Warum öffentlich, wenn auch eine Hinterzimmer-Lösung geht
Der Rat entscheidet sich für ein nicht-öffentliches Verfahren beim hochsensiblen Thema: Aufsichtsratstantiemen
Die letzte Ratssitzung liegt schon ein paar Tage zurück. Sie fand am letzten Mittwoch im Oktober, also dem 26. Oktober statt. Alle Berichte, die dazu zu schreiben waren, sind geschrieben und gelesen worden. Gleichwohl wollen wir zu dieser Ratssitzung an einer konkreten Stelle noch einmal etwas genauer einen Punkt hinterfragen. Nämlich den, wo es um die beiden Tagesordnungspunkte geht, die die beiden städtischen Tochtergesellschaften betreffen, die Westfälische Bauindustrie (WBI), die u.a. die städtischen Parkhäuser bewirtschaftet und Wirtschaftsförderung Münster GmbH (WFM). Bei diesen beiden Punkten hat uns das Abstimmungsverhalten der Parteien der Rathauskoalition also der Grünen, von SPD und von Volt und der CDU-Fraktion interessiert. Die Internationale Fraktion, zu der auch die ÖDP gehört vertreten durch den Ratsherren Michael Krapp hatte bei diesen Punkt - vielleicht etwas spontan und ohne die im Rat anscheinend sonst üblichen Vorabsprachen - den Antrag gestellt, diese beiden Tagesordnungspunkte in öffentlicher Sitzung zu behandeln. Krapp hatte argumentiert, da ginge es ja auch um die Vergütungen der Aufsichtsräte, die ja meist auch aus dem Rat käme und Kommunalpolitiker*innen sind. Das wäre, fand er von öffentlichem Interesse und so könne der Eindruck einer Hinterzimmerpolitik vermieden werden. Um es abzukürzen. Sein Antrag wurde mit den Stimmen von Grünen, SPD, Volt und CDU abgelehnt. Resultat: Nun werden die Aufsichtsrät:innen jetzt selbst in nichtöffentlicher Aufsichtsratssitzung ihre eigenen Vergütungen beschließen. Da ja alle Parteien sich gerne Transparenz auf ihre Fahnen schreiben, haben wir uns mal die Mühe gemacht und haben alle vier Fraktionen angeschrieben, und sie um eine Erläuterung ihres Abstimmungsverhaltens gebeten. Ernüchterndes Resultat nach eine Woche Karenzzeit: Nur die grüne Ratsfraktion hat geantwortet, die anderen haben die Nachfrage links liegen gelassen. Die Antwort von finanzpolitischen Sprecher der grünen Ratsfraktion, Albert Wenzel drucken wir hier einmal ungekürzt ab.
Bild: Der finanzpolitische Sprecher der grünen Ratsfraktion, Albert Wenzel, hat immerhin geantwortet. Foto: Paul Metzdorf
„Grundsätzlich sind sowohl die auf Vorschlag der Verwaltung getroffene Regelung als auch der Vorschlag der Internationalen Fraktion (IF) denkbar. Allerdings beruht der Verwaltungsvorschlag auf einer Absprache zwischen Verwaltung und den Fraktionen im Ältestenrat. Da die städtischen Gesellschaften sehr unterschiedlich sind, hat man sich im Ältestenrat gegen einheitliche Vorgaben entschieden. Ein solches Vorgehen wurde zudem bereits in der Septembersitzung des Rats für die Konversionsgesellschaft Konvoy beschlossen, ohne dass dies thematisiert wurde. Dass die IF (Internationale Fraktion) wenige Minuten vor Beginn der Ratssitzung nun mit einer Tischvorlage das Verfahren ändern wollte, machte eine Diskussion innerhalb unserer Fraktion und der Koalition unmöglich. Hinzu kommt: Auch beim gewählten Verfahren bleibt der Rat letztlich Herr des Verfahrens – die Mitglieder des Aufsichtsrats werden vom Rat gewählt, sie müssen das Vertrauen des Rates genießen. Die gewählten Aufwandsentschädigungen werden mit dem Geschäftsbericht dem Rat vorgelegt – sind also öffentlich. Und im aus unserer Sicht unwahrscheinlichen Fall, dass eine Mehrheit im Aufsichtsrat das in sie gesetzte Vertrauen missbraucht, kann der Rat als Gesellschafterversammlung weiterhin eingreifen. Deshalb können wir mit dem gewählten - üblichen - Verfahren gut leben und sehen die Rechte des demokratisch gewählten Rats gewahrt." Immerhin eine Antwort von vier möglichen. Eine Diskussion hat sich zu dieser Frage anschließend auch nicht im Rat entsponnen. Ob der geneigte Wähler Leser das versteht - fraglich. (fb)
Foto: Michael Krapp hat den langjährigen ÖDP-Ratsherren Franz Pohlmann (links) beerbt und arbeitet jetzt in der Internationalen Fraktion (IF) mit.
Hier noch die beiden Ratsanträge, um die es ging
https://www.stadt-muenster.de/sessionnet/sessionnetbi/vo0050.php?__kvonr=2004051019 (Opens in a new window) https://www.stadt-muenster.de/sessionnet/sessionnetbi/vo0050.php?__kvonr=2004050702 (Opens in a new window)
P.S.: Die MVZ-Redaktion hat vor in Anlehnung an Max Webers Politik als Beruf, eine ausführliche und gründliche journalistisch-politologisch empirische Untersuchung zu diesem Arbeitsthema anzugehen: „Kommunales politisches Engagement und materielle Entschädigung - unter besonderer Berücksichtigung des § 45 GO. Anmerkungen zu einem komplexen Verhältnis" Wer uns dabei mit einem Recherchestipendium unterstützen möchte ….