Prüfstand
Wie radikal bist du? Prüfst Du manchmal Deine „Umstände“? Oder musst Du dafür erst in die Reha?
Neulich ist es wieder passiert: Da telefoniere ich mit einem alten Freund. Er berichtet, warum er sich so lange nicht gemeldet hat. Er konnte einen Morgen einfach nicht mehr aufstehen. Ging nicht. Jetzt ist er in der Reha und denkt über sich und sein Leben nach.
Machst Du das auch manchmal?
Oder musst Du dafür erst in die Reha?
Vor einer Weile habe ich das Buch „Trennt Euch!“ gelesen (Buchbesprechung auf 7vierzig.de (Abre numa nova janela)). Ich musste während des Lesens an eine Phase in meinem Leben denken, in der ich sehr unzufrieden war – es aber gar nicht so erkannt habe.
Ich weiß heute sehr genau, dass ich mir deutlich später sehr übel genommen habe, warum ich mich selbst damals so schlecht behandelt habe. Warum ich mich und meine Gefühle ignoriert habe.
Im „Trennt Euch!“-Buch geht es darum, die eigene Beziehung mal etwas analytisch und von außen zu betrachten. Das muss gar nicht zwingend zur Trennung führen.
Liebe ist wichtig für eine Beziehung, schreibt der Autor Thomas Meyer. Aber Liebe ist nicht der einzige Grund dafür, warum eine Beziehung hält.
Wenn es dich reißt
Rückblickend ist es immer leicht, eine Situation zu bewerten. Von außen ist es auch immer leicht, ein schnelles Urteil zu fällen. Aber im Grunde ist das Leben doch immer wieder so, dass man im Wald steht und die Bäume nicht sieht.
Oder nicht sehen will.
Ich habe hier im Newsletter schon mehrfach darüber geschrieben, dass mir immer wieder Leute begegnen, die es aus dem Leben reißt.
Denn: Dein oder mein Leben könnte heute, jetzt, in einer Minute vorbei sein. Klar kann man in einer Minute nichts mehr ändern. Aber vielleicht wäre es doch mal klug, darüber nachzudenken, ob es Dinge im Leben gibt, die du – bevor es Dich umhaut – anders haben willst.
Radikaler Schnitt?
Vielleicht wäre sogar mal gut, über einen radikalen Schnitt nachzudenken. Den musst du ja nicht gleich durchziehen. Aber wenigstens mal darüber nachdenken.
Wie fühlt sich das an? Regt sich da tief in dir drin etwas?
Meistens sind es doch fiese Lebensumstände, die in unserem Alter zu Veränderungen führen. Nicht selten ist es die Gesundheit, die sagt: „Stopp, bis hierher und nicht weiter!“
Wäre es da nicht klüger, diese Umstände selbst herbeizuführen und einmal radikal Bilanz zu ziehen? Und die eigene Situation zu bewerten?
Mit sich alleine sein
In einem der vielen Seminare, die ich besucht habe, kam einmal der Tipp: Fahrt alle paar Wochen mal ein Wochenende für euch alleine weg. Nehmt euch ein Pensions-Zimmer, geht spazieren, seid nur mit euch selbst.
Dann habt ihr die Chance, mit euch selbst in Verbindung zu bleiben, falls ihr es überhaupt jemals wart.
Ich glaube, das ist das, was mich heute noch so ärgert über meine Vergangenheit: Dass ich so wenig mit mir selbst in Verbindung war. Eigentlich habe ich es die ganze Zeit gespürt, dass ich unzufrieden bin, dass ich unglücklich bin.
Manchmal bin ich an den Straßenrand gefahren, wenn ich unterwegs war, und habe gedacht: „Was ist mit mir?“
Aber ich war ja auch nicht richtig richtig unglücklich, sondern nur so ein bisschen unzufrieden, dachte ich… oder traurig.
Unzufrieden
Ab wann ist ein bisschen unzufrieden eigentlich zu viel?
Dieses sich selbst spüren – zu wissen, wann es einem richtig gut geht und sich das auch zu erlauben… Das ist schon eine Fähigkeit, die nicht viele Menschen haben.
Wir neigen dazu, uns an unseren Alltag zu klammern. Gewohnheiten sind gut, sie geben Sicherheit. Und Sicherheit ist ein menschliches Grundbedürfnis.
Aber wenn ich mir anschaue, zu welchen glücklichen Momenten mich schon radikaleres Denken oder konkrete Veränderungen gebracht haben, dann muss ich leider zu dem Schluss kommen: Gewohnheit ist nicht immer gut.
Im übrigen, das weiß ich aus eigener Erfahrung, ist es dabei ziemlich unproduktiv, sich selbst als Opfer von Umständen oder anderen Menschen zu sehen.
Viel ratsamer ist es, sich bewusst zu machen, wie viel Verantwortung man an dem eigenen Zustand hat.
Wie hart bist du?
Ich hoffe, du schaffst das: Einfach mal radikal über deine Ist-Situation nachdenken und Schlüsse daraus ziehen. Wenn du spürst, dass du unglücklich bist oder wenn du Dinge heimlich tun musst, dann ist wahrscheinlich irgendwas nicht richtig in deinem Leben.
Ich wünsche dir, dass du selbst zu der Erkenntnis kommst und nicht von einem blöden Ereignis dazu gebracht wirst. Das ist nämlich härter als selber hart zu sein.
Oder wie Thomas Meyer in „Trennt Euch!“ sinngemäß schreibt: Nicht der ist die miese Sau, der sich trennt. Sondern der, der es nicht tut.
Liebe Grüße!
PS: Was mir gerade noch einfällt: Vielleicht hätte ich Veränderung erreichen können, wenn ich… selbst unerwartet gehandelt hätte. Nicht so selbstverständlich für meine Umwelt gewesen wäre, wie ich es war. Nicht immer versucht hätte, die Erwartungen von anderen zu erfüllen.
Vielleicht ist es manchmal wirklich ganz gut, bockig oder sperrig oder einfach komisch zu sein. Oder, wie mal eine sehr gute Coachin zu mir gesagt hat: Seien sie doch mal etwas mehr Arschloch, Herr Stawowy!
Okay, das fällt mir immer noch schwer.
P.P.S.: Ich habe die Twitter- und Facebook-Apps vom Smartphone gelöscht (Abre numa nova janela)! 💪👍