Monday Motivation #34
Messen und Steuern mit Maß und Ziel
Unerschütterlich ist der Glaube, dass man nur managen kann, was man messen kann. Als Urheber dieses Dogmas werden wahlweise W. Edwards Deming oder Peter F. Drucker genannt. Nur haben weder Deming noch Drucker das je so gesagt. Beide waren sich im Gegenteil der Grenzen der Messbarkeit bewusst. Deming hat sogar explizit die Gefahr des kurzsichtigen Fokus auf Kennzahlen betont (Deming, 2000, S. 35): »Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass man nicht managen kann, was man nicht messen kann – ein kostspieliger Mythos.«
Natürlich wäre es wünschenswert, eine Organisation – oder wenigstens ein Veränderungsvorhaben – mit GPS-Genauigkeit steuern zu können: Position bestimmen, handeln, veränderte Position und damit Richtung und Fortschritt bestimmen. Wo das tatsächlich möglich ist, sollte man natürlich Gebrauch davon machen. In den weitaus meisten Fällen wird aber gelten, was Albert Einstein so treffend auf den Punkt brachte: »Nicht alles, was zählt, kann gezählt werden, und nicht alles, was gezählt werden kann, zählt.«
Lange Zeit war ich fest davon überzeugt, dass die Vermessung der Agilität und das Management der agilen Transformation mit Kennzahlen direkt in die Cargo-Kult-Hölle führen. Was wirklich zählt, die Effektivität, die Wertorientierung, die Anpassungsfähigkeit, die Zufriedenheit der Kunden und der Mitarbeiter, ist recht aufwendig und oft nur mit signifikantem Nachlauf zu bestimmen. Daher ist es naheliegend auf das zurückzugreifen, was sich leicht beobachten und messen lässt: die bunten Haftzettel, die absolvierten Trainings, die Story Points und die Velocity der Teams und vieles mehr.
Diese Dinge sind aber nicht die Essenz von Agilität, sondern lediglich Phänomene, die man in agilen Organisationen beobachten kann. Sie entspringen der Essenz, aber die Essenz lässt sich nicht mittels der Imitation der Phänomene erzwingen. Wenn nun in Unternehmenskulturen ohne ausreichende psychologische Sicherheit, dafür mit allerlei an Kennzahlen geknüpften individuellen Leistungsanreizen, begonnen wird, diese Phänomene zu messen und zu belohnen, wird das Ergebnis notwendigerweise oberflächlicher Cargo-Kult bleiben.
Trotz dieser Gefahr der Inflation von kultischen sinnleeren Handlungen sehe ich mittlerweile aber doch einen Nutzen von sorgfältig gewählten Kennzahlen zur Begleitung einer (agilen) Transformation. Es kommt nämlich immer der Zeitpunkt, wo mit großem Nachdruck die Frage gestellt wird, was das alles soll und bringt. Und die einzige Sprache, in der eine Antwort darauf verstanden und akzeptiert werden wird, ist die Sprache der Kennzahlen. Man muss das System, das man eigentlich überwinden will, mit seinen eigenen Waffen schlagen, sonst schlägt das System eines Tages unerbittlich zurück.
Literatur
Deming, W. E. (2000). The new economics: for industry, government, education (2nd ed). MIT Press.
Das Warten hat ein Ende! Ich freue mich sehr, endlich die zweite und deutlich erweiterte Auflage des »Manifest für menschliche Führung« in Händen zu halten. Auch Du kannst es in Kürze lesen, denn die Auslieferung hat schon begonnen! Wirf gleich einen ersten Blick ins Buch und lies erste Stimmen dazu u. a. von Cawa Younosi und Dr. Peter Kreuz:
Zum Schluss noch eine Bitte: Auch wenn diese zweite Auflage nicht mehr im Selbstverlag erscheint, setze ich auf Deine Hilfe: Bitte teile diese Ankündigung in Deinem Netzwerk und leite die Seite zum Buch (Abre numa nova janela) gerne an viele interessierte Menschen weiter. Und sobald Du das Buch gelesen hast, freue ich mich sehr über Deine Rezension bei Amazon (und anderen Plattformen). Vielen Dank!
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