Tage wie im Traum 

Ferien in Putins Lodge/ Ideen statt Erdöl/ Neuer Podcast "Quoted"/ Der Doktor und das liebe Vieh S2/ Nigel Slater besinnt sich

Das Foto zeigt die Wartehalle des alten Bahnhofs von Völklingen durch eine Glastür. Man konnte die Halle, als ich neulich davor stand, nicht betreten. Beim Hineinsehen hatte ich den Eindruck einer Erinnerung, aber wie an einen Traum. Ich weiß, dass ich dort kaum je gewesen sein kann, aber es kam mir doch vertraut vor, wie aus einer vergessenen Kindheitsepisode. 

Derzeit verschwindet die Grenze zwischen Wirklichkeit und Traum. Hätte man lange geschlafen und würde nun plötzlich Robert Habeck mit schwarzer Krawatte sehen, der uns erklärt, dass und warum wir nicht wegkommen von russischem Gas, während die deutsche Wirtschaft erpressbar ist und erpresst wird – man würde es weiterhin für geträumt halten wollen. 

Eines Nachts oder in den frühen Morgenstunden erwachte ich in einer hellen Suite, deren gläserne Front sich auf die weite sibirische Landschaft öffnete. Der Himmel war weiß, drinnen aber war es gut beheizt. Dunkle Tierfelle lagen herum, zur Deko. Es gab Tee, alles war ganz modern. Ich war zu Gast bei Wladimir Putin. Er machte Scherze und kümmerte sich, aber ich wusste, dass ich nichts anfassen oder zu mir nehmen darf. Ich fragte mich, ob ich ihm sagen soll, dass er am Ende ist ? Vor allem aber wollte ich andere Gäste warnen, per Bewertung auf  der Buchungsapp: Nice, aber Novichok. 

Verkehrte Welt: Mein Traum deutete die Wirklichkeit.  In den vergangenen Jahren wollte die Bundesrepublik Ferien machen vom ökologischen Umbau der Industriegesellschaft, vom universellen Kampf um Menschen- und Bürgerrechte, ja von der Geschichte. Der Wirt wusste, was wir wünschten: warm, nicht zu teuer, schön komfortabel.  Heute erweist sich die "permanente Gegenwart" der Partnerschaft mit Russland als Falle und wir erwachen in einer fatalen Abhängigkeit. Höchste Zeit zum Auschecken.

Das Thema der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen begleitet mich schon ein Leben lang. Als ich zehn war, gab es in Frankreich - damals von den behäbigen Gaullisten regiert – einen Informationsspot, der die Lage gut beschrieb und heute genau so wieder ausgestrahlt werden könnte. Das Land hat alles mögliche, aber nun mal kein Öl. Der Slogan wurde berühmt: In Frankreich haben wir kein Erdöl, aber wir haben Ideen. 

Dann folgte eine ambitionierte Kampagne mit Tipps zum Energiesparen. Nach meiner Erinnerung fanden es alle gut. Warum machen wir das nicht wieder? 

Es gibt etwas Neues an der Podcastfront: Kommende Woche startet "Quoted" ein Medienpodcast von SZ und Civis-Medienstiftung, den ich mit Nadia Zaboura hoste. Alle 14 Tage besprechen wir aktuelle Themen aus der Medienwelt mit besonderem Fokus auf Migration und Integration, hier gibt es schon mal einen Trailer:

Schwer zu sagen, was mich schon früh an den Tierarztgeschichten von James Herriot interessierte. Sie sind intellektuell übersichtlich, handeln von vergessenen Zeiten in entlegenen Provinzen und sind weitgehend überraschungsfrei. Dennoch habe ich sie gern gelesen, die Verfilmungen geschaut und sogar einmal versucht, die Kinder dafür zu begeistern, die mich allerdings nur verständnislos ansahen. 

Naja. Jedenfalls gibt es nun eine neue Verfilmung, die vielleicht sogar noch antiseptischer ist als die alte, aber sei‘s drum. Zwischen Pandemie und russischem Krieg kann man das gut vertragen. 

Die neuen Probleme haben unsere alten Probleme verdrängt. An den Brexit denke ich kaum noch, schaue mit Milde auf die Insel. Daher freut es mich, nach längerer Zeit mal ein schönes Rezept  von Nigel Slater posten zu können. An manchen Tagen kann ich nur den Kopf darüber schütteln, womit er uns da kommt, heute aber bin ich sehr mit ihm einig: Durch ein Sonntagshuhn bessere Zeiten beschwören! (Was das komische Gebäck danach soll? Seufz)

Kopf hoch,

ihr

Nils Minkmar 

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