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Berliner Sommer ohne Alkohol

Zugeben. Ich habe ihn unterschätzt. Den Berliner Sommer mit all seinen Trinkgelegenheiten. Aber ich muss da durch. Will da durch. 

4 Monate 18 Tage

Es ist der 15. Juli 2022.
Laut meiner “I am Sober-App” (Abre numa nova janela) bin ich seit 4 Monaten 18 Tagen 10 Stunden und 39 Minuten nüchtern. Den Meilenstein hatte ich 2019 schon mal. Ohne zu wissen, dass ich noch drei Monate dranhängen werde. Und ohne zu wissen, dass ich nach guten sieben Monaten wieder anfange zu trinken. Weil Berlin. Weil Neue Stadt. Weil Sommer. Weil Corona Blues. Und vor allem: Weil es nicht so einfach ist, dem Alkohol dauerhaft zu widerstehen.

Same Same But Different

An einem ähnlichen Punkt stehe ich jetzt auch. Nur dass ich durchhalten will. Ich möchte weiterhin nichts trinken und nüchtern bleiben, merke, dass es mir gut tut und ich diese Klarheit gerade brauche. Merke aber auch, dass es mir aktuell sehr schwer fällt. 

Vor allem bei Party und Feier Situationen, von denen es im Sommer mehr als sonst gibt. Daydrinking im Park, ein Aperol am Nachmittag und ein Späti-Bier zum Feierabend. Ständig und überall höre ich ein "Prost und Cheers!" Cheers aufs Leben, auf den Sommer und auf den Alkohol! Natürlich. 

Alkohol, du fehlst mir?

“Wie gehts dir eigentlich damit, nix zu trinken? Gib gern Bescheid, wenn du mal reden willst!”, fragt mich eine gute Freundin auf einer Geburtstagsfeier, als ich mir gerade einen weiteren alkoholfreien Laori Gin (Abre numa nova janela) zubereite. Wir stehen zu zweit in der Küche, etwas abseits von den anderen und die Frage kommt genau richtig. Ich merke, dass ich mich gerade nicht so wohl fühle, obwohl ich von lauter lieben Leuten umgeben bin. Doch heute triggert es mich extrem, dass ich keinen Alkohol trinke. Würde meine Unsicherheit und mein Unwohlsein gerne mit zwei Drinks wegspülen. Mich vom Alkohol benebeln lassen, bis ich keine unangenehmen Gefühle mehr spüre.

“Danke, dass du fragst! Um ehrlich zu sein fällt es mir heute sehr schwer. Was mich irritiert, da ich doch jetzt schon so viele Momente nüchtern erlebt habe?!” gebe ich offen und ehrlich zu. Was auch stimmt. 

Schließlich habe ich viele Trinksituationen für mich neu überschrieben. War auf Geburtstagsfeiern, Konzerten, Vorglühen und Technoclubs nüchtern. Hab getanzt, gefeiert und mit anderen angestoßen. Trotzdem habe ich ihn unterschätzt. Den Berliner Sommer mit all seinen Gelegenheiten zum Trinken. 

“Ich glaube du brauchst Kontakt zu Leuten, die auch nix trinken. Sowas wie die anonymen Alkoholiker, nur in jung und “cool”! 

Über diesen Rat denke ich heute noch nach. Es stimmt. Ich hätte wirklich gerne mehr Austausch mit Gleichgesinnten. Vor allem mit jungen Leuten, die ein ähnliches Leben leben, Nein zum Alkohol gesagt haben,  mit ähnlichen Situationen konfrontiert sind und sich auch manchmal schwer tun, alleine unter Trinkenden zu sein.

Was so schwer daran ist, nicht mehr zu trinken?

Ich kann mir nix mehr schön trinken

Seitdem ich keinen Alkohol mehr trinke, nehme ich viel schneller und deutlicher wahr, ob ich gerade Spaß habe und die Zeit genieße, oder ob es langweilig ist, ich den Vibe nicht spüre, die Runde nicht meins ist, die Musik nicht gut genug ist, etc. Ich kann mir Situationen einfach nicht mehr schön trinken. Will ich auch nicht. Trotzdem ist es immer wieder ganz schön anstrengend, das Ganze nüchtern und roh zu erleben.

Tief durchatmen und weiter machen!

Aber ich muss da durch. Will da durch! Also gehe ich kurz aufs Klo, atme zwei, dreimal tief durch und rede mir gut zu. Denke daran, dass ich mich morgen gut fühlen werde, ohne Kater aufzuwachen, ohne dem unguten Gefühl etwas Unangenehmes gemacht zu haben. Kein Blackout, keine Schuldgefühle, kein Unwohlsein. Nur Schlafentzug, Klarheit und nen neuen, hangoverfreien Tag vor mir. 🌞

Next Step "Sziget Festival"

Fast einen Monat später befinde ich mich auf dem Sziget Festival in Budapest.
Dem größten Festival Europas und für viele ein Grund mehrere Tage "durchzusaufen." Genauso habe ich es 2019 auch gemacht. Mit dem Ziel, mein Alkohollevel über die zwei Festivaltage konstant und moderat zu halten.
Fazit: Hat nicht geklappt. Ich hatte zwar viel Spaß aber konnte mich auch an viel nicht mehr erinnern...

Dafür hat es dieses Jahr geklappt. 6 Festivaltage komplett nüchtern erlebt, viel gelacht, noch mehr getanzt und einfach eine schöne Zeit gehabt. Ohne Blackouts, Hangover, Magenprobleme und schlechtem Gewisen am nächsten Tag. Herrlich! 😍 Mehr dazu vielleicht in der nächsten Kolumne...

Wir lesen uns,
Caro

Buch/Podcast Empfehlungen:

Hier ein paar Personen/Bücher/Podcasts, die mir bei meiner Entscheidung, keinen Alkohol mehr zu trinken, sehr geholfen haben:

P.S. Schickt mir auch gerne eure Empfehlungen durch! 📩

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