraufhin vorgeworfen bekam, eine eindeutige Angelegenheit unnötig zu „intellektualisieren“.

Aber wie machen wir jetzt weiter? Die Außenpolitik des Kabinetts Merz werden wir ohnehin nicht entscheidend beeinflussen können, aber die bewegt sich von selbst. Woran es für uns Fußvolk jetzt ist, ist den politischen Erdrutsch zu verhindern, der Israel in unserer Gesellschaft unmöglich machen würde. Das wird aber nicht gehen mit bodenlosen Kommentaren in Medien, mit dem Teilen widerlicher Fotomontagen (Abre numa nova janela) von israelischen ESC-Konkurrent:innen, aber es wird auch nicht damit gehen, die immer undifferenzierteren, schablonenhafteren Boykottaufrufe mitzumachen.

Was aktuell fehlt ist die Stimme, die solide an der Seite von Israel steht, aber gleichzeitig anerkennt, dass dessen aktuelle Regierung Krieg und zehntausende Tote verwendet, um Macht und materiellen Vorteil zu konsolidieren. Deren Kabinettsmitglieder teilweise mit großer Freude Menschen in Gaza dehumanisieren und sich ganz offen dem trumpschen Plan einer massiven erzwungenen Umsiedlung der dortigen Bevölkerung anschließen. All das liegt ja auf der Hand, und es wäre hanebüchen nicht auszusprechen, dass die Regierung Netanyahu ein großes Puzzlestück der globalen rechtsautoritären Wende unserer Zeit ist, auf einer Ebene mit den Trumps und Orbans und vielleicht bald Le Pens dieser Welt.

Aber wir können ja trotzdem Mitgefühl mit dem Land und seinen Menschen haben, die in einer akuten Bedrohung von innen wie außen leben, und wir können den Kontakt aufrechterhalten zu einem Land, das in sich eigentlich unlogisch ist, aber der Realität einer beständig latent antisemitischen Welt nach überhaupt keine Alternative hat. Und wir können hoffen, dass es dort einmal eine Regierung gibt, die weder ihre eigene Justiz umbauen noch sich selbst bereichern will, und die vor allem schlicht kompetent ist. Denn am Ende ist es rein politisch fast beeindruckend, wie das Kabinett Netanyahu es geschafft hat, aus dem 7. Oktober, der fast überall auf der Welt auf großes Entsetzen stieß, nicht nur ein Desaster für die Hamas und die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten zu machen, sondern auch für den Ruf Israels in der Welt.

Wir sollten, wir dürfen das alles nicht aufgeben. „Nie wieder“ bedeutet eben nicht, wie Per Leo das gekonnt formuliert (Abre numa nova janela) hat, „Nie wieder wir“, sondern es bedeutet auch, Hände auszustrecken in Situationen, in denen wir bei aller Unerträglichkeit des Heute schon ans Morgen denken müssen. An einen Wiederaufbau, in der Hoffnung, dass er in unserer Lebzeit möglich sein wird.

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