So überwand der Perlentaucher die Krise der Informationsökonomie
Der Perlentaucher (Opens in a new window) ist ein Kulturmagazin im Netz mit Presseschauen, Kolumnen, Buchkritiken und anderen Artikeln. Lange lebte es hauptsächlich von Werbung, doch als die Anzeigenerlöse zurückgingen, reichte das allein nicht mehr aus.
Das Team machte sich auf die Suche nach neuen Erlösmodellen und bietet nun schon seit 2018 Mitgliedschaften an. Inzwischen unterstützen über 2.000 Mitglieder das Magazin mit fast 10.000 Euro im Monat.
Die Sicherheit ermöglichte dem Team, Neues zu probieren: Unter anderem hat es den digitalen Buchladen eichendorff21 (Opens in a new window) eröffnet, in dem Mitglieder versandkostenfrei bestellen. Im Gastbeitrag aus unserem Archiv, erstmals veröffentlicht im Oktober 2019, schreibt Mitgründer Thierry Chervel darüber, welche Rolle Steady dabei gespielt hat.
Von Thierry Chervel
Der Perlentaucher (Opens in a new window) ist ein Methusalem in der deutschen Online-Szene. Im nächsten Jahr [2020] feiern wir 20. Jubiläum. Als wir anfingen, war Google in Deutschland noch unbekannt. Niemand wusste, was ein Blog ist, und es existierten weder soziale Medien noch Smartphones. Und wir dachten: Wir sollen als Medium möglichst schnell online gehen, weil es alle anderen auch tun werden.
Nach ein paar Jahren guckten wir uns um und stellten fest: Wir sind ganz allein. Es waren in Deutschland kaum genuine Online-Medien entstanden, schon gar nicht solche, die sich — wenn auch mit Ach und Krach — aus eigenen Kräften refinanzieren konnten.
Seit 2000 stellt sich heraus, dass es eine Krise der Informationsökonomie gibt, die immer noch nur zum Teil benannt ist: Zeitungen stöhnen zwar gern auch öffentlich übers Netz, aber sie geben ungern zu, dass sie in den letzten zwanzig Jahren ihren Umfang fast halbiert und ihre Preise fast verdoppelt haben.
Beim Perlentaucher gab es schon früh die Möglichkeit zu spenden
Auch der Perlentaucher spürt die Krise, denn sie betrifft alle Medien, nicht etwa nur Print. Längst müsste über neue Erlösmodelle nachgedacht werden. Journalismus müsste als gemeinnütziger Zweck anerkannt werden — aber davon hätte der Perlentaucher nichts, denn wir sind ein Unternehmen, keine NGO. Es muss auch andere Formen der Unterstützung, der Mitgliedschaft, der Bindung, ja des Engagements des Publikums geben.
Der Perlentaucher hatte schon vor Jahren eine Spendenmöglichkeit eröffnet, und es hatte sich durchaus gezeigt, dass treue Leser:innen in die Tasche greifen, um uns lesen zu können. Das Neue an Steady ist für uns erstens die professionelle Organisation dieser Idee, zweitens ein Denken in Richtung Mitgliedschaft.
Durch Steady haben uns die Leser:innen quasi gerettet, denn unsere Hauptanzeigenkunden, die Buchverlage, werden in den letzten Jahren immer schüchterner (die Zeitungen, deren Herbstbeilagen in zwanzig Jahren von 64 auf 16 Seiten zusammengeschnurrt sind, können ein Lied davon singen).
Die Mitglieder ermöglichen dem Team, einen Buchladen zu eröffnen
Durch Steady tragen die Leser:innen inzwischen etwa zwanzig Prozent der Einnahmen, die wir brauchen, bei. Und vor allem: Sie haben uns abgesichert und Spielraum gegeben, den wir nun nutzen werden, um einen Buchladen im Netz zu eröffnen: Eichendorff21 (Opens in a new window) (zugleich unsere Adresse und eine Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart im Namen, wie wir finden).
Eichendorff21 soll die Idee des Qualitätsbuchladens ins Netz übertragen, nur Bücher anbieten, nur gute, sozusagen, thematisch in Slidern, die wie Büchertische funktionieren, „ausgelegt“.
Der Perlentaucher beobachtet ja den Markt, kann „kuratieren“, wie es heutzutage so schön heißt! Und vor allem kann er den Steady-Leser:innen etwas zurückgeben, indem er ihnen Versandkosten verringert oder erlässt: Und so wird aus dem virtuellen Club ein realer Club, und der Perlentaucher verstärkt seine Basis und kann Neues probieren.
Auf Steady (Opens in a new window) kann jede:r Mitglied bei Perlentaucher werden: