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Inflation für Dummies

Energiepreisdeckel, Zinserhöhungen der Zentralbanken, Hilfszahlungen an die Haushalte, Windräder auf jeden Berg usw. Hunderte Vorschläge kursieren. Aber was hilft eigentlich in der gegenwärtigen Lage?

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Die Inflation steigt, die Einkäufe sind kaum mehr leistbar, die Heiz- und Energiepreise schießen in die Höhe und alles hängt irgendwie mit allem zusammen, so dass man sich kaum mehr durchblickt. Regierende müssen sich sagen lassen, dass sie allenfalls nur halbe Lösungen hinbekommen – und dennoch ahnen die meisten, dass es mit den ganzen, den perfekten Lösungen so eine Sache ist. Nämlich: Dass es die womöglich gar nicht gibt. Wollen wir also einmal ein bisschen systematisch die Dinge auseinander sortieren. 

Die Geldpolitik

Die gegenwärtige Inflation hat eine Reihe von Ursachen. Gelegentlich ist zu hören, die lockere Geldpolitik der Zentralbanken der vergangenen zwölf, dreizehn Jahre wäre schuld. Die hat aber am gegenwärtigen Preisauftrieb recht wenig Anteil. Die Geldpolitik hat zunächst darauf abgezielt, dass die Banken nicht in Liquiditätsprobleme und in die Insolvenz rutschen, dann darauf, dass die Geschäftsbanken Investitionskredite vergaben, damit das Wirtschaftswachstum nicht völlig austrocknet. Das Geld ist aber, simpel gesprochen, bei den normalen Verbrauchern sowieso nicht angekommen, sondern ist auf den Vermögensmärkten geblieben. Das hatte zwar auch „inflationäre Tendenzen“, da beispielsweise die Immobilienpreise und andere scheinbar „sichere Anlagen“ durch die Decke schossen, was sich irgendwann auch in Form von steigenden Mietpreise auswirkt. Aber die Vermögenspreisinflation ist grosso modo etwas anderes als verallgemeinerte Inflation. Die Konsumentenpreise waren über viele Jahre stabil, es gab eher unterdurchschnittliche Inflation – trotz dieser Geldpolitik. 

Was ist eigentlich Inflation? 

Eine „klassische“ Inflation gibt es dann, wenn die Wirtschaft brummt, wenn die Nachfrage nach Gütern schnell ansteigt, wenn die Rohstoffe teurer werden (da die Fabriken wie verrückt produzieren), wenn auch annähernd Vollbeschäftigung herrscht, wenn die Arbeiter und Angestellten kräftige Lohnerhöhungen durchsetzen können und die Banken viele Kredite für Investitionen vergeben. Dann steigen Löhne, dann steigen alle Preise, vom Mehl bis zu den Nudeln, vom Auto bis zum Elektrogerät. 

Der gegenwärtige Inflationsdruck hat nur zu einem geringen Teil diese Ursachen, vor allem in Europa. In den USA ist das ein wenig anders, da dort die normalen Leute ihre Haushaltseinkommen in den vergangenen zwei Jahren steigern konnten (teilweise auch aus absurden Gründen, etwa weil die Corona-Hilfen den Haushalten mehr brachten als üblicherweise schlecht bezahlte Arbeit), aber in Europa sind die Einkommen der Haushalte nicht gestiegen. Eher sogar gefallen. In der Corona-Zeit wurden nicht wenige Leute arbeitslos, und haben damit Einkommen verloren, und auch wer von der Kurzarbeits-Regelung profitierte, hat oft zehn Prozent seines Einkommens verloren, in manchen Branchen sogar mehr (etwa in Branchen, in denen Trinkgeld ein relevanter Einkommensbestandteil ist). In Österreich sind beispielsweise im ersten Pandemiejahr die Arbeitnehmerentgelte gesunken, die Einkommen aus Unternehmensgewinn dagegen gestiegen – weil die Unternehmen teilweise offenbar überfördert waren.

