Hardlaunching ur BF + neue Friends in den Dreißigern
Letztens bin ich auf Substack über eine Note gestolpert, die sehr mit mir und meinen Werten räsonierte.

Damn, Girl. Yes! Als jemand, der 15 Jahre nach der Matura überhaupt keine Freunde mehr aus der „Highschool“, und nur noch 1-2 Bekanntschaften aus dem Studium hat, ging diese Message runter wie Öl. Mich persönlich nervt es nämlich sehr, wie unsere Gesellschaft Langlebigkeit als vermeintlich wichtigstes Kriterium für Freundschaften definiert. Und damit indirekt auch als Indikator dafür, ob wir „gute“ Menschen sind, oder nicht.
„Oh, wir kennen uns schon aus der Schulzeit“ gilt als der Gradmesser für Freundschaften, no questions asked. Und Brautjungfer (alleine dieses WORT!) wird natürlich die beste Freundin, die man bereits aus dem Kindergarten kennt. Egal, wie schwierig diese Beziehung potenziell ist; unabhängig davon, dass man sich in der Anwesenheit der anderen vielleicht längst nicht mehr wohl fühlt.
Honestly? Ich persönlich finde es überhaupt nicht traurig, dass ich keine Freundschaften mehr aus meiner Teenie-Zeit pflege. Und doch bleibt nach dem Schauen von solchem Content manchmal das leise Gefühl der fehlenden Zugehörigkeit. Ein bisschen Scham, es als Frau und Freundin nicht geschafft zu haben, seine GIRLs CREW (mit der man heimlich Tequila am Schwedenplatz gesoffen hat) zu erhalten.
Ja, was sollen diejenigen jetzt machen, die nicht auf solche hunderjährigen Kontakte zurückgreifen können oder wollen? Weil sie weggezogen sind, oder sich auseinandergelebt haben?
“In a world that glorifies consistency and commitment, we’re told that quitting is failure, that leaving is betrayal, that shifting is selfish.” Nikyla Maria
Ich habe im Mai viel über Freundschaften nachgedacht, und was für mich eine solche ausmacht. Auch, weil ich dieses Jahr eine Freundschaft gehen lassen musste, die bereits vor zehn Jahren begann und sich damit die gesellschaftliche Legitimität verdient hatte.
Was sagte es letztlich aus, dass wir uns seit zehn Jahren kannten?
Beim Nachdenken fiel mir auf: Nicht viel.
Es sagte nichts über die Tiefe unserer Beziehung aus, und nichts über die zwischenmenschliche Intimität. Obwohl ich sie seit zehn Jahren kannte, wusste sie wenig über meine allerintimsten Gedanken, weder über meine Abtreibung, noch über den wahren Grund meiner Trennung anno dazumal Bescheid.
Ich glaube, dass wir uns beide in unserem Orbit behielten, weil wir uns in einer interessanten Zeit kennenlernten, die nie wieder kommen würde. Und natürlich auch, weil wir uns seit zehn Jahren kannten – und das jedem unter die Nase rieben, der uns danach fragte.
“Outgrowing a relationship doesn’t mean you didn’t love them well.” Nikyla Maria
Ich habe also im Mai viel über Freundschaften nachgedacht, und dabei gemerkt, dass ich mit meinen „neueren“ Freund*innen mehr gemeinsam habe, als mit (den meisten) meiner alten. Also: Mit den Menschen, die ich in den letzten ein bis drei Jahren kennengelernt habe. Und das macht natürlich auch Sinn.
Die Menschen, die mich erst in meinen Dreißigern kennengelernt haben, haben eine Version von mir bekommen, die sich selbst wertschätzt, Grenzen hat, eine gewisse Regelmäßigkeit und Gegenseitigkeit bevorzugt und keine Lust auf „Schauma mal“-Hinhalterei hat.
Genauso wie beim Dating habe ich auch bei den neueren Personen in meinem Umfeld sehr viel genauer hingesehen, als mit Mitte Zwanzig, wo es für das erste Kennenlernen reichte, sich erstmal drei Stunden über den Ex-Freund oder den CEO auszukotzen. Und sorry, nein, Lästern, Gossipen und ständiges Beschweren reicht mir leider nicht mehr als Gemeinsamkeit.
