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Chronologie einer Geiselbefreiung

Am vergangenen Samstag haben die IDF und die israelische Polizei vier der durch die Hamas entführten Geiseln befreit.
Seitdem kamen immer mehr Informationen an die Öffentlichkeit. Daher möchte ich das Geschehen hier nochmals gebündelt chronologisch aufarbeiten.

Nuseirat

Nuseirat wurde nach der Flüchtlingswelle des Palästinenserkriegs nach 1948 von der UNRWA gegründet. Die meisten dort untergekommenen Flüchtlinge kamen aus dem Süden.
Das ehemalige Flüchtlingscamp wurde nach dem Stamm der dort ansässigen Nuseirat benannt. In der ausgebauten Stadt leben heute etwa 90.000 Menschen. Sie liegt auf halbem Wege zwischen Gaza-Stadt im Norden und Chan Yunis im Süden.
Sie war bisher vom Gazakrieg verhältnismäßig verschont geblieben.

Nuseirat ist bis heute vollständig von Hilfslieferungen des UNRWA abhängig.
Auch deshalb hält die UN den Status des „Flüchtlingslagers“ aufrecht, obwohl dort kaum noch jemand leben dürfte, der geflohen ist. Die Medien übernehmen diese Bezeichnung.

Die UNRWA-Schule

Am Donnerstag, dem 06.06.2024, führten die IDF (Israel Defense Forces, Israelischen Verteidigungsstreitkräfte) einen Luftschlag gegen eine UNRWA-Schule in Nuseirat durch.

Tatsächlich war der Komplex als Schule konzipiert. Er dient jedoch seit Jahren dazu, Obdachlose aufzunehmen. Das UNRWA sprach aktuell von 6000.
Die Medien titelten mehrheitlich, Israel habe eine Schule angegriffen.Warum sie das getan hat, wurde nicht oder nur am Rande erklärt. Vertreter des UNRWA und der Außenbeauftragte der EU Josep Borell protestierten gegen den Einsatz.
Augenzeugen, Krankenhäuser und UNRWA sprachen von 33 bis 35 Getöteten.

Die IDF gaben an, dass sich in dem Gebäude 20 bis 30 Hamas-Kämpfer verschanzt hatten.
Diese seien mit zwei Raketen gezielt ausgeschaltet worden.

Das deckt sich mit den Wirkungsbildern. Es wurden zwei Räume in zwei Etagen eines Flügels getroffen.
Wie viele der Getöteten Hamas Kämpfer gewesen sind, wurde erneut nicht veröffentlicht. Die Hamas- Quellen sprachen von 17 getöteten Frauen und Kindern.

Ich erwähne dies hier, weil es sich meiner Meinung nach dabei bereits um ein so genanntes Shaping handelte, für das, was kommen sollte.
Wenn sich dort tatsächlich eine größere Zahl Terroristen aufgehalten hat, war es naheliegend, diese mit etwas zeitlichem Abstand vorher auszuschalten. Da diese vermutlich auch mit der Bewachung der Geiseln verknüpft waren, oder zumindest in räumlicher Nähe.

Die Schule wurde von der UN und UNRWA immer wieder als Motiv für Bilder der eigenen Medien verwendet.
2014 wurden in genau dieser Schule Raketen der Hamas gefunden. Bereits zum zweiten Mal. Dies geschah während einer Begutachtung durch internationale Kräfte des UNRWA selber.

Das bedeutet im Kontext der späteren Geiselbefreiung, dass den Israelis klar gewesen ist, dass die Hamas die Schule als möglichen Stützpunkt und Depot nutzt. Also Tür an Tür mit Zivilisten.
Erneut wurde auf die nachrichtendienstliche Aufklärung im Vorfeld hingewiesen. Wer sich ein wenig mit den Vorgängen in den Autonomiegebieten auskennt oder entsprechende Fernsehserien gesehen hat, kann sich vorstellen, wie das ausgesehen hat: Elektronische Überwachung, Abhören, Drohnen, etc. Daher ist davon auszugehen, dass die IDF ihre Angaben und Entscheidungen entsprechend dokumentiert hat und belegen kann.

Halten sich Kombattanten in einer Schule, Krankenhaus oder Lazarett auf, verliert die Einrichtung ihren Schutzstatus.

Das Cover up

Für den nun kommenden Einsatz am Samstagmorgen (bei Tageslicht, sehr ungewöhnlich), hatten die Einheiten monatelang trainiert, wie Militärsprecher Admiral Hagari später erklärte.
Da es sehr exakte Informationen zum Aufenthaltsort der Geiseln gegeben haben muss, muss davon ausgegangen werden, dass die IDF beziehungsweise die Nachrichtendienste Shin Bet (Inland, Terrorismusbekämpfung) und Aman (Militär) schon länger sehr genau Bescheid wussten.

Gegen 11:00h Ortszeit näherten sich mehrere Trupps der Innenstadt von Nuseirat. Auf Videos konnte ich mindestens zwei HMMWV (Humvee) und einen Schützenpanzer Namer identifizieren.
Eingesetzt war die 98. Division, es werden also weit mehr Fahrzeuge im Einsatz gewesen sein.

Diese massive Präsenz diente meiner Interpretation nach nicht der eigentlichen Befreiung der Geiseln, sondern war eine Cover-up-Operation. Das bedeutet, eine große Aktion, um die eigentliche Operation zu „verdecken“.
Man kennt das aus dem Film Rambo (First Blood, 1982), wo der Protagonist die Stadt verwüstet und die Tankstelle hochjagt, um unbemerkt in das Polizeirevier eindringen zu können und den Sherriff zu stellen.

