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Folge 8: Sanremo – Das Lagerfeuer brennt wieder

Am Dienstag, den 7. Februar, beginnt das Festival von Sanremo. Es ist einer der bedeutendsten Musikwettbewerbe der Welt. Ein Event, dessen Einfluss für Italien man nur schwer überschätzen kann.

Mir haben zwei Ausgaben von Sanremo besonders viel bedeutet. 

Die erste war die von 2001.
Meine Familie und ich, wir lebten damals seit einem guten Jahr in unserem Haus auf einem Hügelkamm in Süditalien. Wir hatten damals seit ein paar Monaten endlich einen gescheiten Mivar (Abre numa nova janela)-Fernseher im Wohnzimmer. Auf ihm schauten wir meiner Erinnung nach erstmals gemeinsam diesen Musikwettbewerb, der damals richtig groß war: Im Klassenzimmer der scuola media in Castellabate waren die Songs und die Auftritte der attori und der showgirls (ausgesprochen in etwa: schogéhrl) auf der Bühne des Teatro Ariston in Sanremo ein paar Februarvormittage lang ein wichtiges Gesprächsthema. Allein, um davon nicht ausgeschlossen zu sein, war es in eine gute Idee, Sanremo zu schauen.

Ich war einer der knapp 11 Millionen Menschen, die in diesem Februar 2001 den Daten des Quotenmessinstituts Auditel zufolge (Abre numa nova janela) damals zuschauten. Es gab deutlich erfolgreichere Sanremo-Jahre, aber das Festival dominierte damals: in den Zeitungen, in den Fernsehnachrichten, in den Piazze und Bars des Landes.  Und wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, begriff ich in diesen Tagen, wie einflussreich diese paar Tage Musikspektakel waren. Sanremo, dieser Musikwettbewerb in der gleichnamigen ligurischen Küstenstadt, denen man vom heimischen Sofa aus auf Rai Uno zuschauen konnte und bis heute kann, dem ersten und populärsten Kanal des öffentlich-rechtlichen italienischen Fernsehens. 

Sanremo war in manchen Jahren größer  und einflussreicher als 2001. In mehreren Jahren danach aber war es deutlich weniger populär – und schließlich drohte das Festival sogar zum zweiten Mal, wegen Bedeutungsschwunds zu verschwinden. 

Aber Sanremo ist wieder da. 

Sanremo 2022 hatte die höchsten Einschaltquoten seit zwei Jahrzehnten (Abre numa nova janela), es ist seit Jahren zu einem Social-Media-Phänomen geworden, es füllt wieder haufenweise Sendeminuten und Zeitungsseiten. Es begeistert nonni und nipoti, Großeltern und Enkel, ebenso wie die Erwachsenengeneration dazwischen. Sanremo, ist wieder das, was es in vielen Ausgaben seit seiner Gründung im Jahr 1951  war: ein Lagerfeuer, vor dem sich die Nation ein paar Abende lang über die politischen, regionalen und generationellen Gräben hinweg niederlässt. 

Das Festival ist derzeit wieder so erfolgreich wie seit der Jahrtausendwende nicht mehr – ein kulturelles Ereignis, dessen Geschichte dabei hilft, Italien besser zu verstehen.

Diese Geschichte erzähle ich in der aktuellen Episode von Kurz gesagt: Italien. 

https://kurzgesagt-italien.podigee.io/8-sanremo (Abre numa nova janela)

Welche popkulturelle Macht Sanremo weit über die italienischen Grenzen hinaus hat, das verdeutlicht das Coverbild dieser Episode. 

Credits: Wikimedia

Das Foto stammt aus dem Jahr 1984, darauf ist rechts ein junger Eros Ramazzotti zu sehen und links Pippo Baudo, in jenem Jahr Moderator von Sanremo. 

Ramazzotti war damals dem großen Publikum unbekannt. Er gewann 1984 mit seinem Song Terra Promessa den Jugendwettbewerb von Sanremo. Es war der Auftakt einer Weltkarriere, die es Ramazzotti bis heute ermöglicht, nicht nur in Rom und Mailand Stadien zu füllen, sondern auch in München, Belgrad und Brüssel. Ramazzotti nahm Duette mit  Joe Cocker und Tina Turner auf – und seine Stimme erkennt fast jede und jeder nach ein paar Sekunden, die oder der hin und wieder in Basel, Braunschweig oder Bregenz ein italienisches Eiscafé  oder eine Pizzeria besucht.

https://www.youtube.com/watch?v=Uys3rZgQyUA (Abre numa nova janela)

Eros Ramazzotti singt Terra Promessa bei Sanremo 1984.

2001 begriff ich also zum ersten Mal die Macht von Sanremo. 

Die Ausgabe bedeutet mir bis heute viel, weil sie eine wichtige Etappe auf meinem Weg war, Italien besser zu verstehen. Ein Schlüsselmoment, der es mir ermöglichte in diesen wichtigen Raum der italienischen Popkultur einzutreten, an der Bar und im Klassenzimmer mitreden zu können. Ob ich das damals schon verstand, weiß ich nicht.  Aber ich bekomme ein warmes Gefühl, wenn ich an Sanremo 2001 denke.

