Experiment: Die ausgewogene Vergesslichkeit der Medien
Die Kritik an den Medien wird immer lauter. Auch meine.
Beispielsweise, weil seit 1949 existierende Städte nach wie vor „Flüchtlingslager“ genannte werden, nur weil das durch Palästinenser unterwanderte UNRWA das vor 75 Jahren so definiert hat.
Beispielsweise, weil Informationen der radikalislamischen Terrororganisation Hamas übernommen werden, teilweise sogar ohne Quellenhinweise, geschweige denn ohne Quellenangaben in den Titelzeilen.
Beispielsweise, weil die Angaben eines demokratischen, westlichen, säkulären Staates genauso behandelt werden, wie die Informationen einer Terrororganisation.
All das sind systemische Vorgänge, die in der pressefreien Medienlandschaft seit 1945 so noch nie vorgekommen sind. Es ist, als hätte die BBC 1943 Churchill und Hitler im Wunsch nach Ausgewogenheit die gleiche Redezeit eingeräumt.
Man nennt das False Balancing (falsche Ausgewogenheit). Ich nenne das fehlende cojones.
Beispielsweise wurde gleichsam durch die Bank von Medien beschwichtigt, dass die israelischen Streitkräfte Tunnel oder eine Kommandozentrale unter dem Shifa Krankenhaus vermuten. Es wurde und wird angezweifelt, dass die Hamas Schulen des Flüchtlingshilfswerkes des UNRWA als Tunneleingänge oder Waffendepots nutzt.
Von den 500 Toten bei dem angeblichen Raketenangriff auf ein Krankenhaus sprechen wir erst gar nicht, die Zahlen stehen übrigens bis heute in der Hamas-Statistik.
„Die Information kann nicht unabhängig geprüft werden“ sollte der Satz des Jahres 2023 werden. Dass dennoch überhaupt berichtet wird, ist ideologisch und vor allem wirtschaftlich begründet und hat nichts mit Information oder Ausgewogenheit zu tun.
Das Thema ist breit. Man müsste versuchen, es wissenschaftlich-empirisch auszuwerten. Das ist fast unmöglich.
Aber da mich das Thema umtreibt, habe ich einfach ein kleines Experiment gemacht.
Das Experiment
Also habe ich mich einfach einmal auf die Suche nach alten Berichten der Medien und NGO (Nichtregierungsorganisationen) selber begeben.
Ich erhebe keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit. Aber um einen Eindruck zu vermitteln, habe ich mir Regeln auferlegt:
Nur offene Quellen
Nur Quellen, die bis heute online sind
Nur Quellen, die per Google-Suche leicht zu finden sind (was also jeder Redakteur können müsste)
Nur eine Stunde Zeit zum Suchen, Finden, Querlesen und Kopieren
Hier ist, was ich in 60 Minuten gefunden habe:
„Die Vereinten Nationen haben einen Tunnel unter einer ihrer Schulen im Gazastreifen gefunden. Das UNO-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) habe kürzlich einen „künstlichen unterirdischen Hohlraum“ unter den Schule identifiziert, hieß es in einer heute veröffentlichten Erklärung. Die Organisation habe wegen dieses „ernsten“ Verstoßes gegen ihre Neutralität und das internationale Recht „heftig bei den zuständigen Behörden in Gaza protestiert“, hieß es.“
ORF, 01.12.2022
„Die Hamas hat leichtfertig einen Krieg begonnen. Sie verschanzt sich stets hinter ihrer Bevölkerung, nutzt Krankenhäuser und Schulen militärisch.“
Welt, 18.05.2021
„Israel sowie die UN werfen der Hamas vor, Schulen als Waffenlager zu missbrauchen.“
Frankfurter Rundschau, 15.01.2019
„Diese versorgungsberechtigten Pseudoflüchtlinge machen mehr als 99 Prozent der UNRWA-Mitarbeiter aus – ein klarer Interessenkonflikt. Die Mitarbeiter arbeiten zum großen Teil in Schulen und Krankenhäusern, immer wieder machen einige von ihnen Schlagzeilen, indem sie Hitler loben oder antisemitische Karikaturen verbreiten. Etliche UNRWA-Mitarbeiter sind aktive Terroristen der Hamas; wie groß deren Zahl ist, ist unbekannt, da die UNRWA bei der Einstellung von Mitarbeitern nicht danach fragt.“
Audiatur Online, 08.10.2018
„Am Samstag hatte das UNRWA mitgeteilt, es habe eine Art Tunnel unter einer seiner Schulen in dem von der radikalislamischen Hamas beherrschten Palästinensergebiet entdeckt. Das UN-Hilfswerk habe bei den Betreffenden gegen diese "Verletzung des Ortes und die Nichtachtung der Neutralität der Standorte der UNO" protestiert, teilte UN-Sprecher Chris Gunness mit.
