FAME ON FIRE
PANIK. Das neue Album der Band aus Florida ist unter widrigen Umständen entstanden. Sänger Bryan gibt uns einen Einblick, was los war.
Ich hatte schon mein ganzes Leben lang mit Angstzuständen und Depressionen zu kämpfen – aber zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich gut. Sogar als das mit Corona losging, machte mir das nicht viel aus, denn wir konnten trotzdem weiterarbeiten. Ich trank eine Menge Kaffee und ging an den meisten Tagen zur Arbeit. Eines Tages jedoch war ich extrem müde und wollte an diesem Tag viel schaffen. Ich hatte ein Rezept für Adderall, das mir legal verschrieben wurde, weil ich ADHS habe. Also warf ich eine ein, und nachdem ich etwa eine Stunde lang gearbeitet und dabei Kaffee getrunken hatte, bekam ich eine der aggressivsten Panikattacken meines ganzen Lebens. Panikattacken sind für diejenigen, die sie nicht haben, schwer zu erklären, und sie sind alle unterschiedlich. Diese hier war absolut schrecklich und beängstigend. Nach diesem Tag habe ich versucht, mich wieder aufzurappeln, aber nichts fühlte sich richtig an. Ich fühlte mich nicht real. Ich fühlte mich nur wie eine Hülle und konnte mich nicht aus dieser depressiven Phase befreien, in der ich mich befand. Jeden Tag hatte ich sporadisch kurze Panikattacken. Ich wusste, dass ich das nur bis zu einem gewissen Punkt aushalten konnte, ohne einen Zusammenbruch zu erleiden. Nichts fühlte sich wirklich an, nichts ergab einen Sinn. Wenn ich versuchte, mir einen Reim auf alles zu machen, was in meinem Kopf vor sich ging, flippte ich nur noch mehr aus, weil es keine Logik gab. Alles in meinem Leben lief großartig, aber ich fühlte mich trotzdem nicht gut.
https://youtu.be/PhxutXcZLjc (Abre numa nova janela)Ich fing an, mit meinem Freund, dem Rapper Poorstacy, zu reden. Ich werde versuchen, in kurzen Worten zu umschreiben, was er zu mir sagte: „Jeder hat sein Schicksal selbst in der Hand. Wenn ich etwas will, greife ich danach und nehme es mir. Ich lasse mir nicht von anderen sagen, wer ich bin, sondern ich sage ihnen, wer ich bin. Alles um einen herum ist ein Spiegelbild von einem selbst. Du musst festlegen, was du willst, und wenn du wirklich daran glaubst, wirst du es auch bekommen.“ Das Gespräch war sehr intensiv und das alles war nicht einmal an mich gerichtet, ich saß nur da und hörte zu. Ich ging zurück in mein Hotelzimmer, legte mich in die Dunkelheit und fing an, alles, was er sagte, noch einmal durchzuspielen. Ist das die Ursache für diese Depression? Ich bin nicht glücklich mit dem, was ich bin, und damit, dass mir jeder ständig sagt, wie ich sein sollte. Nach dieser Nacht rief ich den Vizepräsidenten unserer Plattenfirma an, fuhr zu ihm, setzte mich mit ihm zusammen und sagte im Grunde: „Ich hasse unsere erste Platte, sie ist nicht ich und sie repräsentiert mich nicht.“ Er war sehr verständnisvoll und fragte mich: „Nun, wer bist du dann? Was musst du tun, um die nächste Platte zu dir zu machen?“ Er hat das sehr gelassen aufgenommen. Eigentlich hasse ich unsere erste Platte ganz und gar nicht. Ich bin extrem dankbar und stolz auf das, was wir gemacht haben. Ich wusste damals nur nicht, was ich wollte. Als ich von L.A. nach Hause kam, wusste ich, was ich wollte. Kurz danach geriet ich definitiv in einen manischen Zustand, war selbstbewusst und konfrontativ. Das war auch nicht sehr gesund, vor allem nicht für die Beziehungen innerhalb der Band. Wir arbeiten zusammen, aber ich wusste, wie die Platte klingen sollte, und ich tat alles, um dieses Ziel zu erreichen. Bei unserer ersten gemeinsamen Session habe ich gesagt: „Schmeißt alles weg, was wir schon geschrieben haben, wir fangen von vorne an.“ Ich habe großes Glück, dass ich diese Freunde, diese Band habe, denn ihre Antwort war direkt: „Okay Bryan, lass uns sehen, was wir tun können, weg mit dem Scheiß.“ Das war in meinen Augen der Tag, an dem „Welcome To The Chaos“ geboren wurde.
Dennis Müller
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