Newsletter #06 - Alles frisch?
Moin und herzlich willkommen zu meinem Newsletter!
Und vor allem: Frohes neues Jahr! Ich hoffe, ihr seid alle gut in 2025 angekommen und konntet bereits schöne Momente erleben. Mein Jahr hat sehr produktiv begonnen. Da da jedes neue Jahr für mich häufig ruhig und mit wenigen Terminen startet, habe ich diesmal meinen Mut und meine freien Stunden zusammengenommen und ein großes Schreibprojekt begonnen. Wohin die Reise geht, wird sich noch zeigen, aber ihr habt heute die Möglichkeit, schon einen kleinen Blick hineinzuwerfen …
Viel Spaß beim Lesen meines Newsletters! ✨
#1 / Lang gesagt / Die Frau mit der Fußballfeldstimme
Der Schweiß tropft mir von meiner Nasenspitze herunter, mein Gesicht ist vermutlich knallrot und meine Arme und Beine erdverschmiert. Ich gebe keinen besonders liebreizenden Eindruck ab, während ich durch die Gassen einer vom Hochsommer ausgestorbenen Kleinstadt schlurfe. Die elendige Hitze lässt mich schließlich in den Schatten einer Kastanie an einem begrünten Seitenstreifen sinken. Sitzen, nur 5 Minuten sitzen und die Augen schließen, dann geht es wieder. Jeden Moment geht es weiter. Nur kurz ausruhen. Nur ganz kurz ausruhen.
„Hallo!“
Mein Körper zuckt heftiger zusammen, als nötig gewesen wäre, alles schmerzt und alles ist hell.
„Oh je, entschuldigen Sie bitte, ich wollte Sie nicht erschrecken.“ Von der anderen Straßenseite flötet mir eine Stimme entgegen. Ich kann die ältere Dame hinter ihrem Gartenzaun erst richtig erkennen, als ich meine Augen mit der Hand gegen das Licht abschirme.
„Hallo! Kein Problem!“, rufe ich über den flimmernden Asphalt zurück und versuche ebenso viel Flötenklang in meine Stimme zu legen.
„Brauchen Sie Hilfe?“ Ihre Stimme ist erstaunlich kraftvoll, mit so einer Stimme kann man Fußballtrainerin werden.
„Nein, danke. Ich komme schon klar.“ Ich zwinge ein Lächeln zwischen meine Mundwinkel, noch immer die Hand an der Stirn, als würde ich der grauhaarigen Dame und ihren Hortensienbüschen salutieren.
Ein paar Sekunden blickt sie mir wortlos entgegen, nickt dann und verschwindet durch die offengelassene Haustür wieder zurück ins Haus.
Keine Ahnung, wie lange ich an der Kastanie gedöst habe, doch es geht mir nicht besser als zuvor. Mein Schädel wummert, als hätte ich einen Kater, mein ganzer Körper wummert. Nach zwei Nächten auf der Isomatte haben sich meine Knochen noch immer nicht an ihr unluxuriöses Schlaflager gewöhnt. Genauso wenig meine Schultern, die durch das diabolische Gewicht des Wanderrucksacks inzwischen die ersten Blutergüsse zieren. Ich nehme meinen Helm ab und halte meine Haare, die nass an meinem Schädel kleben, für einen Moment genüsslich in den sanften Wind.
Erstmals nach dem Sturz erlaube ich mir, das Fahrrad ausführlich in Augenschein zu nehmen: Schutzblech vorne aus der Halterung gebrochen, Lenker seltsam nach unten gedreht, rechter Bremshebel wackelt, Sattel verschoben, Schutzblech hinten verbogen, Kratzer an Gabel und Sattelstütze. Na wunderbar.
„Kacke!“, fluche ich und trete im Affekt gegen den Baumstamm neben mir.
„‘schuldige“, murmle ich kurz darauf und fahre der Kastanie kurz mit den Fingern über ihre Borke. Sie kann da schließlich auch nichts für.
„Ich bin’s nochmal.“ Die alte Frau mit der Fußballfeldstimme steht plötzlich hinter mir, ich habe sie nicht kommen gehört. In der einen Hand hält sie eine 0,75 l Glaswasserflasche, in der anderen einen Werkzeugkasten.
„Haben Sie Werkzeug?“, fragt sie.
„Ja“, lüge ich.
„Na, das ist doch super“, sagt sie und stellt trotzdem Werkzeugkasten und Wasserflasche im Gras zwischen uns ab. „Sollte Ihnen doch etwas fehlen, bedienen Sie sich einfach.“
Bevor ich etwas erwidern kann, hat sie sich bereits umgedreht und die Hälfte der Straße überquert.
Ich sehe hinab auf die überraschenden Gaben. Auf der Flasche kondensiert Wasser, sie ist offensichtlich kalt. Gierig bücke ich mich danach und halte das kalte Glas an meine Wange. Es tut unglaublich gut und wird nur davon übertroffen, die kalte Flüssigkeit im nächsten Moment durch meinen Hals fließen zu spüren. Ich kann gar nicht anders, als laut zu seufzen. Wie einem die kleinen Dinge manchmal doch das größte Glück bescheren können.
Mein Körper und Verstand kühlen langsam etwas herunter und ich begutachte unschlüssig den Werkzeugkasten, der erwartungsvoll vor meinen Füßen im Gras steht. Ich weiß nicht, wie ich die höfliche Aufdringlichkeit dieser Frau finden soll. Brauche ich das Werkzeug? Auf jeden Fall. Aber soll ich es wirklich benutzen? Wer ist denn diese Frau und warum meint sie zu wissen, was ich brauche? Sehe ich so hilflos aus in meinen dreckigen Shorts und dem verschwitzten Sportshirt? Warum hat eine alte Frau überhaupt einen Werkzeugkasten? Wenn etwas kaputt ist, kommen doch sicher die Kinder oder Enkel mit ihren eigenen Werkzeugkästen. Und vor allem: Warum habe ich kein Werkzeug dabei?
