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Unerwartet großartig: Wie treffende Adjektive unsere Texte lebendig machen

Liebe Wortakrobatinnen und Sprachenthusiasten,

ich hoffe, dass ihr fleißig schreibt und in euren Buch- oder Blogprojekten gut vorankommt. Im heutigen September-Newsletter widmen wir uns einem oft unterschätzten, aber unglaublich wichtigen Thema für Sachbuchautor*innen: dem unerwarteten Adjektiv.

KI generiert mit ChatGPT

Ja, genau! Diese kleinen, oft unscheinbaren Wörter, die unsere Sätze von „nett“ zu „absurd wundervoll“ erheben – oder zumindest verhindern, dass wir beim fünften „schön“ einschlafen.

Ein unerwartetes Adjektiv ist wie das Überraschungsei in einem Satz: Alles klingt normal, und dann – BÄM! – taucht ein Wort auf, das uns zum Lachen bringt, den Kopf schütteln lässt oder zum Nachdenken anregt.

Sollte man Adjektive nicht vermeiden?

Ja, es gibt eine goldene Regel im guten Schreiben, die ihr wahrscheinlich schon einmal gehört habt: „Vermeide Adjektive!“

Viele Stilexpert*innen behaupten, dass zu viele Adjektive das Schreiben schwächen, da der Satz für sich selbst wirken sollte, ohne dass man ihn mit übermäßigen Beschreibungen schmückt. Das gilt auch für das Schreiben von Sachbüchern.

Schon Mark Twain riet seinem Schüler D. W. Bowser, CA, 1880 in einem Brief:


„Wenn Sie ein Adjektiv finden, töten Sie es.“

Starke Verben und Substantive reichen oft aus, um unsere Leser und Leserinnen zu fesseln – oder?

Nun ja... fast.

Es stimmt, dass ein Übermaß an Adjektiven einen Satz überladen und künstlich wirken lassen kann. Aber was passiert, wenn wir statt der gewöhnlichen ein unerwartetes Adjektiv einsetzen? Hier liegt die Magie! Ein gut platziertes, überraschendes Adjektiv kann einen Satz lebendig machen und – am wichtigsten – ein Gefühl erzeugen.

Brechen wir die Regeln – aber tun wir es bewusst und mutig!

Es geht dabei auch nicht um Adjektive wie „schön“, „gut“ oder „alt“. Nein, es geht um jene Adjektive, die Leser innehalten lassen. Ein unerwartetes Adjektiv löst eine emotionale Reaktion aus und verwandelt eine simple Aussage in etwas Unvergessliches.

 

Lernen wir von den Meistern des unerwarteten Adjektivs:

 

1. Bill Bryson – Der charmante Chronist des Alltags

Bill Bryson, einer meiner Lieblingssachbuchautoren, führt uns durch die einfachsten Themen und bringt uns dabei ständig zum Staunen. In seiner „Kurzen Geschichte der alltäglichen Dinge“ beschreibt er nicht nur die Entstehung von Häusern mit Treppen und Badezimmern, sondern versieht diese mit Adjektiven, die uns aufhorchen lassen.

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  • „Unglaublich winzig“ – So beschreibt er die Räume der Dienerschaft in viktorianischen Häusern. Bryson macht das Unscheinbare greifbar, und plötzlich fragen wir uns: Wie konnten Menschen in so unfassbar kleinen Räumen leben?

  • „Überraschend furchteinflößend“ – Diese Adjektive verwendet er, um die Dunkelheit eines alten englischen Schlafzimmers zu beschreiben. Wer hätte gedacht, dass ein Schlafzimmer so unheimlich wirken könnte?

  • „Rührend unpraktisch“ – So beschreibt er eine besondere Treppe in einem viktorianischen Haus. Diese unerwartete Kombination von Adjektiven erzeugt sofort ein Bild: charmant, aber nutzlos. Die Wortwahl ruft ein Gefühl von Nostalgie und sanfter Kritik hervor – viel tiefer als ein simples „unpraktisch“.

  • „Fast gespenstisch wohnlich“ – Die Kombination dieser gegensätzlichen Adjektive für ein Steinhaus malt eine paradox lebendige Beschreibung. (Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge).

2. Douglas Adams – Der König des absurden Universums

Kaum jemand verwendet unerwartete Adjektive so gekonnt wie Douglas Adams, der Autor der Per Anhalter durch die Galaxis-Reihe. In einer Welt voller skurriler Abenteuer und lächerlicher Situationen sind seine Adjektive eine ständige Quelle des Vergnügens.

„Der Weltraum ist groß. Du wirst nicht glauben, wie unglaublich, gewaltig, umwerfend groß er ist.“

  • Adams hätte einfach „riesig“ sagen können, aber stattdessen übertrifft er unsere Erwartungen und vermittelt das Gefühl, von der Unendlichkeit des Universums überwältigt zu sein.

  • „Unerträglich fröhlich“ beschreibt er einen Raumschiffcomputer. Adams zeigt hier, wie ein vermeintlich positives Adjektiv (fröhlich) zu etwas Lästigem wird. Perfekt gewählt, um uns die aufdringliche Freundlichkeit des Computers zu verdeutlichen, der uns sicher auch auf die Nerven fallen würde.

