Januar. Beim Joggen kreisten Geier über mir
Ich schreibe jeden Morgen drei Seiten Tagebuch. Am Ende jedes Monats unterstreiche ich die Stellen, die ich nicht vergessen möchte. Unterstreichungen aus dem Lockdown-Januar 2021.
Gestern rupfte ein Mäusebussard eine Taube vorm Schlafzimmerfenster. Es ist eine Mood.
Ich habe mir die Journalistenschule ausreden lassen und jetzt haben wir den Salat.
Egal, was Lena sagt. "Frauen verblühen ab 30." Mir ist das zu viel verbleibende Lebenszeit, um nicht den Klatschmohn zu machen.
Bald kommen nicht mehr einzelne Individuen zu einer Brand, sondern viele individuelle Brands formieren zusammen eine Super-Brand. Dann bin ich raus, Leute, leckt mich am Mokka.
Beim Joggen kreisten Geier über mir.
Wenn du ein Leben auf Sparflamme führst, aber der Beruf getrost weiterlodert und, jenun, die Wut kokelt so vor sich hin.
Also ich find, ich könnte ruhig mal bissl gechillter sein. Ich versteh mich aber auch.
Nicht mehr lange und die ersten Knospen springen und dann werden wir uns kaum noch an das Gefühl aus diesen Zeiten hier erinnern; es wird rasend schnell verblasst sein.
Glaube, ich habe mich den Umständen jetzt voll hingegeben und bin in der Akzeptanzphase angekommen: Denke über einen Hund nach.
Sollte den zweiten doppelten Espresso immer erst nachmittags trinken.
Auf der Morgentoilette gerade die Fantasie: eben aus dem See gestiegen, mich von der Sonne trocknen lassend, Tropfen glitzern auf der Schulter, keine Gänsehaut. Der Kick: Es wird möglich sein, 100%, es ist kein Tagtraum, sondern Zukunft, das wird wirklich passieren, in ein paar Monaten!
Jo hat hier übernachtet. Warum machen das so viele nicht mehr? "Ich schlafe schlecht in fremden Betten", "Zuhause wartet Lena mit dem Abendbrot". Lena wartet jeden Tag, also komm raus aus dem Trott und pack deinen besten Pyjama ein.