In den vergangenen Jahren hatte die Hamas in dem von Israel abgeriegelten Gazastreifen immer wieder unterirdische Gänge gebaut, um auf israelisches Gebiet vorzudringen. Seit dem Gaza-Krieg 2014 wurden etwa 30 solcher Tunnel entdeckt und zerstört. Im Juni wurde ein Tunnel unter zwei UNRWA-Schulen im Flüchtlingslager Maghasi entdeckt.“
Der Standard, 30.10.2017
„Einer der schockierendsten Vorfälle war die öffentliche Hinrichtung von sechs Männern durch die Hamas außerhalb der al-Omari Moschee am 22. August; vor hunderten Zuschauern, inklusive Kindern.“
„Zusätzlich zu unrechtmäßigen Tötungen wurden andere durch die Hamas Entführte Opfer von Folter, inklusive schwere Schläge mit Schlagstöcken, Gewehrkolben, Schläuchen und Drähten oder wurden in Stress-Positionen gehalten. Einige wurden verhört und gefoltert oder misshandelt in einem ungenutzten Teil des wichtigsten Krankenhauses von Gaza-Stadt al-Shifa. Mindestens drei der Menschen, die während des Konflikts der „Kollaboration“ beschuldigt wurden, starben währenddessen.“
Amnesty international, 27.05.2015
„Dabei sind Tunnel zwischen Israel und Gaza keine neue Erfindung. Schon vor der Abriegelung des Gaza-Streifens wurden durch diese Gänge Waren von und nach Israel geschmuggelt. 2006 drangen Hamas-Kämpfer durch einen unterirdischen Gang auf die israelische Seite der Grenze vor und entführten den Soldaten Gilad Schalit. Nur waren all diese Tunnel relativ einfach gebaut und reichten nur wenige Meter hinter den Grenzzaun.“
Spiegel Online, 29.07.2014
„Israels Vorgehen wurde häufig kritisiert, doch nun gibt es immer mehr Anzeichen dafür, dass die Hamas sich nicht an die Grundregeln der Kriegsführung hält – indem sie Angriffe von zivilen Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäusern aus startet und so unbeteiligte Bürger bewusst der Gefahr aussetzt, zu Zielen israelischer Gegenschläge zu werden. Selbst UN-Generalsekretär Ban Ki-moon bestätigt das nun, und die Israelis legen nun nach.“
„Ein anderes Video der Armee zeigt Hamas-Kämpfer, die Krankenwagen nutzen, um zu Kampforten zu gelangen.“
Welt, 25.07.2014
„Wie die UN-Organisation am Donnerstag mitteilte, wurden am Vortag in einer derzeit leerstehenden Einrichtung etwa 20 Geschosse entdeckt. Das Hilfswerk verurteilte das Verstecken der Waffen in der Schule als "schamlose Verletzung" des internationalen Rechts. Weiter hieß es, die Raketen seien aus dem betroffenen Gebäude entfernt worden. Es habe sich um den ersten derartigen Zwischenfall gehandelt. Nach dem Fund sei eine umfassende Untersuchung eingeleitet worden, erklärte UNRWA.“
Rheinische Post, 17.07.2014
„Oh, ich bin sicher, dass es Hamas Mitglieder auf den Gehaltslisten des UNRWA gibt und ich sehe darin kein Verbrechen. Die Hamas als eine politische Organisation bedeutet nicht, dass jedes Mitglied ein Milizionär ist und wir führen keine politischen Sicherheitsprüfungen durch und schließen Menschen aufgrund ihrer Überzeugungen aus“ [Anm.: UNRWA-Generalkommissar Peter Hansen]
CBC News, 03.10.2004
Es drängt sich der Eindruck auf, die Medienschaffenden haben das alles vergessen.
Was müsste da erst ein Redakteur an einem ganzen Vormittag finden können, wenn ihm andere Suchmaschinen und Datenbanken zur Verfügung stehen?