Dass ich mein gesamtes Gepäck in unter einer Dreiviertelstunde gepackt habe, kommt nicht unbedingt von meinem intuitiven Organisationstalent, sondern eher von meiner Wird schon nichts schiefgehen-Einstellung. An Werkzeug habe ich beim Packen, Überraschung, demnach nicht gedacht.
Auf meiner Stirn hat sich inzwischen eine steile Falte niedergelassen, mein Gewicht verlagert sich unschlüssig von einem Bein aufs andere, Daumen und Zeigefinger beider Hände tippen schnell gegeneinander. Ich überlege, einfach mein Fahrrad zu nehmen und weiter durch die Stadt zu schieben, bis ich an einem Baumarkt oder Geschäft mit ähnlichem Sortiment vorbeikomme. Dort könnte ich Werkzeug kaufen und mithilfe von ein paar YouTube-Videos mein Rad wieder in Schuss bringen. Das denke ich, während sich mein Blick starr auf den vor mir stehenden Werkzeugkasten richtet und mir fällt selbst auf, wie albern das ist. Ich atme zweimal tief durch, dann fange ich an.
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Na, Sommergefühle bekommen? Das war ein kleiner Ausschnitt aus meinem neuen, großen Schreibprojekt und ich hoffe, er konnte euch etwas neugierig machen 😉
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#2 / Rückblick / Mein 10-jähriges Poetry Slam Jubiläum
Am 12.01.2015, also vor ziemlich genau 10 Jahren hatte ich meinen ersten Auftritt beim Newcomer-Special im English Theatre Frankfurt. Das Foto ist dann wenige Monate später beim U20 Hessenslam entstanden und ich stelle mir vor, dass die 18-jährige Lea dort für uns beide applaudiert. Für 10 Jahre Slam, für über 500 Auftritte, für ein Hobby, aus dem ein Beruf geworden ist. Ich bin unendlich dankbar, denn mir wurden viele Chancen gegeben, Türen geöffnet und in zahlreichen Momenten habe ich wohl auch viel Glück gehabt.
Doch Stopp. An dieser Stelle möchte ich mich aktiv gegen mein Imposter-Syndrom wehren: Ich habe nicht einfach nur Glück gehabt, nein. Denn das, was ich mache, das mache ich richtig gut!
Und ich bin verdammt stolz auf mich und alles, was ich im letzten Jahrzehnt erreicht habe. Denn ich habe viel dafür gearbeitet, unendlich viel geschrieben, verworfen und auswendig gelernt (holy, habe ich viel auswendig gelernt!).
Wenn ich heute in Backstages sitze und gefragt werde, wie lange ich das schon mache und wenn ich dann sogar sagen darf, dass ich davon lebe, hat das wenig mit Glück zu tun. Es hat zu tun mit Übung, Arbeit und auch mit Mut.
Nach wie vor ist Poetry Slam meine Leidenschaft. Natürlich fühlt sich heute vieles anders an als damals, aber ein Gefühl hat sich seitdem nie verändert. Wenn mein Name vorgelesen wird, ich mit Scheinwerferlicht im Blick ans Mikrofon trete, pulsiert in meinem Kopf immer der gleiche Gedanke: Hier gehöre ich hin.

#3 / Kurz gesagt / Januarnebel
Hängt draußen ein Nebel,
an Fenstern und Bänken?
Liegt zwischen Tau und auch Frost
ein still heimliches Glänzen?
Findest am Tag nirgends Licht
und in der Nacht kaum nach Haus?
Wenn auch nur hinter Wolken,
glaub mir, die Sonne geht wieder auf.
#4 / Gelesen & Geliebt
Cosmic Kiss - Matthias Maurer (Si apre in una nuova finestra)
Matthias Maurer ist Astronaut aus dem Saarland und flog 2021 für sechs Monate auf die Internationale Raumstation ISS. Cosmic Kiss hieß seine Mission und so heißt nun auch seine Biografie, in der er uns mitnimmt durch das lange, lange (so lange!) Astronautentraining und schließlich natürlich auch zu seinem Einsatz im All. Ein großartiges und spannendes Buch, das perfekt von allen gelesen werden kann, die von technischen Feinheiten und Berechnungen wenig Ahnung haben und sich schlichtweg für Raumfahrt begeistern, so wie ich ;) Und natürlich auch für alle, die einfach gerne eine gute Biografie lesen.
#5 / Abspann
In jeden Abspann gehört ein guter Song.
Heute habe ich ein bisschen 70er für euch. Ein Lied, mit mehr Licht, als im aktuellen Januarnebel zu finden ist und einer lockeren Melodie, die alles etwas leichter werden lässt.
Tie a Yellow Ribbon Round the Ole Oak Tree - Dawn (Si apre in una nuova finestra)
https://open.spotify.com/intl-de/track/12UzVR0M7asW2MHAZRJk0I?si=81d69bed16564b44 (Si apre in una nuova finestra)Zack, ist er schon wieder vorbei, mein Newsletter! Ich hatte auf jeden Fall Spaß und freue mich schon auf die nächste Ausgabe! Solltet ihr Fragen, Rückmeldungen oder Ideen haben, immer her damit. Antwortet einfach auf diese E-Mail.
Alle lieben Grüße und bis bald 🍁
Lea
P.S. Alle bisherigen Newsletter findest du hier: