Trumps “Thursday Night Massacre”
Die autoritäre Wende in den USA: Teil 1
Ein dubioser Kuhhandel des Trump-Justizministeriums mit dem wegen Korruption angeklagten New Yorker Bürgermeister führt zu einer beispiellosen Rücktrittswelle in der US-Staatsanwaltschaft

Am 10. Februar 2025 gibt das Trump-Justizministerium seiner New Yorker Staatsanwältin Danielle Sassoon einen krassen Befehl: Vize-Justizminister Bove fordert, aussichtsreiche Vorwürfe der Korruption gegen den demokratischen Bürgermeister von New York City, Eric Adams, einfach so fallenzulassen. Eine juristische Begründung gibt er dafür nicht.
Die lokale Staatsanwältin Danielle Sassoon, eine strengkonservative Republikanerin, weigert sich jedoch, dieser Anordnung Folge zu leisten und droht stattdessen ihren Rücktritt an, falls man sie dazu zwingen würde. Sie wirft dem Vize-Justizminister Bove in einem Brief an die Justizministerin Pam Bondi vor, einen rechtswidrigen Kuhhandel vorzubereiten, auf den Adams Anwält:innen mit der Trump-Regierung vorbereitet hatten: Demnach bedeutet das Angebot, in der Hochburg der demokratischen Partei in New York City Trumps radikale Abschiebungspolitik umzusetzen, im Austausch dafür, dass die Vorwürfe gegen Adams fallengelassen würden. Eine eindeutig rechtswidrige Anordnung, die selbst wiederum eine Form von Korruption darstellt.
Da Bove sich weigert, die Anordnung fallenzulassen, tritt Sassoon den folgenden Tag zurück. Bove wirft Sassoon anschließend vor, sie würde die Verfassung verletzen, weil sie sich gegen den korrupten Kuhhandel des US-Präsidenten stellt. Bove stellt damit klar, dass der US-Präsident und dessen Handeln über dem Gesetz stehen solle.
Bove sucht anschließend weiter nach Staatsanwält:innen, die bereit wären, diesen korrupten Befehl umzusetzen, doch alle weigern sich und treten eher zurück anstatt die Aufhebung der Vorwürfe zu unterschreiben, weil sie wissen, dass sie dieses Verhalten vor Gericht nicht begründen könnten und die Anordnung wahrscheinlich trotzdem keinen Bestand hätte. Ein Gericht muss nämlich noch davon überzeugt werden, dass das Verfahren eingestellt werden muss. Insgesamt 7 Staatsanwält:innen treten deswegen zurück.
Erst nachdem Bove zwei Tage später immer noch niemanden gefunden hat, der die korrupte Anordnung unterschreibt, greift Bove zu einer Art Geiselnahme.
Er zwingt nun alle übrigen Staatsanwält:innen in einen Raum und droht damit, alle Anwesenden in einer Stunde zu feuern, falls bis dahin nicht irgendeine Person die Aufhebung der Vorwürfe unterschreibt. Erst jetzt erklärt sich jemand bereit, diesen krassen Bruch der juristischen Ethik durchzuführen, nämlich um die anderen Mitarbeitenden vor dem Rauswurf zu schützen. Ein weiterer Grund: Die Karriere des Mannes steht ohnehin kurz vor dem Ende.
Über die dubiosen Umstände des jetzt umgesetzten Kuhhandels bestehen überhaupt keine Zweifel. Der Leiter der für Abschiebungen zuständige Behörde ICE, Tom Homan, droht Eric Adams noch am selben Tag auf Trumps rechtem Fansender Fox News offen damit, ihm die Hölle heiß zu machen (Abre numa nova janela), falls er sich nicht an seinen Teil des Deals halte. Die Drohung, die im Raum steht: Die Vorwürfen könnten dann nämlich jederzeit wieder aufgenommen werden.
Viele der New Yorker Vize-Bürgermeister:innen unter Adams weigern sich jedoch, Trumps Abschiebepolitik als Folge des korrupten Kuhhandels umzusetzen. Gleich 4 von 8 sind seitdem zurückgetreten (Abre numa nova janela) und fordern Adams dazu auf, es ihnen gleichzutun, Adams weigert sich bisher jedoch.
Die Umstände der erzwungenen Rücktritte und Entlassungen werden bereits als das „Thursday Night Massacre“ bezeichnet. Die Phrase lehnt sich an zwei erzwungene Rücktritte von Staatsanwält:innen wegen Präsident Richard Nixons Watergate-Skandals im Jahr 1973 an. Nixon hatte damals seinen Sonderermittler Archibald Cox feuern lassen, weil er im Zuge der Ermittlungen Nixons Tonaufnahmen zum Skandal angefordert hatte. Diese hätten Nixon überführt, daher ließ er Cox lieber feuern. Doch zwei von Nixons höchsten Staatsanwälte weigerten sich, die Anordnung zu unterschreiben, nur um den Präsidenten vor Strafverfolgung zu schützen und traten stattdessen lieber zurück. Dies wurde als „Saturday Night Massacre“ bekannt (Abre numa nova janela) und war ein wichtiger Grund dafür, dass Nixon ein Amtsenthebungsverfahren befürchten musste und schließlich zurücktrat, um dem vorzukommen.
Trump geht genau wie Nixon vor: Er lässt Grundsätze des Rechtsstaates brechen, wenn es ihm persönlich dient. Anders als bei Nixon geht es jedoch nicht bloß darum, die persönliche Karriere des Mannes mit einem solchen Bruch zu schützen. Der Bruch rechtsstaatlicher Prinzipien wird als alltägliches Mittel der Politik verwendet, ohne irgendwelche Skrupel oder ohne dass die Öffentlichkeit viel davon Notiz nimmt.
Trump ist bisher im Übrigen noch immer recht populär (Abre numa nova janela) und muss daher sicher kein Amtsenthebungsverfahren oder einen Rücktritt fürchten.
Ihm sind die Gesetze und die Verfassung schlicht scheißegal, er und seine Loyalist:innen glauben, dass Trump über dem Gesetz steht und alles tun kann, was er will, da er eben Präsident sei. Und die republikanische Mehrheit im Obersten Gerichtshof der USA hat ihm dafür in Form einer weitreichenden Immunität bereits eine Menge Spielraum verschafft (Abre numa nova janela).
All das ist nur der Anfang. Der autoritäre Durchmarsch und der ständige Bruch jeglicher rechtsstaatlicher Grundsätze hat gerade erst begonnen. Die nächsten 4 Jahre wird dies also weitergehen.
In einer Wahl zwischen einer schwarzen Staatsanwältin und dem verurteilten weißen, reichen Straftäter Trump wählte eine deutliche Mehrheit der US-Amerikaner:innen jedoch Trump und entschied sich für seine antidemokratische, rassistische und frauenfeindliche Agenda.
Offenbar hielt man das für wesentlich besser als eine gebildete schwarze Frau im höchsten Amt.