"Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei, ...." 2022 Mischtechnik/Leinwand 120 x70 cm
Zurück aus der Sommerpause
schreibe ich heute über ein Bild, welches in den letzten Monaten entstanden ist.
7 Menschen drängen sich um einen Tisch.
Auf dem Tisch steht ein Teller, auf dem Teller eine Wurst.
Für diese Arbeit habe ich Zeitung auf Leinwand collagiert, dann mit Kohle darauf gezeichnet und mit Öl- und Acrylfarbe gemalt.
Die Zeitungsfragmente, welche im Bild auch durch die Farbe sichtbar bleiben, sind nicht mehr zu lesen. Fetzen der Informationsflut der Medien, welche 24/7 darüber berichten,
wie bedrohlich unsere Situation gerade ist.
Dramatischer Klimawandel, Konflikte zwischen globalen Schwergewichten, Ukrainekrieg, Gasknappheit, Inflation und die wahrscheinliche Bankenkrise, seltener der immer noch andauernde - und schon fast vergessene - Krieg in Syrien, …. Eine erdrückende Zahl an Problemen, welche den optimistischen Blick in die Zukunft verstellen.
Die Menschheitsgeschichte ist eine Aneinanderreihung von Kriegen, Seuchen und der Unterdrückung vieler durch wenige. Immer ging es – irgendwie - weiter. Die technischen Errungenschaften, mit denen wir uns die Natur Untertan gemacht haben, konfrontieren uns jetzt mir nie geahnten Auswirkungen.
Meine Generation ist aufgewachsen in einer Zeit, in der es wohl den kalten Krieg und das globale Wettrüsten gab, auch den saureren Regen und Tschernobyl. Und doch fiel die Mauer, Deutschland war weiter Export- und Reiseweltmeister, die Welt stand uns offen, die großen Probleme schienen sich anderswo abzuspielen.
Der Kurztrip nach Indien mit dem Kegelclub, inclusive Fotosession in echten Slums, war attraktiv aus der komfortablen all-inclusiveSicht.
Die Figuren um den Tisch haben noch nicht zugegriffen.
Jeder hat seine eigene Art, sich der Tatsache, dass es für alle sieben nur 1,5 Würste gibt, zu stellen.
Die Blondine links hat einen Platz direkt am Tisch ergattert, sie hält vorsichtshalber schon eine weiße Friedensfahne in der Hand. Der Mann im Blaumann ihr gegenüber hat die Hände vor der Brust gefaltet, die Augen geschlossen, will er lieber nichts sehen - oder bereitet er sich vor, auf den Kampf um die Wurst. Das rot zopfige Mädchen am Kopfende sieht uns über den Teller hinweg direkt an. Sie verzieht keine Miene.
Die Figuren im Vordergrund trennen uns Betrachter vom schnellen Zugriff auf die Wurst.
Einem Junge, ist die zu große Krone über die Augen gerutscht, das Mädel mit Party Hut ist mit ihrem Luftballon beschäftigt, das Baby rechts hat schon das Messer in der Hand und kuckt uns vergnügt aus dem Bild heraus an. Einzig die Dame in gelb hat den Blick nach rechts, in die Zukunft gerichtet. Wir können in ihrem Gesicht nicht lesen, was sie dort sieht.
Wie können, sollen, müssen wir umgehen mit den Entwicklungen auf unserer Welt?
Wann beginnt das Hauen und Stechen, wenn der Flug in den Urlaub - vier Mal im Jahr - nicht mehr drin ist, wenn die sofortige Erfüllung der Konsumwünsche nicht bezahlt werden kann, wo wir doch die Vertagung des Glücks auf das „Leben nach dem Tod“ längst abgeschrieben haben.
Der Sommer geht zu Ende. Auch das Holz für unseren warmen Winter werden wir in den nächsten Wochen noch spalten.
Ich freue mich über Gedanken und Anregungen und über Weiterempfehlung an Menschen, die sich auch für meine Berichte interessieren könnten.
*** Julia von Troschke