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Thalaris Almanach: Der Blutzoll von Kathorra

Für meine Leserschaft, nicht nur die Mitglieder, sondern wirklich alle, heute einmal eine kleine Konzeptstory. Ich nutze solche gern, wenn ich mir Gedanken über die Backstory einer Figur, einer Gegend oder eines Ereignisses mache.

Ja, genau, dann schreibe ich eine ganze Geschichte.

Das hilft mir, mich in der Welt zu bewegen, die Motivationen zu finden. Ein Gefühl für die Gegend zu bekommen. Und dann kommt der Flow. Aus einem Konzept entsteht dann oft mehr. Das ist für mich Schreiben!

Zum Verständnis: Wer Teil 1 „Die Frau am Feuer“ gelesen hat, diese Geschichte wurde ihr erzählt, als sie auf einen Paladin traf. Einen, mit überragenden Fähigkeiten.

Und diese Geschichte wurde erzählt:

Einst war das Haus Wyrann das Größte und Mächtigste in Kathorra. Diesen Umstand sicherte es durch eine spezielle Garde, bestehend aus Paladinen. Nicht irgendwelche Paladine, nein! Diese Krieger bekämpften die Dunkelheit mit dem Licht, waren jedoch auch Meister darin, die Dunkelheit selbst zu kontrollieren. Sie waren in der Lage, das Sein eines Wesens zu beherrschen und sein Ist an sich zu binden. Etwas, was kein Paladin jemals zuvor getan hatte.

Die Krieger waren ihrem Haus stets treu und nur, wer in den Ländern Wyranns geboren wurde, durfte eine Ausbildung bei ihnen beginnen. Sie hielten jegliches Unheil von den Ländereien fern und sorgten für das Wohl ihrer Herrin. Für lange Zeit.

Nach vielen Zyklen geruhsamer Herrschaft machte ein anderes Haus Wyrann den Rang streitig. Das Haus Lioloryen, eine Familie elfingischen Ursprunges, strebte danach, Kathorra zu kontrollieren. Nun könnte man sagen, dass die Elfinger stets edlen Gemütes seien. Doch das wäre gelogen. Denn auch wenn oft die mit ihnen nicht verwandten Dunkelelfen in allerlei Geschichten für Gräueltaten herhalten müssen, so waren es doch die Lioloryen, die nicht minder nach Blut dürsteten. Diese Elfinger stammten einem uralten Geschlecht ab. Dessen Name verflog im Nebel der Zeit. Doch hinterließ es großartige Waffenmeister, Seelenschmiede und Elementechs.

Eines Tages wurde der Sohn der Herrin Lioloryens krank. Baliorm Renaswen, der Stolz der Familie, fiel einer Finsternis anheim, die kein übliches Mittel bekämpfen konnte. Die Herrin weigerte sich, der Empfehlung der Heiler nachzukommen. Stattdessen trat diese an das Haus Wyrann heran und hoffte, dass die Paladine die Dunkelheit in ihrem Sohn bezwingen würden. Wyrann weigerte sich. Warum, kann heute niemand mehr sagen.

So fasste die Herrin Lioloryens einen fatalen Entschluss. Anstatt ihren Sohn zu erlösen, ließ sie von den besten Seelenschmiedinnen eine Rüstung herstellen. Die Elementechs sorgten mit den mächtigsten Runen dafür, dass seinem Körper kein Leid geschah. Dann wurde dieser an die Rüstung gebunden. Das Wunderwerk enthielt jedoch nichts als seinen Geist und seine Aura. Offiziell hieß es, Baliorm sei genesen. Die Folge seiner Erkrankung mache es notwendig, dass er diese Rüstung tragen müsse. 

Baliorms Geist wurde von dieser Art zu leben in Mitleidenschaft gezogen. Er ertrug dieses Dasein nicht. Dies war die eine Seite und hier ließe sich die Geschichte gut mit seinem Tod beenden. Doch die andere Seite, die wahre Seite, gilt als gesichert.

Baliorm spürte die Macht, die seine neue Existenz mit sich brachte. Und entschied, sich an Wyrann für die unterlassene Hilfe zu rächen. 

Die Leibgarde der Herrin Wyranns wurde von Orianna Faenal geführt, einer Meisterin der Kontrolle von Licht und Dunkelheit. Doch nicht diese erkor Baliorm als sein Racheopfer aus. Er ging direkt an ihre Essenz, an jenes Wesen, was die Paladin dazu erwog, morgens aufzustehen und mit Leib und Seele ihr Land zu schützen: ihre Tochter Phira.

Phira galt als Nachwuchshoffnung für die Meisterin der Seelenschmiede und war ein kreativer Kopf. Sie wurde von allen gemocht und war gern gesehen. Von ihrer Mutter zu einer mehr als passablen Kämpferin ausgebildet, wandte sie sich doch beizeiten der Seelenschmiedekunst zu.

Baliorm passte sie an der Landesgrenze zu Wyrann ab und zwang sie durch Hohn und tätliche Angriffe zum Kampf. Sie fochten lange, beide setzten ihr gesamtes Können ein. Doch Phira spürte, dass sie nicht gegen Baliorm selbst kämpfte, sondern gegen eine leere Rüstung. Sie erkannte, dass sie keine Chance auf einen Sieg hatte.

Es wurde von Wanderern berichtet, die das Spektakel aus der Ferne beobachteten, Phira wäre auf die Knie gegangen und von hätte sich ergeben. Doch das ist nur eine Behauptung von Leuten, die nicht wussten, dass Angehörige von Wyrann niemals aufgaben.

Baliorm richtete sie. Hätte er es dabei belassen, wäre ein Ausgleichskampf von Orianna gefordert worden. Leider ging der junge Mann einen Schritt zu weit: Er schändete den Leib von Phira, indem er sie an einer Wegkreuzung an einen Baum nagelte und sie ausbluten ließ. 

Die Kunde von dieser schändlichen Tat benötigte einige Umläufe, doch als sie Orianna und ihre Herrin erreichte, gab es kein Halten mehr. Orianna rief ihre Paladine zusammen und zog gegen Lioloryen. Der Blutzoll, den diese Schlacht forderte, war hoch. So hoch, dass heute dort, wo einst Wyrann und Lioloryen ihre Ländereien hatten, eine Ebene mit Wald und Wiese zu finden ist. Es weiß keiner mehr, wie es geschehen konnte, dass die Berge um Wyrann dabei verschwanden. Oder der See Lioloryens. Nur eines ist gewiss: Die Ehre der Wyrann-Paladine wurde wiederhergestellt. Wer sich heute der überlieferten Ausbildung widmet, kann es zu hohem Ansehen bringen. Und Haus Lioloryen?

Verschwand stillschweigend in der Geschichte.

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