Inflation aufgrund eines „externen Schocks“ 

Treiber der Inflation sind in Europa fast ausschließlich die explodierenden Energiepreise (plus Preissteigerungen aufgrund von Lieferkettenproblemen). Es ist also eine importierte Inflation. Was heißt: In den Volkswirtschaften der Eurozone stiegen die Preise, weil die Kosten für Energie, die nicht innerhalb der Eurozone festgelegt werden, anziehen. Was wiederum heißt: Auf diese Preise kann die Zentralbank aber praktisch nur sehr wenig Einfluss nehmen. Ähnliches gilt auch für die Regierungen. Man kann nur schauen, dass man Energie spart. Aber man kann sie recht schwer verbilligen. 

Wenn es eine „klassische“ Inflation gibt, deren Voraussetzung ein überhitzter Boom mit Vollbeschäftigung, steigenden Löhnen und steigenden Preisen ist, dann gibt es darauf auch eine klassische, einfache Antwort: Die Zentralbanken erhöhen die Leitzinsen und machen damit Kredite und somit Investitionen teurer. Inwiefern beeinflusst das die Inflation? Da es Investitionen verteuert, werden manche Unternehmen ihre Produktion nicht ausweiten, sie werden nicht Geld für neue Produktionsanalgen ausgeben, da sich das dann nicht mehr rentiert. Damit wird das Wirtschaftswachstum reduziert, es entstehen auch weniger Arbeitsplätze, die Nachfrage nach Beschäftigten geht auch zurück. Es gibt weniger Geld im System und die Preise steigen dann nicht mehr so stark. Auch die Energiepreise sinken , da Unternehmen weniger Strom, Gas oder Öl verbrauchen. Simpel gesagt: Die Zentralbanken würgen die Konjunktur ab und das führt zu einem Rückgang der Inflationsraten. 

Was Zinserhöhungen bewirken

Schön ist das auch in dem Fall nicht: Wenn es hohe Inflationsraten gibt, die die Zentralbanken streng bekämpfen, dann kommt das einem kalten Entzug bei Drogensüchtigen gleich. Ende der siebziger Jahre erhöhte die US-Notenbank die Leitzinsen auf 20 Prozent, die Wirtschaftsleistung brach ein und die Arbeitslosenquote schoss auf über zehn Prozent hoch. Im Grunde hat sich die Welt von dieser Politik nie wieder erholt. Damals gab es erstmals nach dem Nachkriegsboom eine Massenarbeitslosigkeit, und sie ging nie wieder völlig weg. 

Eine solche Vorgangsweise funktioniert aber beinahe gar nicht, wenn die Ursache der Inflation ein „externer Schock“ ist, also importierte Inflation. Oder genauer: Es funktioniert nicht so gut. Es wird schon seine Effekte haben, aber die werden nicht sehr stark sein. In so einem außergewöhnlichen Fall führen Zinserhöhungen im schlimmsten Fall dazu, dass die Inflation hoch bleibt (da die Energiepreise ja nicht fallen), aber die Konjunktur abgewürgt wird, die Einkommen der Menschen stagnieren oder sogar fallen. Es gibt dann die berühmte Stagflation, also Stagnation und Inflation, mit einer fatalen Konsequenz: Es gibt höhere Preise, aber die Leute haben noch weniger Geld, um diese Preise zu bezahlen. Dann wird es richtig übel. Stellen Sie sich vor, Ihr Einkommen sinkt um 300 Euro, ihre Stromrechnung steigt aber um 600 Euro monatlich. Wenn Sie kein Superverdiener sind, wird das wohl verdammt knapp für Sie. Die meisten von uns würden das wirtschaftlich schwer überstehen.  

All das, was ich hier gesagt habe, ist schon bisher ziemlich komplex, werden Sie vielleicht meinen – aber es ist natürlich noch immer verdammt schematisch und grob. Hunderte Variablen spielen hinein. Wenn die Zentralbanken die Zinsen erhöhen, dann wird die Währung einer Volkswirtschaft im Vergleich zu anderen Währungen an Wert gewinnen, und das wird über den Wechselkursmechanismus auch zum Preis beitragen. Auch das ist ein Effekt, aber nur ein peripherer. 

