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Innere Einstimmung - Musik spüren, bevor sie erklingt

Wir alle kennen es: Ein Lied im Radio, eine Szene in einem Film oder das Lächeln eines anderen Menschen kann uns spontan in eine bestimmte Stimmung versetzen. Diese äußere Einstimmung ist ein natürlicher Prozess, der uns durch Reize von außen beeinflusst. Doch was passiert, wenn wir selbst diejenigen sind, die andere einstimmen müssen? Auf der Bühne, im Chor oder auch in anderen kreativen Kontexten – hier wird von uns ein aktiver Prozess verlangt, den viele nicht gewohnt sind: die innere Einstimmung.

Was bedeutet innere Einstimmung?

Innere Einstimmung ist die Fähigkeit, von innen heraus die passenden Gefühle, Gedanken, Bewegungen und Klänge hervorzurufen. Es geht darum, präsent und authentisch zu sein, auch wenn die äußeren Reize dies vielleicht nicht direkt unterstützen. Auf der Bühne oder im Chor müssen wir das Publikum führen und in eine bestimmte Stimmung versetzen – und das gelingt nur, wenn wir selbst diese Stimmung glaubhaft verkörpern.

Diese Fähigkeit ist eine Kunst, die geübt werden kann. Sie basiert auf der Verbindung zu unserer eigenen Gefühlswelt und der bewussten Aktivierung von inneren Prozessen. Dabei geht es darum, in den eigenen Innenraum einzutreten und vergangene Emotionen und Erlebnisse wachzurufen, um sie im Hier und Jetzt erlebbar zu machen.

Warum ist innere Einstimmung so wichtig?

Das Wechselspiel der Impulse: Innere und äußere Einstimmung

Durch innere Einstimmung, die dann über den individuellen Ausdruck nach außen dringt, entstehen in jeder einzelnen Sängerin Impulse, die wiederum von anderen aufgenommen werden können und diese ihrerseits von außen einstimmen. Ein Wechselspiel beginnt, das wir Interpathie nennen. Dieses Zusammenspiel von Impulse geben und Impulse empfangen schafft eine dynamische Verbindung zwischen den Sänger:innen und führt zu einem gemeinsamen musikalischen Erleben, das weit über bloßes Nachahmen oder Gefühlsanweisungen hinausgeht. Es ist diese wechselseitige Resonanz, die einen Chor lebendig und ausdrucksstark macht. Viele Chöre verlassen sich auf die Leitung, um eine bestimmte Stimmung oder Intention zu vermitteln. Das funktioniert oft gut, hat jedoch Grenzen: Wenn ein Chor wirklich einen Sprung machen will, müssen die einzelnen Mitglieder eigenständig lernen, sich auf Gefühle, Melodien, Bewegungen und Rhythmen einzustimmen. Diese individuelle Kompetenz ist der Schlüssel zu berührendem und authentischem Ausdruck – sowohl für das Ensemble als Ganzes als auch für das Publikum.

Die innere Einstimmung hilft uns, Emotionen zu erzeugen, die nach außen sichtbar und spürbar werden. Sie verleiht unseren Auftritten Tiefe, Energie und Echtheit. Nur wenn wir selbst die Musik spüren, können wir sie auch für andere erlebbar machen.

Methoden für die innere Einstimmung

Wie können wir diese Fähigkeit entwickeln und trainieren? Hier sind einige bewährte Methoden, die ich in meinen Proben anwende:

1. Silent Audiation

Bevor ein Ton erklingt, stellen wir uns die Musik innerlich vor. Diese „stille Audiation“ hilft, die Melodie, den Rhythmus und die Stimmung eines Stücks zu verinnerlichen. Es geht darum, die Musik nicht nur mit den Ohren, sondern mit dem gesamten Körper zu spüren und die innere Welt zum Klingen zu bringen.

2. Innere Vorstellungswelten

Was erzählt das Lied? Wie fühle ich mich dabei? Und an wen richtet sich die Botschaft? Durch das Eintauchen in innere Bilder und Geschichten entstehen Emotionen, die mit dem Lied in Verbindung stehen. Ebenso hilft es, eine Beziehung zu den eigenen Erlebnissen, zur eigenen Geschichte und zu Situationen im eigenen Leben herzustellen, die ähnliche Gefühle hervorgerufen haben. Diese Vorstellungskraft macht den Ausdruck authentisch und glaubwürdig.

3. Mimik und Körpersprache

Der Körper ist ein Schlüssel zur Emotion. Durch bewusste Mimik und Körpersprache können wir Gefühle verstärken und nach außen tragen. Kleine Änderungen in Haltung oder Gesichtsausdruck können eine große Wirkung haben.

4. Tanz und Bewegungsvielfalt

Tanzen zu unterschiedlichster Musik öffnet die Kanäle für Bewegungsfreude und experimentelle Bewegungsqualitäten. Es hilft, den Körper frei und intuitiv auf Emotionen reagieren zu lassen.

5. Improtheater und Schauspielübungen

Improvisation lässt Emotionen und Geschichten zwischen Menschen entstehen. Durch Rollenspiele oder spontane Szenen lernen wir, in neue Gefühlswelten einzutauchen und flexibel auf Impulse zu reagieren.

6. Labans Ausdrucksqualitäten

Die Bewegungslehre nach Rudolf Laban verbindet Bewegung, Emotion und Ausdruck. Sie bietet einen Rahmen, um die Verbindung zwischen innerer Einstimmung und äußerem Ausdruck zu vertiefen.

Wie Chorleiter:innen den Prozess unterstützen können

Die Rolle des Chorleiters ist hierbei weniger die eines Kontrollierenden, sondern vielmehr die eines Impulsgebers. Die Leitung kann Übungen anregen, beobachten und das Wechselspiel zwischen den Mitgliedern fördern. Es geht darum, einen sicheren Raum zu schaffen, in dem alle ihre Fähigkeiten zur inneren Einstimmung entwickeln können.

Praktische Tipps für den Alltag

Auch außerhalb der Proben können Sänger:innen ihre innere Einstimmung trainieren:

  • Tägliche Reflexion: Welche Musik hat mich heute bewegt, und warum? Wie habe ich mich dabei gefühlt?

  • Kleine Rituale: Vor einer Probe oder einem Auftritt ein Lied innerlich hören und die dazugehörige Stimmung wachrufen.

  • Bewegung und Ausdruck üben: Vor dem Spiegel oder in der Natur ausprobieren, wie sich verschiedene Emotionen im Körper anfühlen und ausdrücken lassen.

Fazit: Die Kunst der inneren Einstimmung

Innere Einstimmung ist eine wertvolle Fähigkeit, die uns nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Leben bereichert. Sie eröffnet uns die Möglichkeit, Emotionen bewusst zu gestalten, präsent zu sein und andere auf eine authentische Reise mitzunehmen. Wenn wir die Musik spüren, bevor sie erklingt, wird sie zu etwas, das tief berührt – uns selbst und unser Publikum.

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