Maßgebliche Gefühle
Sergei Rachmaninow: Sonate Op. 19 in g-moll für Cello und Klavier (1901)
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Der Komponist Sergei Rachmaninow (Foto: MHN8, Lizenz CC BY-SA 4.0 (Si apre in una nuova finestra))
Wenn ich mit Menschen klassische Musik anhöre, die sie sonst nie hören, dann habe ich ein unangenehmes Problem. Ich möchte so gerne, dass sie fühlen, was ich fühle, aber oft tun sie es einfach nicht. Natürlich weiß ich nicht genau, ob jemand das gleiche fühlt wie ich. Was ich aber weiß ist, wenn die andere Person nichts besonderes empfindet, denn davon kann sie ja verlässlich berichten: Ich fühle nichts.
Warum ist es mir so wichtig, dass Menschen, die mir nahe stehen, meine Empfindungen beim Hören von (klassischer) Musik teilen? Warum ist mein Gefühl maßgeblich und die Abwesenheit eines solchen Gefühls eine beklagenswerte Abweichung?
Das Wissen um das Gewicht dieser Gefühle ist ja wiederum auch eher Gefühl als Wissen. Wenn es heißt, feelings never lie, dann geht es doch auch nur um die subjektiv empfundene Intensität des Gefühls: Ja, man empfindet es wirklich, das Gefühl selbst lügt nicht. Und was ist ein Gefühl anderes als eine innere Wahrheit. Vielleicht sind es genau diese inneren Wahrheiten, die man mit seinen Liebsten teilen möchte, eben weil man nicht genau wissen kann, ob, was und wie die*der Andere empfindet. Man möchte das Gefühl haben, die andere Person fühlt so wie man selbst. Das Kunstwerk, das mich mit dem Anderen verbindet, soll der Garant für die als geteilt empfundene Empfindung sein; wir treffen uns in der Musik. Der Spruch heißt nicht indifference never lies.
Eine Musik, in der ich getroffen werden möchte, ist der 3. Satz von Sergei Rachmaninows einziger Sonate für Klavier und Cello. In dieser Musik geht es meiner Meinung nach, nein: meinem Gefühl nach, um die Maßgeblichkeit von Gefühlen. Es geht um das Insistieren, das Hoffen, die*der Andere könnte auch so empfinden wie man selbst.
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