Aber zurück: Auch bei importierter Inflation werden die Notenbanken die Leitzinsen dennoch anheben müssen und das Zinsniveau in einer Gesellschaft wird sowieso steigen: Denn Anleger leihen zb. Unternehmen, Banken oder dem Staat Geld, und zwar zu einem bestimmten Zinssatz. Oft war der Zinssatz in den vergangenen Jahren 0,5 Prozent, obwohl die Inflation auch da schon zwei Prozent betrug. Wenn die Inflation neun Prozent beträgt, wird niemand für ein Prozent gerne Geld verleihen. Er würde real dann dramatisch verlieren, das Vermögen würde immer weniger wert. 

Hohe Budgetdefizite sind unvermeidbar

Der Staat hat in einer solchen Situation eine Reihe von Möglichkeiten. Man kann darauf setzen, dass die Löhne und Gehälter in etwa mit der Inflation steigen. Dann gibt es keine Reallohnverluste und auch keine schwere Wirtschaftskrise. Zwar bremst eine hohe Inflation generell das Wachstum, da ökonomische Planung schwieriger wird (wenn man nicht weiß, wie die Kostenstruktur in zwei Jahren ist, wird man vorsichtiger mit Investitionsentscheidungen sein), aber es ist noch kein Riesendrama. Zwar werden manche Sektoren der Wirtschaft ihre Einkommen stabil halten können – etwa die Beschäftigten von Branchen mit starken Gewerkschaften –, andere wiederum nicht, das führt zu Ungleichgewichten. Der Stahlarbeiter wird vielleicht nicht ärmer, die Pensionistin oder die Beschäftigte im Lieferservice wahrscheinlich schon.   

Der Staat kann auch mit direkten Zahlungen die Kaufkraft der Haushalte stabilisieren. So wie das jetzt weitgehend geschieht: Es werden nicht die Energiepreise gesenkt oder gedeckelt, sondern man zahlt den Haushalten Geld, damit sie die gestiegenen Preise bezahlen können. Es gibt dafür verschiedene Mechanismen: Etwa, indem man den Haushalten direkt das Geld überweist. Oder indem man den Energiepreis für die Haushalte deckelt, und dafür den Energieunternehmen die Differenz zwischen Verbaucherpreis und Weltmarktpreis ersetzt (sonst würden die ja pleite gehen). Im Ergebnis ist es dasselbe: Für den Staat wird das teuer und die Budgetdefizite steigen an. 

Besser wäre es daher natürlich, man könnte die Marktpreise für Energie senken. Beim Gas- oder Ölpreis ist das praktisch unmöglich, da diese Energieträger importiert sind. Beim Strompreis ist das anders, da nur ein Teil des Stroms aus Gaskraftwerken kommt, aber der höhere Gaspreis den Preis jedes „Stroms“ (egal als welcher Quelle) nach oben treibt. Ändert man die Preisbildung am Strommarkt, könnte man den Strompreis daher dämpfen, beim Gaspreis ist das schwieriger. 

Beim Gaspreis gibt es daher die Vorschläge, dass eine große Volkwirtschaft wie die der Eurozone gemeinsam Gas einkauft. Als großer Player könnte man günstigere Lieferverträge durchsetzen, als wenn jede Nation oder jedes Versorgungsunternehmen für sich bei schwieriger Marktlage verzweifelt versucht, Gas aufzutreiben. Dann konkurriert man gegeneinander als Nachfrager, was den Gasverkäufern und -Händlern die Möglichkeit gibt, die Preise in die Stratosphäre schießen zu lassen.

In der Theorie klingt das gut, in der Praxis ist es aber auch nicht so einfach: Denn es reicht ja nicht, Gas anzukaufen, man muss es auch zu den Verbrauchern kriegen. Geografie spielt da schon eine Rolle. Die zentraleuropäischen Staaten sind stärker vom russischen Gas abhängig als Länder, die primär durch Pipelines oder anders mit Gas aus dem Atlantik versorgt werden.  

