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Datenlage zu den Auswirkungen von Häuslicher Gewalt auf Kinder und Jugendliche

Von Tina Steiger

Eine Einordnung Häuslicher Gewalt

Kinder, die Gewalt erleben, leiden darunter. Darin sind sich Forschung, Kinderschutz und Gesellschaft inzwischen einig. Der Schutz von Kindern auf ein gewaltfreies Aufwachsen ist seit 2001 im Grundgesetz verankert. In § 1631 BGB heißt es: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“

Was für eine gewaltfreie Erziehung gilt, kommt beim Thema Häusliche Gewalt in Schieflage. Statistisch betrachtet, ist Häusliche Gewalt nicht unpersönlich, sie ist männlich. In der Mehrheit aller Fälle sind es Männer, die in Beziehungen Gewalt ausüben. Das gilt auch für den bei knapp 20 Prozent liegenden Anteil männlicher Opfer. Auch hier sind die Betroffenen häufig das Opfer anderer Männer in gleichgeschlechtlichen Beziehungen.

In Deutschland tun sich Politik, Gesellschaft und Medien schwer, diese Tatsache so auszudrücken. Gewalttaten an Frauen werden häufig unpersönlich und inaktiv formuliert. “Sie wurde Opfer einer Vergewaltigung” und nicht: “Ein Mann vergewaltigte sie”.

Wenn wir von Häuslicher Gewalt und Partnerschaftsgewalt anstelle von Männergewalt sprechen, dann zahlt das auf diese strukturelle Glättung des Themas Gewalt gegen Frauen (und Kinder) ein. Dennoch gilt in Zahlen: So gut wie immer, wenn Kinder zuhause Gewalt miterleben, dann erleben sie keine “strittigen Eltern”, sondern Täter und Opfer und die Gewalt ihres Vaters.

Interessant ist in diesem Kontext der Umgang mit Gewalt in Familien. In den vergangenen Jahren galten Frauen als “mitschuldig” an Gewaltvorfällen in der Familie und die bevorzugte Annahme war, Kinder aus “diesen Haushalten zu schützen”. Benennen Frauen Gewalt, die ihnen angetan wurde, dann erleben sie fast immer, dass Straftaten als Beziehungsprobleme eingestuft werden. Darauf folgt meist die Aussage: Die Gewalt an der Mutter hätte mit dem Kind nichts zu tun. Solange er “nur” die Mutter und nicht das Kind geschlagen habe, sei es keine Gewalt am Kind. Ein Aufwachsen im Miterleben und Mitspüren von Gewalt wird in familiengerichtlichen Verfahren, bei Verfahrensbeteiligten, Therapeuten und in Jugendämtern bis heute als unproblematisch angesehen.

Sieht man Handlungsbedarf im Sinne des Kinderschutzes, dann richten sich die Maßnahmen und Schuldvermutungen häufig pauschal mit gegen die Mutter als Gewaltopfer. Ihr wird vorgeworfen, sie habe den Schutz des Kindes verpasst, weil sie sich nicht aus der Situation getrennt habe. Tut sie es, zwingt das Familienrecht Kinder jedoch fast immer in den fortlaufenden Umgang mit gewalttätigen Vätern.

Dokumentation der wissenschaftlichen Dienste des Bundestags –
die Auswirkungen von Gewalt und dem Miterleben auf Kinder

Bereits im Sommer 2024 hat der Bundestag über seine wissenschaftlichen Dienste eine Dokumentation zur Sachlage veröffentlicht. Sie geht der Frage nach, wie und ob sich Gewalt in Paarbeziehungen und das Miterleben von Gewalt auf Kinder, ihre Gesundheit und ihre Entwicklung auswirkt. Und siehe da, sie tut es. Natürlich. Damit steht fest, dass die Jugendämter Deutschlands, Familiengerichte und familiengerichtliche Verfahrensbeteiligte regelmäßig nach veralteten und inkorrekten Standards urteilen, wenn es um Kinder und Gewalterleben geht.

Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags gliedern sich in acht thematisch spezialisierte Fachbereiche sowie den Fachbereich Europa. Sie sind ein wichtiges Informationszentrum des Deutschen Bundestages, das die Abgeordneten bei der Ausübung ihres Mandates unterstützt. Im Auftrag der einzelnen Abgeordneten und der Gremien des Deutschen Bundestages recherchieren und analysieren die Wissenschaftlichen Dienste Informationen und nehmen auf Wunsch auch gutachterlich Stellung. Die Arbeitsgebiete der Fachbereiche umfassen u.a diese Politikfelder: Geschichte, Politik und Kultur, Auswärtiges, Völkerrecht, Wirtschaftliche Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Haushalt und Finanzen, Wirtschaft, Energie und Umwelt, Arbeit und Soziales, Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Medienrecht, Gesundheit, Familie, Bildung und Forschung. Die Wissenschaftlichen Dienste arbeiten parteipolitisch neutral und sachlich objektiv. Die Fachbereiche nutzen neben zahlreichen Fachpublikationen auch interne und externe Datenbanken sowie Pressedokumentationen. (www.bundestag.de (Abre numa nova janela))

Am 24.6.2024 veröffentlichte der Fachbereich Gesundheit, Familie, Bildung und Forschung und Lebenswissenschaften der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags eine Dokumentation mit dem Titel: Gewalt in Paarbeziehungen und die Folgen für Kinder und Jugendliche Aktuelle Studienlage. Darin heißt es: “Gemäß dem aktuellen Bundeslagebild „Häusliche Gewalt 2023“ des Bundeskriminalamtes vom 7. Juni 2024 wurden 256.000 Menschen im Jahr 2023 Opfer von häuslicher Gewalt. Dies entspricht einer Zunahme von 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2022. Hierbei handelt es sich um die polizeilich registrierten Straftaten. Es wird allerdings von einer erheblichen Dunkelziffer von Taten ausgegangen, die aus Angst oder Scham nicht zur Anzeige gebracht werden. Die überwiegende Mehrheit der Opfer ist weiblich (70,5 Prozent), während die Täter zumeist Männer waren (77,6Prozent)”.

Über das Miterleben von Gewalt in Partnerschaften (=in der Mehrheit der Fälle Männergewalt gegen die Mutter des Kindes) heißt es weiter: “Diese Erfahrungen hinterlassen Spuren in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Die Auswirkungen sind hierbei vielfältig. So haben Kinder, die Partnerschaftsgewalt miterleben, ein höheres Risiko für posttraumatische Belastungsstörungen, für aggressives Verhalten, für Angstzustände, für Entwicklungsstörungen oder für Schwierigkeiten im Umgang mit Gleichaltrigen.
Darüber hinaus bestehen bei ihnen häufiger schulische Probleme, sie neigen häufiger zum Drogenmissbrauch und werden häufig selbst Opfer von Gewalt. Diese negativen Auswirkungen von miterlebter Gewalt auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wurden in zahlreichen Studien belegt.”
(Auszug aus Dokumentation WD 8 - 3000 - 033/24)

Signifikanter Anstieg von Schlaf- und Angststörungen.
Auch die Folgen eines Rückgangs finanzieller Mittel
für weibliche Opfer tragen mitbetroffene Kinder

Besonders hervorzuhebeben ist die nachfolgende Studie, die auf Daten aus Polizeierhebungen in Norwegen zurückgeht. Untersucht wurden Fälle von Häuslicher Gewalt von 2007 bis 2019. “Die Autoren begleiteten die Opfer und Kinder, mit der Erlaubnis, diese Daten mit den Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden sowohl des Opfers als auch der Kinder zu verknüpfen. Aus dieser Verknüpfung konnten die Autoren ableiten, dass im Jahr des häuslichen Gewalteinbruchs ein statistisch signifikanter Anstieg mentaler Störungen bei den Kindern vorlag: Bei 43 Prozent kam es zu Schlafstörungen und 22 Prozent erlitten Angststörungen. Die Autoren stellten fest, dass häusliche Gewalt ein erschütterndes Ereignis für Familien darstelle, mit unmittelbaren Folgen sowie Nachwirkungen, die mehrere Jahre anhielten.

