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 "Möhrchen" 2019, mixed media/wood 60 x 55 cm

Steady Anfang August

Heute habe ich ein, für mich, sehr besonderes Bild ausgesucht.

„Möhrchen“ ist ein Bild, auf dem gar nicht so viel los ist.

Es gibt eine einzige Figur, welche mit Zeichenkohle Strichen auf das Holz skizziert ist.

Eine schmächtige Figur, vielleicht ein Kind. Das Wesen ist bekleidet mit einem Hasenfell. Das Fell ist weiß, an einer Art Kapuze sind Hasenohren, das Gesicht und die Arme bleiben nackt.

Wir sehen den Mensch im Profil, sein Blick ist auf eine Abbildung von Möhren oder Karotten gerichtet, die den linken oberen Bildbereich einnimmt.

Die Figur strahlt Ruhe aus, sie hat die Arme vor der Brust verschränkt.

Langohrige Wesen wie z.B. Esel oder Hasen sind dafür bekannt, Möhren nicht widerstehen zu können.

In dem Moment, den das Bild darstellt, ist nicht klar, was passiert.

Warum trägt dieses menschliche Wesen ein Hasen Kostüm?

Warum steht es vor der Abbildung von verschiedenen orangenen Erdfrüchten?

Die Arme sind vor dem Oberkörper gekreuzt, eine reservierte, eine ablehnende Haltung.

Es lässt sich nicht locken, sie verweigert sich die Hasenrolle zu spielen?

Unser aller Leben wird durch omnipräsenten Medien geprägt. Bild und Text versprechen uns unaufhörlich, dass wir dringend etwas benötigen um dann endlich glücklich, gesund, attraktiv oder erfolgreich zu sein. Die Wunscherfüllung ist nur einen klick entfernt.

Die Herausforderung, das Dauerrauschen zu unterbrechen, sich der Gefahr zu stellen, existentiell Wichtiges zu verpassen und – für einen Weile – nicht Teil des WORLDWIDEWEBS zu sein, wird für immer mehr Menschen, immer schwerer zu bewältigen. Ganze Bücher und Ratgeber werden zu dem Thema - wie eine Pause möglich werden kann - verfasst. Verlust von dem eigenen Smartphone kann zu Panikattacken führen. Wie werden wir mit Einschränkungen, die durch die Klimakrise, den Ukrainekrieg, die Inflation nötig werden - umgehen? Wie kann man verzichten lernen in einer Gesellschaft, in der ein Jenseitsversprechen im Paradies nicht mehr geglaubt wird? 

Das Bild beantwortet keine Frage, es lädt ein sich selbst Gedanken zu machen.

„Möhrchen“ ist eines meiner Lieblingsbilder, es wurde schnell gekauft.

Manchmal fehlt es mir.

Wie immer freue ich mich über Anregungen und Rückmeldungen.

Ich wünsche schöne Sonnensommertage und den nötigen Schatten!

*** Julia

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