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Noltes Notizen | 13. Januar 2023

Liebe KLup-Freund:innen,

"Frühstück mit Zitronentee, dazu Brot mit Marmelade und ein Joghurt;  Mittag- und Abendessen mit abwechselnden ersten Gängen aus Nudeln oder Reis, Hauptgerichten aus Fisch oder weißem Fleisch (seltener ein Filet),  einer Beilage aus Gemüse oder Kartoffeln in verschiedenen  Zubereitungsarten, Obst und manchmal einem Dessert". Sonntagsabend ging es etwas bayerisch-deftiger zu, "mit Schwarzbrot, Würstchen und Bratwürsten,  manchmal Leberkäse und natürlich Bier". Fanta war bis zuletzt sein Lieblingsgetränk. "Und ich muss sagen, dass er nie irgendwelche Verdauungsprobleme hatte!"

Mit diesen spektakulären Details inklusive unsinnig gesetzter Ausrufezeichen aus dem nicht minder spektakulär angekündigten Buch von Erzbischof Georg Gänswein über Benedikt XVI. wollen wir es zu diesem Thema bewenden lassen. Wenn derlei Informationen für so wichtig gehalten werden, dass sie für alle Zeiten in einem Buch festgehalten und der Nachwelt zur erbaulichen Lektüre dargeboten werden, möchte ich mir lieber nicht vorstellen, von welcher Bedeutsamkeit das gesamte Werk sein könnte.

Erzbischof Georg Gänswein. (Foto: Evandro Inetti / Zuma Wire/Imago)

16.000 Klicks 

Wenn man andererseits bedenkt, dass allein unsere Meldung mit der Ankündigung dieses "Enthüllungsbuchs" (Opens in a new window)weit mehr als 16.000 mal geklickt wurde, stellt sich uns die Frage: Gibt es da tatsächlich ein Interesse? Müssten wir doch mehr darüber berichten? 

Fragen wie diese beschäftigen uns und werden uns in Zukunft sicherlich noch mehr beschäftigen. Denn natürlich brauchen wir mit unserem Angebot Reichweite - nicht nur, weil es unserem redaktionellen Ego schmeichelt, sondern aus handfesten wirtschaftlichen Gründen, etwa wenn es um Anzeigenkunden gehen soll. Reichweite bekommen wir beispielsweise mit solchen eher boulevardesken Meldungen - und damit womöglich auch ganz nebenbei Aufmerksamkeit für unser weiteres Angebot. Wie ihr wisst, arbeiten wir derzeit im Hintergrund intensiv daran, wie wir unser Digitalangebot so weiterentwickeln können, dass es auch in Zukunft journalistisch wie wirtschaftlich erfolgreich, professionell, zeitgemäß und kreativ sind. Welche Themen, welche journalistischen Genres, welche publizistischen Formate braucht es dafür, dass ihr wie möglichst viele andere Menschen gern und regelmäßig und mit persönlichem Mehrwert zu uns kommen und unsere verschiedensten Beiträge sehen?

Meldungen zum Vergessen

Ganz wichtig: Natürlich dürfen und werden wir nicht beliebig werden, nicht banal. Aber vielleicht braucht es doch auch die eine oder andere leichtere Geschichte; Beiträge, die nicht immer allzu schwergewichtig sind; Stories mit Augenzwinkern und schlichtweg Freude oder Spaß beim Lesen. Und natürlich auch Meldungen, die man nicht allzu ernst nehmen, sondern gleich nach dem Lesen getrost wieder vergessen darf.

Mitunter allerdings sorgen offenkundig auch Protagonisten in der Kirche dafür, dass es eher unterkomplex zugeht. Oder zu bubble-mäßig. Oder zu offenkundig geschäftstüchtig. Oder schlichtweg peinlich. Manchmal müssen wir dann darüber berichten - damit sich jeder ein Bild davon und eine Meinung dazu machen kann. Warum sollen nur wir Journalisten in unseren Redaktionsstuben den Kopf schütteln - und das Volk Gottes außen vor lassen?

Ein echter Skandal

Foto: Harald Oppitz / KNA

Einen wahrlich echten Skandal (im Unterschied zu dem, was angeblich im Vatikan enthüllt hatte werden sollen) haben wir gestern öffentlich gemacht: Ganz offensichtlich hat sich die Zahl der Kirchenaustritte 2022 nochmals erhöht, in manchen Orten sogar verdoppelt. Das haben wir im Newsroom recherchiert, nachdem erste Pfarreien auf ihren Homepages aktuelles Zahlenmaterial vom vergangenen Jahr veröffentlicht hatten. Mein Kollege Jens Joest hat dann stichprobenartig in mehreren anderen Pfarreien sowohl im Oldenburgischen als auch im Münsterland und am Niederrhein nachgefragt, und so entstand das dramatische Bild, über das wir gestern berichtet haben (Opens in a new window).