First Dates
Erst gestern war ich auf einem ersten richtigen Date mit einem Mann, der ein potenzieller Freund werden könnte. Kennengelernt haben wir uns IRL, über ein gemeinsames Hobby. Wir waren beide überpünktlich und sind nicht nach einer Stunde wieder nach Hause abgehaut, weil es „eine anstrengende Woche“ war. Obwohl es eine anstrengende Woche war.
Und sonst so? Wir haben gemeinsame künstlerische Interessen, wir sind beide in einer gesunden Partnerschaft, leben bewusst #childfree und möchten das Beste aus unserem arbeitslosen Sommer in Berlin machen. Außerdem haben wir direkt darüber gesprochen, was für uns in Freundschaften überhaupt nicht geht (ständiges Termine-Verschieben, kurzfristige Absagen, fehlende Integration ins Daily-Life, Abwesenheit von Wärme) – und was wir uns wünschen (Regelmäßigkeit, liebe Worte per Nachricht, Support und eine gute Zeit).
Romantic vs. platonic Dating
An diesem Abend habe ich wieder einmal festgestellt: Einen so großen Unterschied macht es für mich tatsächlich nicht, ob ich romantisch, oder platonisch date. Fakt ist: ich habe absolut keine Zeit für Fake-Friendlyness, Lügen oder Menschen, die nichts an ihren Lebensumständen ändern wollen, obwohl sie theoretisch könnten.
Ich habe große Lust auf Community, die meine Werte widerspiegelt. Auf Verbindungen, die sich nicht genauso erzwungen anfühlen wie die obligatorische Familiengrillerei.
Ich hatte schon genug Zwang in meinem Leben, ich habe schon genug unter der Frischluftfolie geatmet. Die Beziehungen, die ich heute (2025+) eingehe, möchte ich aus freien Stücken führen. Ich möchte mich nicht verstellen müssen, um jemanden „nicht auf den Schlips“ zu treten, und mich auch nicht mit meiner politischen Haltung zurücknehmen, damit kein peinliches Schweigen aufkommt.
Das sind keine Freundschaften für mich, sondern dysfunktionale Beziehungsrelikte aus einer anderen Zeit.
Und was soll ich euch sagen? Es läuft gut soweit.
Statt mich darüber aufzuregen, dass eine langjährige Freundschaft zu Ende gegangen ist, denke ich mir: „Schön, dass ich wieder Freiraum für neue Menschen habe, die wirklich zu mir passen.“
Ich habe nicht aufgegeben, im Gegenteil. Ich glaube, dass die Dreißiger und Vierziger die beste Zeit sind, um Gleichgesinnte zu finden. Weil wir bereits Zeit hatten, vorher zu uns selbst zu finden. Weil wir mit Dreißig bis Vierzig eben schon ganz gut wissen, wer wir sind, was wir brauchen, was für uns geht – und was eben nicht.
Ob wir lieber kinderfrei leben möchten, oder doch gerade Familie auf dem Schirm (und deshalb keine Zeit für anderes) haben.
1, 3, 5, 7 Jahre
Meine aktuell engsten Bezugspersonen kenne ich seit einem Jahr, drei Jahren, fünf Jahren und sieben Jahren. Alles unter zehn Jahren. Sie zeigen mir, was es bedeutet, bedingungslos geliebt und akzeptiert zu werden.
Ich kann anrufen, ohne mir Sorgen zu machen, „zu viel“ zu sein. Ich bekomme Fürsorge, ohne sofort etwas zurückgeben zu müssen. Und das Allerschönste? Ich liebe diese Menschen aus vollstem Herzen. Ich muss nicht so tun, als ob! Ich möchte in ihrer Nähe sein, und mir ihre Geschichten bis spät in die Nacht anhören.

Und auch die anderen süßen Verbindungen, die sich gerade in Richtung Freundschaft bewegen, bringen etwas mit, das ich in „älteren“ Freundschaften oft vermisste. Ein gewisses Commitment, das selbstverständlich ist. Einen guten Charakter inklusive moralischem Kompass, der mit meinem übereinstimmt. Telefonate, die nicht jedes Mal mühsam initiiert werden müssen.
Freundschaft kann sich leicht anfühlen. Es dauert im Vergleich zu den Zwanzigern nur ein bisschen, bis jemand Passendes vorbeikommt.
Wo wir schon beim Thema sind: I hardlaunched my boyfriend on Instagram (Abre numa nova janela) (don’t ask).
Treue Substack follower kennen den take (Abre numa nova janela) schon: Ich glaube nicht daran, sein SOUL MATE in den Zwanzigern zu finden. Oder kann mir bitte jemand sagen, wie man ausgerechnet in dieser höchstchaotischen Phase des Lebens, in der man weder weiß, was man studieren, arbeiten oder am Freitag für die Party anziehen soll, seinen LIFE PARTNER finden soll? Girl, so confusing sometimes.
Ich bin mir sicher, Caroline Winkler würde mir zustimmen, und damit ist die Debatte offiziell beendet, ja? Wir (AKA R. und ich) haben uns mit 30 beziehungsweise 32 Jahren kennengelernt, und ich bin sehr froh darüber, dass ich mir VOR ihm Gedanken über mein Antwortverhalten auf WhatsApp & Co. machen durfte lol.
Klar bin ich manchmal immer noch ein pain in the ass, aber wenigstens musste er mir nicht dabei helfen, mich aus schädlichen Beziehungsmustern zu lösen, sober zu werden oder mein Studium zu überleben.
Er hat mich ohne einer Menge Selbstzweifel kennengelernt. Als publizierte Autorin, die sich ihres Werts bewusst ist. Ich habe mich nicht verstellt, um ihm zu gefallen. 0, nada.
Der Essay zum Monatsanfang handelt also genau davon: Wie es ist, sich mit Anfang Dreißig kennenzulernen, und woran ich erkannt habe, dass ich es mit einem von den spärlich vorhandenen Guten zu tun habe. Zu lesen hier (Abre numa nova janela).
Mediensucht: Was ich sonst so konsumiert habe
· Warum die harte Kritik an Bibi überzogen ist (Alicia Joe) (Abre numa nova janela)
Danke, dass sich mal jemand der ganzen misogynen Takes über Bibi annimmt. Langsam reicht es wirklich mit dem Hate.
· Hailey, he’s not that into you (Stephanie Lange) (Abre numa nova janela)
Yo, hab ich auch ausführlich auf Insta behandelt. Justin Bieber ist und bleibt einfach trash. (Was meine Theorie belegt, sich lieber nicht in den Zwanzigern zu ehelichen.)
· Das andere Geschlecht - Auf den Spuren von Simone de Beauvoir (ARTE) (Abre numa nova janela)
Ich dachte eigentlich, ich wüsste schon fast alles über Simone de Beauvoir. Turns out: I DID NOT! Wirklich gute historische Doku mit Fokus auf die fehlende Intersektionalität in Beauvoirs Standardwerk.
· Horizon Zero Dawn Remastered (Playstation) (Abre numa nova janela)
GamerGirl in me spielt gerade Horizon Zero Dawn auf der PS5, nachdem ich/wir nach 95 Stunden (lol) endlich mit Wukong fertig waren. Besonders lustig finde ich es natürlich, dass manche Männerz Aloy in den Reviews als „zu krass“ betiteln. Dabei ist sie einfach nur eine Frau, die zurückreden und sich selbst verteidigen kann? Typisch Gaming-World.
· Lies you’ve been told about being Childfree (Leena Norms) (Abre numa nova janela)
Denn: Kinderfrei zu sein heißt ja nicht automatisch, keine Kinder in seinem Leben haben zu wollen?!
· Raus aus der Einsamkeit – Geht das? (Y Kollektiv) (Abre numa nova janela)
Schön, dass da inzwischen mehr Awareness drauf gelegt wird. Hatte beim Schauen der Doku unterschiedlichen Fragen. Zum Beispiel, warum Community in Deutschland (und auch AT) so schwer zu haben ist. Liegt’s vielleicht wirklich auch an der “falschen” Freundesauswahl? Denn: mit kompatiblen Connections lebt es sich gleich sehr viel weniger einsam…
· Verliebt, verlobt, verschuldet (Desy) (Abre numa nova janela)
Oah, dazu kommt diesen Monat noch ein ganz eigener Take. Spoiler: es wird um den feministischen Gehalt von Heiratsanträgen gehen.
· The Rise of NC – and why I did it too (Madisyn Brown) (Abre numa nova janela)
Wenn ich euch einen Spoiler für 2026/27 mitgeben möchte: Dieses Thema wird auch nochmal big auf meinem Channel werden, bis dahin bearbeite ich das Ganze noch im stillen Kämmerlein.
In dem Sinne, auf ein Neues, oder?
Eure Bixe Jankovska