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Was kostet die Macht?

Hamburgische Staatsoper (Bild: Andreas Praefcke, CC BY-SA 3.0) 

Die Staatsoper zählt zu den herausragenden Hamburger Baudenkmälern der Nachkriegsjahre. In den Jahren 1953-55 entstand sie nach Plänen des Bauhaus-Schülers Gerhard Weber, der unter anderem auch den Sendesaal des Hessischen Rundfunks (der beinahe der Plenarsaal des Deutschen Bundestags geworden wäre) und das Nationaltheater Mannheim schuf. Für seine Leistungen im Theaterbau wird Weber auf der internationalen Architekturausstellung in São Paulo 1957 als bester Theaterarchitekt ausgezeichnet – sein Erstlingswerk in diesem Bereich ist die Hamburgische Staatsoper. Seit jener Zeit wird das Haus, das mit einer Aufführung von Mozarts „Zauberflöte“ am 15. Oktober 1955 eingeweiht wurde, durchgehend bespielt, ist voll ausgelastet und zählt zu den renommiertesten Opernhäusern weltweit. Steht seit den 1980ern steht es unter Schutz.

Wien, Rendering KaDeWe Vienna (Bild: OMA Architects)

Macht aber nix, wenn jemand mit einem richtig dicken Portemonnaie vorbeikommt. Klaus-Michael Kühne zum Beispiel. Der seit Jahrzehnten in der Schweiz wohnende Unternehmer (Kühne+Nagel) verfügt über ein geschätztes Vermögen von etwa 37,4 Milliarden Euro. Und er findet, dass seine ursprüngliche Heimatstadt Hamburg etwas Besseres verdient habe, als ein in die Jahre gekommenes, asbestverseuchtes Opernhaus, das zudem eine schlechte Akustik habe. Er möchte eine neue Oper bauen. Und die könne die Stadt dann - unter zu klärenden Modalitäten – übernehmen. Das alte Gebäude könne man ja abreißen, um dort ein modernes Immobilienkonzept zu verwirklichen. Und dafür hat er gleich noch seinen Kumpel René Benko mitgebracht. Der wird bestimmt gute Ideen haben. Und der arbeitet ja auch gerade am Plan, sämtliche City-Filetlagen weltweit in seinen Besitz zu bringen und schöne neue Warenhäuser zu bauen. Wenn dabei auch mal ein Gründerzeit-Bau mit Jugenstil-Treppenhaus draufgeht, so geschehen gerade beim neuen KaDeWe in Wien, ist das nicht so wild: Die gerissenen Löcher werden mit Geld, pardon, den Werken weltberühmter Architekten zugeschüttet. Hier sind es Ellen van Loon und Rem Kolhaas. In Berlin, wo Benko den im Zweiten Weltkrieg zerstörten Karstadt-Palast wieder aufbauen möchte, soll es David Chipperfield richten. Für Hamburg sind die Pläne noch nicht so weit. Aber macht ja nichts, ist ja eher ein kleines Projekt. Peanuts.

Berlin, Karstadt ca. 1930 (historische Postkarte)

Mitunter sprengt die Hybris, mit der die Superreichen agieren, wirklich das Vorstellbare. Steuervermeider Kühne gibt den wohltätigen Mäzen für seine „Heimat“, ist mit der Kühne-Stiftung auch Förderer der Staatsoper, möchte aber nun mit seinem Geld das Gesicht der Stadt formen. Investor Benko baut mit der Siga-Holding vor aller Augen ein weltumspannendes Imperium auf, die Politik schaut dabei fasziniert zu. Und ist oft genug erleichtert, in verödenden Innenstädten etwas Glamour zurückzubekommen. Dass Immobilienbesitz der Schlüssel zur wahren Macht ist und nicht die weniger finanzstarke Politik, wird von dieser gerne wegignoriert. Amazon-Chef Jeff Bezos fliegt zum Mond, weil es ihm gefällt. Tesla-Tycoon Elon Musk ist mit seiner Firma SpaceX schon lange im Raum unterwegs, bekommt bei Berlin eine Riesenfabrik im Zeitraffertempo genehmigt (und gebaut) und kauft mal eben vielleicht Twitter. Klar, er twittert halt so viel, da liegt das doch nahe. Ob irgendjemand von den Benkos, Kühnes, Bezos und Musks dieser Welt den Fim „Citizen Kane“ von Orson Welles gesehen hat? Schon 1940 sezierte dieser eine ähnliche Figur, die sich Macht, Einfluss und Geld sicherte, ohne dass ihr am Ende davon irgendetwas Seelenheil bot.

Citizen Kane Filmstill (Bild: Wikimedia Commons/ Studio Canal / CC0 US)

Die Stadt Hamburg äußert sich übrigens zum Kühne-Benko-Vorschlag zurückhaltend. Das bisherige Gebäude der Staatsoper sei nicht nur traditionsreich, sondern für Musiktheater nach wie vor hoch attraktiv, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer der dpa. Aber trotzdem scheint die Politik vom versprochenen Glanze ein wenig geblendet. Man überlege, den Vorschlag des neuen Hauses anzunehmen, sofern es auf eine Schenkung hinauslaufe, heißt es. Der Altbau aber bleibt sicher: Er könne dann für andere Zwecke genutzt werden, würde aber auf jeden Fall erhalten bleiben, weil er unter Denkmalschutz stehe und die lange Hamburger Operngeschichte am Dammtor repräsentiere. Vor allem repräsentiert er eine Kultur, die nicht von den Gnaden der Investoren abhängig ist. Und denen man sich nie freiwillig hingeben sollte. Auch das Annehmen von Geschenken sollte man sich mittlerweile sehr gut überlegen.

Daniel Bartetzko, 30.5.2022

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