Die Anzeige von häuslicher Gewalt durch das Opfer sei mit einer großen Veränderung des häuslichen Umfelds und einem Rückgang der finanziellen Mittel für die Opfer und ihre Kinder verbunden. Darüber hinaus habe die Partnerschaftsgewalt einen deutlichen Anstieg der Erforderlichkeit von psychologischer sowie psychiatrischer Hilfe für das Opfer und auch für die Kinder nach sich gezogen, wobei insbesondere die Diagnosen von Stimmungs-, Depressions-, Schlaf- und Angststörungen zunahmen.” (Auszug aus Dokumentation WD 8 - 3000 - 033/24)

Studie :

Bhuller, Manudeep/Dahl, Gordon, Domestic Violence Reports and the Mental Health and Well- being of Victims and Their Children, in: Journal of Human Resources, 1. April 2024, A. 152-186, abrufbar unter https://jhr.uwpress.org/content/59/S/S152 (Abre numa nova janela).

Diese Studie ist eine der wenigen, die auch den Faktor der finanziellen Folgen für Betroffene und Kinder benennt. Finanzielle Folgen für Opfer und finanzielle Nachtrennungsgewalt werten deutsche Behörden oftmals als Bagatelle, die keinen direkten Bezug zur Häuslichen Gewalt und ihren Langzeitfolgen darstellt.

Gewalt gegen die Mutter schädigt die Bindung zu beiden Elternteilen
Gewaltbetroffene Kinder werden wahrscheinlicher Opfer und Täter

Eine weiterer, in der Dokumentation des Wissenschaftlichen Dienstes vorgestellter Grundlagentext stammt von Prof. Dr. Heinz Kindler, Leiter der Fachgruppe “Familienhilfe und Kinderschutz” des Deutschen Jugendinstituts. Im Text werden die“Zusammenhänge zwischen häuslicher Gewalt und der psychischen Gesundheit sowie sozialen und kognitiven Problemen bei Kindern und Jugendlichen analysiert. Hierzu wurden zahlreiche Studien ausgewertet. Nahezu alle Kinder und Jugendlichen in den betrachteten Forschungsarbeiten bewerteten die Erfahrungen der miterlebten häuslichen Gewalt als belastend und ängstigend. So sei in Erhebungen in sieben Frauenhäusern festgestellt worden, dass bei 64 Prozent der Kinder Verhaltensprobleme in klinischem Umfang vorlagen. Etwa 30 bis 40 Prozent der betroffenen Kinder reagierten mit klinisch relevanten psychischen Problemen oder Auffälligkeiten. Ungefähr 20 bis 25 Prozent der Kinder entwickelten eine posttraumatische Belastungsstörung. Neben psychischen Belastungen zeigten viele betroffene Kinder auch Einschränkungen in der sozialen Entwicklung, etwa hinsichtlich einer konstruktiven Konfliktlösung mit Gleichaltrigen.

Im Hinblick auf die Eltern-Kind-Bindung habe häusliche Gewalt das Potenzial, die Beziehungen zu beiden Elternteilen zu belasten. Nach einem Aufwachsen mit häuslicher Gewalt steige darüber hinaus auch die Wahrscheinlichkeit von Gewalt in ersten Liebesbeziehungen und Partnerschaften. Zudem könne häusliche Gewalt Kinder daran hindern,
ihr intellektuelles Potenzial auszuschöpfen.” (Auszug aus Dokumentation WD 8 - 3000 - 033/24)

Studie:

Kindler, Heinz, Kinder und Jugendliche im Kontext häuslicher Gewalt – Risiken und Folgen, in: Gute Kinderschutzverfahren, Hrsg.: Fegert, Jörg/Meysen, Thomas u. a., 6. Januar 2024, S. 321-335, abrufbar unter https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-66900-6_22 (Abre numa nova janela).

Der letzte Abschnitt aus dem Grundlagentext Kindlers sollte alle in der Kinder- und Jugendhilfe besonders aufrütteln: Gewalt an der Mutter und das Miterleben schädigt die Bindung zu beiden Elternteilen. Der Vater sabotiert damit die Bindung des Kindes zur Mutter mit seinen Handlungen direkt mit. Das Ergebnis sind Kinder, die unter Umständen zu keinem Elternteil mehr eine sichere Bindung aufweisen. Genauso erschreckend ist die Folge im nächsten Satz. Eine Wahrscheinlichkeit, dass sich die Gewalt auf erste Liebesbeziehungen auswirke, sei gegeben. Das bedeutet für Mädchen, die die Gewalt ihres Vaters an der Mutter miterleben, dass sie wahrscheinlicher selbst Gewalt in Partnerschaften erleben werden. Für Jungs heißt das, dass die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie selbst Täter oder Opfer werden. Für beide gilt zudem, dass sie der Studienlage zufolge ihr intellektuelles Potential nicht mehr voll ausschöpfen können.