3. Terry Pratchett – Der Meister der Scheibenwelt und des absurden Humors

Wenn es einen Autor gibt, der das Unerwartete zur Norm macht, dann ist es Terry Pratchett. In seinen Scheibenwelt-Romanen sprudeln die Adjektive nur so vor Kreativität und Witz. Auch in seinem frühen Roman „Die Teppichvölker“ zeigt sich sein Talent, ich habe es zur Recherche gelesen, als ich selbst gerade eine fantasievolle Einleitung für eines meiner Sachbücher zu Mikroben im Haus schrieb.

„Zu beiden Seiten des Weges ragten die Haare auf, und jetzt waren sie dunkelrot. Die Fusselbüsche und das Staubgestrüpp wuchsen ebenfalls in unterschiedlichen Rotschattierungen. Snibril hatte das Gefühl, durch ein gewaltiges plötzlich erstarrtes Feuer unterwegs zu sein.“

(Die Teppichvölker, Kapitel 5). Diese bildhafte Beschreibung lässt uns innehalten und bringt die ungewöhnliche Szenerie zum Leben.

KI generiert mit ChatGPT

(Alle drei Bilder KI-generiert mit ChatGPT)

Was bewirkt ein unerwartetes Adjektiv?

Ein unerwartetes Adjektiv kann einen Text verwandeln und ihn von gewöhnlich zu außergewöhnlich machen.

  1. Es weckt Gefühle und Spannung
    Ein „überraschend furchteinflößender“ Raum vermittelt nicht nur Informationen, sondern lässt Leser*innen fühlen, wie bedrohlich dieser Raum wirkt.

  2. Es erzeugt ein visuelles Bild.
    „Unglaublich winzig“ lässt sofort eine klare Vorstellung der Raumgröße entstehen und regt die Fantasie an.

  3. Es überrascht und bringt zum Schmunzeln.
    Eine „steife, überaus beleidigte Salatgurke“ ist absurd genug, um ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.

  4. Es schafft Atmosphäre.
    Adjektive wie „rührend grotesk“ geben einem Text eine unverwechselbare Stimmung und schaffen Tiefe.

  5. Es regt zum Nachdenken an.
    Begriffe wie „gespenstisch wohnlich“ fordern die Leser*innen heraus, sich die Paradoxie dieses Ausdrucks vorzustellen.

  6. Es verstärkt die Bedeutung des Substantivs.
    „Ehrfurchtgebietend klein“ verwandelt die einfache Kleinheit in etwas fast Monumentales.

  7. Es gibt dem Text deine Erzählstimmen und Persönlichkeit
    Ein unerwartetes Adjektiv verleiht einem Text eine eigene Stimme. Es zeigt, dass der Autor, die Autorin sich traut, originell und kreativ zu sein. Ein Text voller gewöhnlicher Adjektive wirkt oft neutral und wenig inspirierend, aber wenn der Verfasser unerwartete, lebendige Adjektive verwendet, beginnt der Text zu „sprechen“ und seine eigene, unverwechselbare Persönlichkeit zu entwickeln.

Fazit:

Ein unerwartetes Adjektiv ist wie ein bunter Farbtupfer auf einer grauen Leinwand.

Es macht Sätze lebendig, bringt Humor, schafft Atmosphäre und bleibt im Gedächtnis. Und genau deshalb ist es so mächtig und wertvoll!

Hier noch die Lesetipps im Überblick:

(Foto: S. Thiele)

Schreibübung: Jetzt seid ihr dran!

Warum sollten nur Bestseller-Autoren Spaß an unerwarteten Adjektiven haben? Ihr könnt das auch!
Warum sagen wir „Das Wetter war schlecht“, wenn wir stattdessen „Das Wetter war deprimierend melancholisch“ sagen können?
Oder statt „Ich bin müde“ – wie langweilig! Was ist mit „Ich bin erschreckend ausgelaugt, als hätte ich eine Woche lang mit Nilpferden Schach gespielt“?

Probiert es aus! Spielt mit Worten.!

Lasst die Sätze tanzen – oder stolpern, je nachdem, welches Adjektiv ihr wählt. Denkt an die verrückten Momente, in denen ihr „liebenswert grotesk“ sagt, statt nur „seltsam“. Beschreibt euren Alltag doch einmal ganz anders!

  • Aus „Der Kuchen schmeckt lecker“ wird: „Dieser Kuchen ist sensationell schockierend schokoladig.“

  • Statt „Mein Tag war gut“: „Mein Tag war verblüffend harmonisch.“

Dann sind eure Tage vielleicht ab jetzt schwammig, kaugummiartig oder chaotisch-knitterig, schaurig-wunderlich oder knirschend – wie Sand im Getriebe.

Erwartet das Unerwartete und schreibt es auf!

P.S.: Sendet mir gern eure neuen Lieblingsadjektive oder sogar Kombinationen! Vielleicht landet ihr damit schon im nächsten Newsletter!

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Eure
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