Ich war damals 14 Jahre alt.  Ich weiß, dass Di Sole E d'Azzurro der Sängerin Giorgia damals der Favorit meiner Mama war. Und dass ich mich am meisten für Luce (Tramonti a Nord Est) von Elisa erwärmte. Elisa gewann – und Sanremo 2001 war für ein paar Järchen der letzte Moment, bei dem ich mir zugestand, eine so melodisch-emotionale canzone uneingeschränkt gut zu finden. Wenig später begann ich, mich mit Hip-Hop, Nu Metal und Punk zu identifizieren – und mit vor mir hergetragener ironischer Herablassung auf  fast den gesamten italienischen  Pop herabzuschauen, der damals durch die Radios dudelte.

https://www.youtube.com/watch?v=WksoJ9vLwiM (Abre numa nova janela)

Elisa singt Luce bei Sanremo 2001

https://www.youtube.com/watch?v=QSdwYDQeP3M (Abre numa nova janela)

Giorgia mit Di Sole e d'Azzurro bei Sanremo 2001

Die zweite Sanremo-Ausgabe, deren Erinnerung mein Herz erwärmt, ist erst ein paar Monate her. 

Februar 2022, die härteste Phase der Corona-Pandemie war sichtbar vorbei, der russische Angriffskrieg gegen die gesamte Ukraine hatte noch nicht begonnen. 

Und ich schaute zum ersten Mal seit vielen Jahren an einem Februarsamstagabend wieder den Finalabend von Sanremo. Dass ich damals Rai Uno ansteuerte, hat viel mit einem italienischen Podcast zu tun, den ich in den Tagen davor mit viel Vergnügen anhörte: dem Sanremo-Podcast von Il Post, dessen Hosts Giulia Balducci, Matteo Bordone, Luca Misculin und Stefano Vizio das Festival Abend für Abend mit viel festivalkompetentem Witz so nacherzählten, dass es ein Gewinn war, ihnen zuzuhören – ganz egal, ob ich am Abend zuvor die Auftritte im Teatro Ariston gesehen hatte oder nicht.

https://www.ilpost.it/2023/02/03/podcast-sanremo-2023/?homepagePosition=5 (Abre numa nova janela)

Die erste 2023-Ausgabe des Sanremo-Podcasts von Il Post

Der Sanremo-Podcast von Il Post hatte mich also nach Jahren wieder zurück zum Festival geführt – und es ist mir daher eine besonders große Freude, dass eine der Hosts, Giulia Balducci, meine Einladung in die aktuelle Episode angenommen hat. Giulia erklärt darin unter anderem, warum es Sanremo in den 2020er Jahren wieder gelungen ist, ein generationenübergreifend beliebtes Event zu sein. Warum Sanremo eine Renaissance erlebt hat.

Diese Renaissance, diese rinascita sprang mir im Februar 2022 ähnlich heftig ins Auge wie 21 Jahre zuvor  die kulturelle Macht des Festivals. 

2022 wurde in Sanremo wieder Musik aufgeführt, die zu den musikalischen Trends der Zeit passt, von Trap bis zu minimalistischen Balladen – aber es finden weiterhin auch Säulenheilige der canzone italiana wie Gianni Morandi und Iva Zanicchi ihren Platz. Manche Künstlerinnen und Künstler reizen bei 

Sanremo reizt bemerkenswerterweise die Grenzen dessen aus, was manche Italienerinnen und Italiener für tolerierbar halten. Das Festival, das Jahrzehntelang als Inbegriff des Konservatismus galt, reizt inzwischen reaktionäre Politikerinnen wie die Abgeordnete der stärksten Regierungspartei Fratelli d'Italia, Maddalena Morgante zu empörten Reaktionen. Morgante, die Sanremo längst für viel zu "genderfluid" hält, stört sich insbesondere am Auftreten des Rappers Rosa Chemical (Abre numa nova janela) und sieht vor der am Dienstag, den 7. Februar beginnenden Ausgabe 2023 das Wohl der zusehenden Kinder gefährdet.

Bei Sanremo 2022 jedenfalls gewann ein Song von ausnehmender Schönheit. 

"Ha vinto il bene", das Gute hat gewonnen, so bewerteten die Podcast-Hosts von Il Post damals (Abre numa nova janela) den Sieg von Mahmood und Blanco und ihrer Ballade Brividi. 

https://www.youtube.com/watch?v=dgeS8SkK-FA (Abre numa nova janela)

Mir persönlich gefiel 2022 besonders der Song des Rappers Dargen D'Amico, der mit Sonnenbrille auf der Nase und guter Laune in der Stimme sein Dove si balla aufführte, eine kleine Hymne auf das ausgelassene Frohsein nach zwei Jahren Pandemie. 

https://www.youtube.com/watch?v=A2sNobwaGcA (Abre numa nova janela)

Ci voleva proprio, wie man auf Italienisch sagt, das hat es wirklich gebraucht.

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