Wenn wir uns in Erinnerung rufen, dass Häusliche Gewalt fast immer Männergewalt bedeutet, muss jeder und jedem, die und der “die paritätischen Rechte eines Vaters am Kind” durchsetzen möchte, klar sein, mit welchen Folgen das für das jeweilig betroffene Kind einhergeht, sowie welche gesamtgesellschaftlichen Folgen für die Entwicklung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen daraus resultieren.

Wer Gewalt an Frauen negiert, schützt Täter. Dieser Schutz ist mit Folgeschäden für mitbetroffene Kinder verbunden

Eine weitere Studie basiert auf Daten aus der Umfrage „Growing Up in Scotland“ (GUS) und untersucht die Aussagen von Kindern in Schottland im Alter von 6 bis 13 Jahren. Sie beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den Auswirkungen von Männergewalt und die Mutter-Kind-Bindung. So wurde untersucht, ob die Auswirkungen partnerschaftlicher Gewalt auf internalisierendes, externalisierendesund soziales Verhalten von Kindern durch eine stabile Bindung gemindert werden. Die Analyse zeigte, dass die untersuchten Risikofaktoren mit einem höheren Risiko für psychische Erkrankungen der Kinder, insbesondere mit externalisierenden Symptomen, verbunden seien. Zu den Risikofaktoren zählten die häusliche Gewalt, die schlechte psychische Gesundheit der Mutter sowie mütterliche Aggression. Aspekte, die zu einem geringeren Risiko für Psychopathologie führen, waren eine stabile Mutter-Kind-Beziehung, unterstützende Freunde der Kinder und eine Nähe der Mutter zu ihrer eigenen Familie. Von diesen Faktoren hatte eine stabile Mutter-Kind-Beziehung die größte Effektstärke. Die Autoren kommen daher zu der Einschätzung, dass Mütter Unterstützung bräuchten, um ihrerseits die Kinder ausreichend unterstützen zu können.” (Auszug aus Dokumentation WD 8 - 3000 - 033/24)

Studie:

Skafia, Valeria/Devaney, John, Risk and protective factors for children's psychopathology in the context of domestic violence – A study using nationally representative longitudinal survey data, in: Child Abuse & Neglect, Januar 2023, abrufbar unter https://www.sciencedirect.com/sci- (Abre numa nova janela) ence/article/pii/S0145213422005257?via%3Dihub.

Fazit zu dieser Untersuchung: Eine stabile Mutter-Kind-Beziehung habe den größten Einfluss darauf, Kinder vor den Folgen von Häuslicher Gewalt zu schützen. Danach folgen Freundschaften und eine Nähe zur Familie der Mutter. Die Autoren der Studie schlussfolgern auf Basis der Daten, dass die Mütter Unterstützung bräuchten, wenn sie ihre Kinder unterstützen sollen.

Fehlender Schutz für Mütter gefährdet die Entwickung von Kindern

Unterstützung, das heißt Schutz vor weiterer Gewalt, vor finanzieller und institutioneller Gewalt vor Nachtrennungsgewalt im Allgemeinen. Das heißt auch sicherer (Anschluss-)Wohnraum, eine finanzielle Absicherung und Ressourcen, um die eigene psychischen Traumafolgen aufzuarbeiten. Dazu gehört beispielsweise auch die Möglichkeit, eine Zeitlang in Teilzeit arbeiten zu können, ohne mit einem oder mehr Kindern zu verarmen. Die Realität gewaltbetroffener Mütter zeigt oft das exakte Gegenteil. Der Gewaltschutz bleibt häufig zugunsten von Umgangskontakten für Täter aus. Die Kinder verbringen einen hohen Zeitanteil im Täterhaushalt, werden immer wieder neu auf ihre Auffälligkeiten zurückgeworfen. Die gewaltbetroffene Frauen sind in Dauerschleife mit den Folgen für betroffene Kinder beschäftigt und leiden unter den finanziellen und gesundheitlichen Einschränkungen durch die Gewalt. Zusammen mit dem Druck von Jugendämtern und Verfahrensbeteiligten in den Familiengerichten entsteht ein Kreislauf aus fehlendem Schutz, fehlender Unterstützung, fehlender Sicherheit. Im Lauf der langwierigen und schwierigen, teils jahrelangen Prozesse verlieren viele der Frauen einen Großteil ihrer sozialen Kontakte, nicht selten auch die eigene Familie, die die Innensicht auf die Gewalt nicht teilt. Das Netz, das Kinder tragen könnte, besteht am Ende lediglich aus der Gewaltbetroffenen, die selbst keinerlei Schutz und Hilfen erhält.