Industriepolitik

Der Staat muss den Verbrauchern einigermaßen bezahlbare Preise sichern, weil sie sonst ihre Energierechnungen einfach nicht mehr bezahlen könnten. Sie säßen in der Kälte oder es würden einfach hunderttausende Menschen zahlungsunfähig. Ähnliches gilt aber auch für die Unternehmen. Wenn der Staat den Unternehmen nicht niedrige – also subventionierte – Energiepreise zur Verfügung stellt, dann würden viele Unternehmen einfach insolvent, oder sie würden vorher schon ihre Produktion einstellen (oder wo anders hin verlagern). Besonders die energieintensive Exportindustrie wäre nicht mehr konkurrenzfähig. Das hätte brutale Auswirkungen: Die industrielle Produktion Europas würde untergehen. Der Staat hätte weniger Einnahmen aus Steuern der Unternehmen, auch aus der Umsatzsteuer, und da viele Beschäftigte ihre Jobs verlieren würden, auch weniger Einnahmen aus Lohn- und Einkommenssteuer. Milliarden, die der Staat also für Energiesubvention ausgibt, sind insofern gut investiertes Geld, weil sie wiederum für Milliarden an Steuereinnahmen sorgen. Würdest du diese Ausgaben auf der einen Seite scheuen, würdest du auf der anderen Seite die Kosten zu tragen haben. 

Freilich wächst das Geld nicht auf den Bäumen. Exorbitante Budgetdefizite würden dann langfristig neue Probleme nach sich ziehen. Die Zinszahlungen für Kredite steigen jetzt schon. Manche Staaten würden vielleicht sogar in den Staatsbankrott schlittern. Andere könnten sich die Ausgaben leichter leisten. Das belastet wiederum das Verhältnis zwischen den Volkwirtschaften. Wenn Deutschland sich die Stützung der deutschen Industrie leisten kann, Italien aber nicht, dann wird die deutsche Industrie Wettbewerbsvorteile haben und die italienische wird in Schwierigkeiten kommen. Das ist für Italien blöd, aber auch für Deutschland: Denn schließlich gehen 50 Prozent der deutschen Exporte in die Europäische Union, und Schwierigkeiten deines Nachbarn sind sehr schnell auch deine eigenen Schwierigkeiten. Generell sind die exorbitanten Kosten, die jetzt auf uns zukommen, ein sehr gutes Argument für die Einführung von Vermögens- und Erbschaftssteuern. Die belasten die Wirtschaftsleistung kaum, bringen dem Staat aber ein wenig mehr an notwendigen Einnahmen. 

Geldausgeben – das kann man klüger oder auch blöder machen

Nun könnte man, theoretisch wenigstens, diese Milliarden auch klüger einsetzen: Nicht, indem man teures Gas subventioniert, sondern indem man das Geld für einen rasanten Umbau Richtung erneuerbare Energien ausgibt, also Windkraft, Solarenergie, Wasserkraft, geothermische Energie, energieneutrale Wohnbauten, Energieeffizienz, die Nutzung von Industrieabwärme für die Fernheizung und so weiter. Das Problem dabei ist freilich, dass das nicht über Nacht geht: So viele Windräder gibt es nicht, so viele Produktionskapazitäten für Solarpanele auch nicht, nicht einmal die Installateure gibt es dafür, und die Baufirmen für die Wohnbausanierung auch nicht. Und selbst wenn es sie gerade so irgendwie gäbe: Würde man das alles innerhalb von ein, zwei Jahren schaffen wollen, hätte man einen extremen Boom, der dann erst recht die Preise nach oben treibt. Weil es eben dann vom Beton bis zu den technologischen Kleinteilen bis zu den Installateuren an allem fehlt, was deren Preise dann wieder nach oben treibt. Abgesehen davon, dass es einfach technisch und praktisch überhaupt nicht möglich ist. Es ist also auch hier so, dass man eine möglichst praktikable Balance halten muss: Einerseits Subventionierung von Energie, andererseits soviel Transformation Richtung Erneuerbare wie nur irgendwie möglich. 

Glauben Sie also niemandem, der ihnen einreden wollte, es gäbe für diese Probleme eine einfache Lösung. Und schon gar keinen populistischen Schreihälsen. Es wird ein Paket an verschiedenen Maßnahmen geben müssen, und die werden eher nicht aus einem Guss sein, sondern eine labile Balance zwischen den unmittelbar Notwendigen, dem Machbaren und den Wünschenswerten halten müssen. Aber das ist sowieso immer der Fall. 

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