Auf Videos ist zu erkennen, dass diese Operation minutiös geplant war. Erste, kleinere Raketen schlagen ein und unmittelbar darauf hört man das Losbrechen des Feuers durch Maschinenkanonen und -gewehre.

Die eigentliche Befreiung

Als Teil dieser Operation startete dann die Geiselbefreiung.
Die Geiseln wurden in Privathäusern an zwei verschiedenen Orten in Nuseirat gefangen gehalten.

Über die Befreiung der weiblichen Geisel Noa Argamani (25) ist nichts veröffentlicht worden. Sie wurde mit einem Helikopter alleine ausgeflogen.
Die drei männlichen Geiseln Almog Jan (21), Andrey Kozlov (27) und Shlomi Ziv (40) wurden gemeinsam gefangen gehalten.

Die Befreiung wurde durch die auf solche Einsätze spezialisierte Einheit JAMAM der Grenzpolizei Magav durchgeführt.
Das Haus wurde von mehreren Seiten gleichzeitig betreten. Dabei wurde die erhöhte Etage des Hauses von außen durch eine Leiter gestürmt. Dabei wurde Chefinspektor Arnon Zamora angeschossen.
Die Spezialeinheiten töteten alle Bewacher der Geiseln.

Der Exit sollte durch die am Strand bereitstehenden Helikopter erfolgen. Auf dem Weg dahin gerieten die Spezialeinheit und die drei männlichen Geiseln unter starken Beschuss, auch durch tragbare Panzerabwehrraketen. Bei diesen Gefechten wurden laut Aussage der IDF viele weitere Terroristen getötet.
Einer der Helikopter wurde mit einer tragbaren Flugabwehrrakete beschossen.

Die IDF haben inzwischen auch Videomaterial der Helmkameras veröffentlicht. (Screenshot oben)

Alle vier Geiseln wurden nach Israel in ein Krankenhaus gebracht.
Chefinspektor Arnon Zamora erlag dort seinen Verletzungen.

UN und Politiker übernehmen die Zahlen der Hamas

Die Hamas spricht von 210 Getöteten und über 400 Verletzten.
Der Führer der Palästinenser und Vorsitzender der PLO Mahmud Abbas bezeichnete den Einsatz als „Massaker“.
Ebenso der Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik der EU Josep Borrell. Und zwar bevor er irgendwelche anderen Informationen als die der Hamas haben konnte.

Die Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtslage in den Palästinensergebieten, die Italienerin Francesca Albanese, postete gegen Abend, sie sei erleichtert, dass vier der Geiseln „freigelassen wurden“. Sie nannte die Zahl von 200 Getöteten und 400 verletzten Palästinensern, „darunter Kinder“.
Auch sie kann zu diesem Zeitpunkt ausschließlich die Informationen der Hamas gehabt haben.

Viele Medien berichteten zunächst von Angriffen auf Nuseirat und hoben viele Tote und Verwundete hervor. Erst als die IDF um 12:46h die Befreiung bestätigten, begannen die Medien davon zu berichten. Teilweise wurden die vorherigen Berichte editiert.

Hinweis

Ich bin nicht einfach „pro Israel“. Ich kritisiere die Mechanismen der Nachrichten- und Agenturmedien, die zu einer systemischen Desinformation der Öffentlichkeit beitragen.
Social Media ist voll von der simplifizierten Gegenüberstellung von vier Geiseln und 200 Toten.

Und das obwohl die radikalislamistische Terrororganisation Hamas bin heute die einzige Quelle für diese Zahlen ist, werden sie weiterhin übernommen.
Hinzu kommt, dass die Hamas nach wie vor nicht Preis gibt, wie viele der angeblich Getöteten Kämpfer waren. Die Kämpfe waren massiv, das veröffentlichte Material zeigt nur Bruchteile.

Nachspiel: Der getötete Journalist

Der Vorsitzende in der Schweiz ansässige Organisation Euro-Med Monitor, der Palästinenser Rami Abdu, veröffentlichte auf seinem privaten X-Account Informationen von der Erstürmung des Hauses. Dabei nannte er die Namen der Getöteten: Dr. Achmed Aljamal (74), seinen Sohn Abdullah Aljamal (36) und Fatima Aljamal (36). Die Tochter Zainab Aljamal (27) soll angeschossen worden sein.

Damit hatte Abdu wohl etwas ausgeplaudert. Das Posting ist inzwischen gelöscht.
Es sollte offenbar dazu dienen, das Narrativ der vielen getöteten Zivilisten zu unterstreichen. Die Geiselnahme erwähnte er nicht.

Als diese dann bekannt wurde, kamen Gerüchte auf, dass es sich bei dem getöteten Abdullah Aljamal um einen der „Journalisten“ handelt, die unter anderem für Al Jazeera gearbeitet haben.

Obwohl der Sender dies verneinte, hatte Aljamal dort eine Redaktionsseite.

Aljamal hat auch dutzende Artikel auf der Plattform The Palestine Chronicle veröffentlicht.

Aus vermutlich ähnlichem, propagandistischem Grund hat The Palestine Chronicle eine Meldung auf X veröffentlicht, dass Aljamal „einer der 210 Palästinenser war, die bei dem Nuseirat Massaker getötet wurden“.

Erst um 19:11h bestätigten die IDF, dass die drei männlichen Geiseln tatsächlich in dem Haus der Familie Jamal gefangen gehalten wurden. Die inzwischen veröffentlichten Videos des Teams sind deckungsgleich mit den Fotos, die von Hamas-Quellen veröffentlicht wurden.
Der „Journalist“ Aljamal und sein Vater, der als Arzt für das Gesundheitsministerium tätig waren, waren also Mitglieder der Hamas.
Während Aljamal vom Schicksal der Palästinenser berichtete, saßen die drei Geiseln in seinem Haus.

Argomento Krieg

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