Eine weitere Studie dringt auf frühzeitigen Schutz der Mutte,
um die Entwicklung von Kindern nicht zu beeinträchtigen

“Die Studie untersuchte empirische Arbeiten zum Zusammenhang zwischen Partnerschaftsgewalt und dem Entwicklungsprozess von Kindern im Vorschulalter. Nach Einschätzung der Autoren wiesen die Ergebnisse auf deutliche Korrelationen zwischen dem Miterleben von häuslicher Gewalt und einer Reihe von psychologischen und emotionalen Problemen hin. Es seien insbesondere langfristige negative Auswirkungen – sogenannte Schläfer-Effekte – festgestellt worden, die oftmals erst bei der Einschulung zutage träten.
Eine frühe Erkennung von partnerschaftlicher Gewalt bei Müttern könne daher präventive Interventionen ermöglichen, um die Entwicklung der Kinder zu fördern. (Auszug aus Dokumentation WD 8 - 3000 - 033/24)

Studie:

McIntosch, Jennifer/Tan, Evelyn u. a., Mothers’ Experience of Intimate Partner Violence and Subsequent Offspring Attachment Security Ages 1–5 Years: A Meta-Analysis, in: Trauma, Vio- lence & Abuse, 2022, S. 885-899, abrufbar unter https://jour- (Abre numa nova janela) nals.sagepub.com/doi/10.1177/1524838019888560.

Schulen in der Verantwortung – Auch der Bildungssektor
muss Strategien zur Unterstützung von Kindern entwickeln,
die Gewalt gegen die Mutter miterlebten

Viele der dokumentierten Studien, welche die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags vorstellen, zeigen schulische Schwierigkeiten und starke Leistungseinschränkungen für Kinder auf, die Gewalt miterlebt haben. Eine Studie aus Australien untersuchte Polizei- und Krankenhausakten dahingehend, ob die Kinder zwischen 2002 und 2015 häuslicher Gewalt ausgesetzt waren. Die betrachteten Straftaten waren hierbei Mord, versuchter Mord, Körperverletzung, sexuelle Nötigung, Drohverhalten und Waffenmissbrauch. Die Studie weist signifikant höhere internalisierende Verhaltensweisen, wie ängstliches Verhalten oder emotionale Probleme auf, als bei Gleichaltrigen. “Die Ergebnisse deuten nach Einschätzung der Autoren darauf hin, dass Kinder, die Partnerschaftsgewalt miterlebten, bei Eintritt in die Schule einen höheren Bedarf an Schulfördermaßnahmen hätten. Seitens der Autoren wird daher angeregt, dass der Bildungssektor evidenzbasierte und innovative Strategien zur Unterstützung von Kindern, die Partnerschaftsgewalt erleben, entwickeln sollte. (Auszug aus Dokumentation WD 8 - 3000 - 033/24)

Studie:

Orr, Carol/O ́Donnell, Melissa, School Readiness of Children Exposed to Family and Domestic Violence, in: Journal of Interpersonal Violence, 20. Oktober 2021, abrufbar unter https://jour- (Abre numa nova janela) nals.sagepub.com/doi/10.1177/08862605211050099.

Zum Abschluss eine letzte Studie, die sich mit den verschiedenen Entwicklungsstadien von Kindern und den Folgen miterlebter Gewalt beschäftigt.