Jens hat diese Recherche auch kommentiert - mit einer Überschrift, die einmal mehr und völlig zu Recht zum Kopfschütteln animiert: "Ein Kirchenaustritts-Rekord nach dem anderen - und nichts passiert." (Opens in a new window) Neben den kirchensteuerlichen Negativ-Effekten, die das nach sich zieht, hat diese Entwicklung - dadurch mitbedingt - dramatische Folgen für die gesellschaftliche Relevanz und Wirksamkeit der Kirche. Ganz besonders aber gilt: "Unter den Austritten leiden die Aktiven an der Basis, ohne etwas dafür zu können", wie Jens schreibt. Im Gegenteil: Ohne dieses Engagement sähe die Sache vermutlich noch erheblich düsterer aus.

Neben den so wichtigen regionalen Berichten, Reportagen, Porträts und Interviews in Texten und Videos, die genau dieses Engagement zeigen (habt ihr schon dieses großartige Sternsinger-Video aus Epe (Opens in a new window)von Michael Bönte gesehen?), sind es solche aktuellen und schnellen Recherchen, die "Kirche-und-Leben.de" als professionelles, verlässliches und informatives Magazin auszeichnen. 

Leuchtendes Beispiel

Himmelsleiter an der Lambertikirche in Münster. (Foto: Serienlicht/Imago)

Ein weiteres Beispiel dafür ist heute Abend online gegangen: Seit Wochen begeistert die Himmelsleiter in Münster, ein Kunstprojekt an und in der Lambertikirche auf dem Prinzipalmarkt, Bürger:innen und Besucher:innen gleichermaßen. Eine Online-Petition setzt sich jetzt dafür ein, dass diese abends in den dunklen Himmel leuchtende Leiter auch länger als bis März zu sehen sein soll. Denn in der Tat bewegt sie viele Menschen, rührt sie an - was will Kirche mehr? Letztlich ist das natürlich auch eine Kostenfrage, aber nicht nur. 

Jan Dirk Wiewelhove hat sich der Sache angenommen, hat mit Lambertipfarrer Hans-Bernd Köppen, aber natürlich auch mit der Initiatorin gesprochen - und in seinem Beitrag einen Link für alle die bereitgestellt, die sich diesem Ansinnen anschließen wollen. Hier könnt ihr seine Geschichte lesen (Opens in a new window).

Dreizehn!

Was ist wichtig? Die Frage stellen wir uns immer wieder. Heute Morgen bin ich auf dem Weg zur Arbeit im Radio gleich mehrfach darauf hingewiesen worden, dass ja heute Freitag der Dreizehnte ist. Da wurde natürlich viel herumgealbert über Aberglaube einerseits und die putzigsten Katastrophen-Erlebnisse andererseits. 

Ist das wichtig? Vielleicht nicht in dem Sinn, dass man ohne diese Informationen den Tag nicht überlebt. Aber vielleicht ist es dennoch ganz spannend zu wissen, dass natürlich der Freitag selbst schon einen christlichen Hintergrund hat - nämlich als der Katastrophentag schlechthin, weil am Freitag traditionell des Todes Christi wie an Karfreitag gedacht wird. Und dann hängt die 13 natürlich mit der Zwölf zusammen. Die gilt christlich betrachtet als gut bis sehr gut, heilig eben: die zwölf Stämme Israels, die zwölf Apostel, die zwölf Tore des Neuen Jerusalem mit zwölf Engeln ... Das ist Vollkommenheit in Perfektion. Bekanntlich aber gab es auch einen Apostel, Judas, der als "Verräter" zur Nummer 13 wurde - und Matthias wurde nachträglich zum Zwölften. Das Böse sprengt die Zwölf. Es geht aber auch ganz anders: Im Judentum, so ist zu lesen, sei die 13 die göttliche Zahl und damit eine Glückszahl, weil sie über der Zwölf steht. 

All das mag mitschwingen, wenn der 13. auf einen Freitag fällt. Muss man das wissen? Nein, muss man nicht. Aber, wie gesagt, es ist ein spannendes Wissen, das eine gewisse Tradition, ein Brauchtum oder einen wie auch immer lebendigen Aberglauben erklärt. Ein bisschen Alltagswissen - und zugleich ein Wissen, das hinter unseren Alltag schaut. Auf das, was Menschen womöglich seit Jahrhunderten immer wieder umtreibt - die Frage danach, woher das Böse kommt, ob es etwas gibt, das unser Leben bestimmt, lenkt, leitet oder behütet. Wie frei wir sind in dem, wie wir unser Leben gestalten wollen. Wie sehr wir uns im Griff haben - oder eben auch nicht. Wovon wir uns Angst einjagen lassen - oder eben auch nicht. ... Im Oktober, wenn der 13. wieder auf einen Freitag fällt, erklären wir das dann auch auf "kirche-und-leben.de" ...

In der Hoffnung, dass dieser Freitag für euch gut ausgegangen ist oder noch ausgeht, wünsche ich allen ein erholsames, muckeliges Wochenende trotz allen Regens und aller Düsternis - mit hoffentlich nahrhafteren Erkenntnissen als jenen gastroenterologischen eines römischen Kurienerzbischofs.

Guet goahn!

Markus Nolte