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Slowenien geht immer

#EuropaTour revisited, Teil 2

"Das sieht ja toll aus. Warum waren wir denn da noch nie?", ist eigentlich die Standard-Reaktion, wann immer ich Bilder aus Slowenien veröffentliche. Tja, warum war man da noch nie? Und warum waren auch wir seit 2017 da nicht mehr, obwohl ich schon damals aus dem Schwärmen nicht mehr rauskam und einfach alles toll fand: Die Menschen, das Land, den Schichtkuchen Gibanica? (Siehe "Zwanzigtausend Reiseleiter", Kapitel "Das Leverkusen Europas"). Ich kann es nicht erklären. Aber egal, Corona macht's möglich: Wir waren mal wieder in Slowenien.

(Glücklicher Autor vor gleichgültigen Bergen)

Die Art und Weise, wie wir 2017 gereist sind, erscheint mir heute als, ich sag's mal vorsichtig: komplett dulle. Selten waren wir damals länger als zwei Nächte auf demselben Campingplatz. Immer wollten wir weiter, mehr sehen, das nächste Ziel ansteuern. Das hat sich um 180 Grad gedreht. Ich weiß nicht, ob das am Alter liegt oder an der Bequemlichkeit oder an Corona, aber dieses "Wir müssen unbedingt noch da und dort hin und dies und jenes sehen" - darauf starre ich heute mit einem Befremden wie sonst nur auf Michael Wendler-Tour-T-Shirts. Meine bzw. unsere Devise heute lautet: "Is' schön hier. Lass mal stehen bleiben!". Ich kann das nur empfehlen.

Wir mieten uns also auf einem Campingplatz in Bovec ein, ein kleines Städtchen nicht weit von der italienischen Grenze entfernt, mein Bruder und seine Familie stoßen auch noch dazu und spätestens als wir alle zum ersten Mal zum Ufer der Soca fahren, dem absurd türkisgrünen Fluss, der uns schon 2017 so fasziniert hat, sind wir uns einig: "Is' schön hier. Lass mal stehen bleiben!"

(Der Grund für die Farbe der Soca ist noch immer nicht 100%ig geklärt. Ich tippe auf eine Gletschereisbonbonfabrik am Oberlauf des Flusses)

Wir bleiben also eine ganze Woche und absolvieren in der Zwischenzeit das "Gesamtprogramm Soca": Wir gehen raften. Wir wandern. Wir paddeln in Sit-on-top-Kajaks. Wir gehen Canyoning. Und ja, wir baden sogar in den Soca. Soweit man bei "In elf Grad kaltes Wasser springen und kurz darüber nachdenken, ob es wirklich stimmt, dass Menschen, die erfrieren, mit einem Lächeln auf den Lippen sterben" von baden sprechen kann.

(Autor in Kajak. Wenige Minuten später übrigens Autor unter Kajak)

Es ist aber nicht nur der Fluss, die Landschaft, die Natur, die ich vermisst habe. Je länger wir bleiben, umso mehr wird mir bewusst, wie sehr mir auch die Slowenen und ihre entspannt-lockere Art gefehlt haben. "First time in Slovenia?", fragt mich der Kellner im ersten Café ."Wir waren vor vier Jahren schon mal hier", antworte ich. Er grinst übers ganze Gesicht: "And now you missed me and came back?" Tja, so ganz falsch liegt er da gar nicht. 

Einen großen Unterschied zu unserem Aufenthalt 2017 gibt es: Es ist voll. Richtig voll. Offensichtlich waren wir nicht die einzigen, die Corona und die etwas schwierig gewordene innereuropäische Urlaubsplanung hier hergetrieben hat. Erstmals müssen wir in Slowenien Stellplätze reservieren und handeln uns auch einige Absagen ein. Auch der Betreiber unseres Campingplatzes, ein fröhliches, hageres Männchen mit spitzen Zähnen, das den Platz quasi als Ein-Mann-Betrieb managt, scheint von dem Andrang etwas überrascht. Abends um elf kommt er extra nochmal angefahren, um uns einen schönen Stellplatz zuzuweisen. Morgens um sechs sehe ich ihn schon wieder Toiletten putzen. "Schläfst du eigentlich nie?", frage ich ihn. Er überlegt kurz: "Nicht während der Saison", antwortet er. Haben Vampire nicht auch so spitze Zähne? Egal.

(Hund in slowenischer Morgensonne. Auch er fand: "Is schön hier")

Ach, eine Frage muss ich noch beantworten: Nein, kein Mensch muss slowenisch lernen, um hier Urlaub zu machen. Jeder hier, aus jeder Altersgruppe, spricht Englisch oder sogar Deutsch und macht auch kein Drama daraus,  diese Kenntnisse anzuwenden. Ich bemühe mich trotzdem, in der Pizzeria den slowenischen Namen meines Hauptgerichts korrekt auszusprechen. Der Kellner nimmt das mit einem, wie ich finde, ehrfurchtsvollen Kopfnicken zur Kenntnis. Wenige Minuten später bringt er uns die wagenradgroßen Pizzen: "Eine Pizza Tonno, eine Pizza Salami und die Pizza, die Deutsche nicht aussprechen können", sagt er und grinst mich an. 

Na ja, ich übe ja noch.

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