“Hier kommen die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass unabhängig von der Art der mittelbaren Gewalterfahrung – wie das Sehen der Gewalt, das Hören der Gewalt oder das Beobachten von Folgen (wie blaue Flecken bei der Mutter) – Kinder und Jugendliche von partnerschaftlicher Gewalt erheblich betroffen seien. So habe etwa die Hälfte aller Kinder, die häusliche Gewalt miterlebten, emotionale und Verhaltensprobleme, die im klinischen Bereich lägen und gesundheitliche Unterstützungen erforderten. Da Säuglinge, Kleinkinder und Vorschulkinder noch nicht über die verbalen Fähigkeiten verfügten, ihre Gefühle angemessen auszudrücken, zeigten Säuglinge und Kleinkinder, die in ihren Familien Gewalt miterlebten, übermäßige Reizbarkeit, regressives Verhalten, Schlafstörungen, emotionalen Stress und Ängste. Kinder im Vorschulalter wiesen häufig psychosomatische Probleme auf, wie etwa Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, extreme Ängstlichkeit, Schlafstörungen, Albträume oder Schlafwandeln. Kinder, die im Schulalter häuslicher Gewalt ausgesetzt seien, zeigten im Vergleich zu Kindern aus gewaltfreien Familien häufiger internalisierende Symptome (Rückzug und Angst) sowie externalisierende Verhaltensprobleme (Aggressivität und Kriminalität).

Auch soziale Kompetenzen und schulische Leistungen würden bei betroffe- nen Kindern häufiger abnehmen. Jugendliche würden oft selbst zum Opfer des Angriffs, wenn sie eingriffen, um das Opfer zu verteidigen oder zu schützen. Bei fortgesetzter Gewalt würden Jugendliche oft beginnen, ein hohes Maß an Aggressivität zu zeigen. Dies sei ein Hauptrisikofaktor für schulisches Versagen, Schulschwänzen, Kriminalität und einen möglichen Drogenmiss- brauch.” (Auszug aus Dokumentation WD 8 - 3000 - 033/24)

Studie:

Walker-Descartes, Ingrid/Mineo, Madeline u. a., Domestic Violence and Its Effects on Women, Children, and Families, in: Pediatric Clinics of North America, April 2021, S. 455-464, abrufbar unter https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0031395520301838?via%3Dihub (Abre numa nova janela).

Abschluss und Einordnung

Für den Kinderschutz muss gelten: Wer Tätergewalt ignoriert und negiert, leistet einen direkten Beitrag zu schweren Folgeschäden für Kinder, welche die Gewalt miterlebt haben.

Auch ein Aufwachsen in einem Klima aus Gewalt, das Wahrnehmen der blauen Flecken am Arm der Mutter, Gewalt in jeder Form zu Erleben, hat Auswirkungen auf die Kindesentwicklung. Unmittelbare Verhaltensauffälligkeiten, solche, die erst bei der Einschulung zutage kommen, andere, die sich im Sozialverhalten äußern und langfristige, internalisierte, die zu Abhängigkeiten, Depressionen und weiterer Gewalt führen.

Diese Kinder werden bei einem untätigen Hilfesystem und bei fehlendem Schutz für ihre Mütter und sie selbst darüber hinaus um ihre schulischen Werdegänge und sogar IQ-Punkte gebracht und ihnen wird institutionell die Basis bereitet, später selbst Opfer oder

Täter zu werden.

Man muss es in aller Deutlichkeit sagen: Wer heute will, dass Väter um jeden Preis und ungeachtet der Gewalt an der Mutter – die immer zugleich Gewalt am Kind ist – ihre Rechte am Kind unterstützt bekommen, trägt direkt zu einer Gesellschaft bei, in der sich Gewalt gegen Frauen und Kinder manifestiert. Eine solche Gesellschaft vervielfacht Opfer und Täter. “Im Prinzip gegen Gewalt sein” und Frauen gleichzeitig den Schutz vor Tätern versagen, ist ein direkter Beitrag zu langfristiger Schädigung mitbetroffener Kinder. Wegsehen und raushalten ist hier aktiv Gewalt am Kind.

Hier gehts zur gesamten Dokumentation mit den vorgestellten und weiteren Studien je als Direktlink.

Tópico Kinderschutz

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