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Man ist zum großen Teil das, was man tut. Wenn ich sage, ich bin Fallschirmspringer:in, aber ich springe nie Fallschirm, dann kann ich das immer noch behaupten, aber es kommt entweder komisch oder als Lüge rüber. 

Auftritt: die Mehrheit der Menschen in unseren sogenannten Demokratien.

Wenn wir sagen, dass wir Demokrat:innen sind, dann meinen wir damit ja etwas. Wir meinen, dass wir selbst über unser Leben bestimmen, oder uns zumindest an den wichtigsten Entscheidungen, die unser Leben betreffen, beteiligen können. Du merkst es wahrscheinlich selbst schon.

Das klingt bei den meisten komisch, oder sogar wie eine Lüge. 

Der durchschnittliche Erwerbstätige arbeitet rund 35 Stunden die Woche. Das sind so die Premiumstunden, also wenn wir frisch sind, konzentriert, Bock haben, was zu machen. Das Sahneschnittchen vom Leben,  oder zumindest sollte es das sein, aber: Die meisten von uns verbringen es damit, das zu tun, was irgendeine Chef:in ihnen sagt. 

Mach diese Exceltabelle fertig. 

Reiss die Straße da drüben auf. 

Bring diese Pizza zum Kunden.

Sitz in diesem Meeting. 

Bring die Kuh da drüben um. 

Und die Chef:in sagt dir ja nicht nur, was du zu tun hast, sondern auch wo, wann und wie. Psychiatrie, Kaserne, Fabrik, Schule und Gefängnis wurden alle etwa zur gleichen Zeit von Politikern (nicht gegendert) maßlos ausgeweitet, nämlich im Zuge der Industrialisierung. Ihr Zweck: die Kontrolle über den Aufenthaltsort, die Zeit und Tätigkeit von Menschen. Das Büro kann man getrost dazuzählen.

Klar, kann man auch schummeln, sich mal krankmelden, bisschen ruhige Kugel schieben. Die Hälfte (Si apre in una nuova finestra) der Deutschen findet das auch okay und macht es gelegentlich – gottseidank. Doch die Hälfte der Deutschen ist auch von ihrer Arbeit so erschöpft, dass sie in Befragungen sagen: Sie haben keine Kraft (Si apre in una nuova finestra) mehr, sich neben der Arbeit um Freund:innen und Verwandte zu kümmern. 

Ich habe mal fest beim SPIEGEL gearbeitet. Großes Privileg, bla bla, toller Erfolg. 

War’s nicht.

Ich bin morgens produktiv, da schreibe ich so einen Text ratzfatz runter, und es macht Spaß. Nachmittags, da brauche ich Raum und Zeit, um nachzudenken, also Spazieren und Leute zum Kaffee treffen, damit ich dann wieder was Schönes schreiben kann. Oder ich will auch einfach mal nichts tun.

Beim SPIEGEL ging das nicht, da musste ich dann auch nachmittags noch in meinem schicken Büro im elften Stock sitzen und durch die doppeltverglasten Fenster auf auf den Verkehr unten glotzen, warten dass “Feierabend” ist. Nach ein paar Monaten war ich wieder weg. 

Aber freischaffend ist ja auch nicht viel besser. Da kann ich zwar meine Zeit selbst einteilen, aber der Auftraggeber entscheidet immer noch, was ich schreibe: Wenn’s nicht gefällt, wird nicht gezahlt. 

Aber mit dem Geld erkaufst du dir doch die Freiheit, schöne Dinge zu tun!

Yes, ist richtig.

Viele von uns können sich jedes Zimmer mit Prüll vollstellen, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die meiste Kohle nach oben fließt, während im Globalen Süden Menschen als Sklaven (Si apre in una nuova finestra) gehalten und gefoltert werden als Teil dessen, was wir “Lieferketten” nennen.  

Und ganz oben sitzt dann so jemand wie Elon Musk, und oh Wunder: Er verbündet sich mit Donald Trump, um das bisschen Demokratie, was wir haben, auch abzuschaffen. Ist ja in seiner Logik auch nur folgerichtig. Das macht auch der Lobbyverein “Die Familienunternehmer” (nicht gegendert), und die FDP hilft dabei.

Und die CDU.

Und die SPD.

Und die Grünen. 

Einer repräsentativen Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung (Si apre in una nuova finestra) zufolge wünschen sich 81 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten die Viertagewoche. Auch Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (Si apre in una nuova finestra) zeigen, dass Angestellte in Deutschland am liebsten 32,8 Stunden in der Woche arbeiten würden. Doch die Wünsche der einen treffen auf die Erwartungen der anderen. 

Etwa auf Finanzminister Christian Lindner, der kritisierte, dass in anderen Ländern mehr gearbeitet werde. Auch Robert Habeck empörte sich, dass "zu viel für immer weniger Arbeit gestreikt" werde. Jens Spahn, Friedrich Merz, Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel: Die Lister derer, die vor der Viertagewoche warnen und den Wohlstand gefährdet sehen, ist lang. 

(Quelle: ZEIT Online (Si apre in una nuova finestra))

All diese Männer wollen, dass wir möglichst viel Zeit unter der Knute von Chef:innen verbringen. 

Und das fände ich so schon scheisse. Aber das Problem ist ja ein bisschen größer als das, denn: Die Chef:innen, die Eigentümer:innen und ihre politischen Helferleins zerstören unseren Planeten. Ihr werdet’s gesehen habe, nicht mal unsere Wälder nehmen mehr CO2 auf.

Wir sind ziemlich am Arsch.

Wir müssen die da oben stoppen.

Wir müssen was Geileres bauen.

Aber das wird nicht klappen, so lange die da oben die Macht haben. So lange sie uns kontrollieren, uns sagen können, was wir zu tun haben.

Anders gesagt: Wir brauchen mehr Macht. In welcher Staatsform liegt sie bei den Menschen? Genau, in der Demokratie – davon brauchen wir mehr.

In der Zwischenzeit: Wenn jemand, den du kennst, der einen festen Job hat, dir sagt: Ich bin Demokrat! Wie klingt das dann für dich?

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