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Nachhaltigkeitspotential von Jobsharing

Die Arbeitswelt ist aktuell geprägt von starken Wandlungsprozessen, die sich sowohl auf die Art und Weise von Arbeit als auch deren Bedeutung und Funktionsweise beziehen. Diese Veränderungen wirken sich einerseits auf einzelne Arbeitende und andererseits auf die globale nachhaltige Entwicklung aus.

Ein Teil der Diskussion in Hinblick auf die Zukunft von Arbeit ist die vielversprechende Organisationsform Jobsharing, welche bislang nur einen kleinen Anteil an Beschäftigungsverhältnissen ausmacht. Dadurch ergibt sich die Frage, ob Jobsharing das Potential hat, einen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten. Um diese Frage zu beantworten, werfen wir zunächst einen kurzen Blick auf den Arbeitsmarkt in Deutschland, um das nachhaltige Konzept der Sharing Economy und anschließ0end Jobsharing näher zu betrachten.

Wie arbeiten wir in Deutschland?

Ein Blick auf die aktuellen Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland dient der Einordung des Arbeitsmodells Jobsharing in diesen Kontext. Fast die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland erhält ihr Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Erwerbstätigkeit in Deutschland wird im Wesentlichen durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sowie das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) bestimmt (vgl. ArbZG, 2016; vgl. TzBfG, 2000). Durchschnittlich arbeitet eine arbeitnehmende Person 38,5 bis 40 Stunden im Vollzeitmodell, wobei Überstunden durch Vergütung oder Freizeitausgleich abgegolten werden. Teilzeit- wird durch den Vergleich zur Vollzeitarbeit definiert. Dabei sind Arbeitnehmende (AN) beständig weniger tätig als eine vergleichbare Person in einer Vollzeitstelle. Zusätzlich existieren weitere Modelle wie die Beschäftigung freier Mitarbeitender, studentischer Mitarbeitender, Minijob-Beschäftigte beziehungsweise auf geringfügiger Basis Beschäftigte.

Aktuell ist das Vollzeitmodell das vorherrschende Beschäftigungsverhältnis. Allerdings berichtete das Nachrichtenmagazin „der Spiegel“ bereits 2017 (Si apre in una nuova finestra), dass sich der Arbeitsmarkt wandelt und weniger Menschen in Vollzeitstellen angestellt seien. Das Institut für Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen hat in einem Jahresvergleich zwischen 2008 und 2018 diese Zunahme der Teilzeitarbeit festgestellt. Anhand der Zahlen wird deutlich, dass es sich um ein geschlechtsspezifisches Thema handelt. Knapp 80 Prozent der in Teilzeit Beschäftigten sind Frauen. Bei der Betrachtung der Verteilung von Voll- und Teilzeitstellen erwerbstätiger Männer und Frauen mit minderjährigen Kindern wird eine große Differenz deutlich. Während 94,2 Prozent der Männer in Vollzeit und nur 5,8 Prozent in Teilzeitmodellen arbeiten, sind es bei den Frauen 66,2 Prozent in Teilzeit- und lediglich 33,8 Prozent in Vollzeitarbeit. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit über dem Durchschnitt, denn die Quote der in Teilzeit arbeitenden Frauen liegt für Europa gesamt bei ca. 31 Prozent (Tagesschau (Si apre in una nuova finestra)).

Was ist mit Sharing Economy gemeint?

Eine einheitliche Definition zu Sharing – auch Sharing Economy genannt - existiert nicht, die Thematik wird dabei aber grundsätzlich mit dem Überdenken von bisherigen Eigentumsverhältnissen in Verbindung gebracht. Russell Belk formuliert dies folgendermaßen:

„The act and process of distributing what is ours to others for their use and/or the act and process of receiving or taking something from others for our use“.

Damit wird die Verteilung bzw. der Austausch von beispielsweise Gebrauchsprodukten in den Vordergrund gestellt. Ein gern genanntes Beispiel für die moderne Sharing Economy stellt die Plattform zur Vermietung von Wohnraum „Airbnb“ dar.

Historisch ist der Austausch von Ressourcen keine neue Erfindung, sondern wurde lange vor der Sharing Economy betrieben. Die Möglichkeit, dass diese Verteilung über bekannte Sozialkontakte hinaus (sog. stranger sharing z.B. mithilfe von digitalen Plattformen) stattfindet und der Zugang für mehr Menschen ermöglicht wird, unterscheidet die aktuelle wirtschaftliche Form von früheren Ausprägungen. Heutzutage wird die Sharing Economy als „transformative Bewegung“ eingeordnet, da sie es Menschen ermöglicht, sich miteinander „zu vernetzen, zu tauschen [und] zu kooperieren“. Es existieren eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze zur Kategorisierung. Juliet Schor unterscheidet vier Arten des Sharings, worunter zum einen die Rückführung von Gütern fällt. Ebay und Craigslist können hier als Beispiele aufgeführt werden, welche es ermöglichen, Produkte nach dem Gebrauch weiterzugeben. Als zweite Kategorie spielt die intensivere Nutzung langlebiger Güter eine Rolle. Darunter fallen beispielsweise Unternehmen wie Uber, aber auch ehrenamtliche Initiativen, wie z.B. Nachbarschaftshilfen. In Ergänzung dazu wird der Austausch von Dienstleistungen als dritter Aspekt genannt, wobei als Beispiel die Plattform TaskRabbit angeführt werden kann. An vierter Stelle wird das Teilen von produktivem Eigentum genannt. Bei Hackerspaces oder Peer-to-Peer Universitäten werden Inhalte gemeinsam produziert oder bestimmte Fähigkeiten miteinander geteilt.

Wie funktioniert Jobsharing?

Jobsharing beschreibt ein Arbeitsmodell, bei dem sich zwei oder mehr in Teilzeit arbeitende Personen, auch Jobsharende, Jobsharing-Paar, Tandem oder Tandemmitglieder genannt, einen Arbeitsplatz teilen. Die Aufteilung kann sowohl in einem ausgeglichenen als auch in einem prozentual unterschiedlichen Verhältnis gestaltet werden. Die geteilte Stelle kann sich dabei bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von ungefähr 40 Stunden/Woche auf 100 oder auch mehr Prozent der üblichen Wochenarbeitszeit aufsummieren, wenn beide Jobsharende mehr als 20 Stunden in der Woche arbeiten. Dies ist häufig der Fall, wenn sich Führungspersonen ein Tandem teilen, in dem gemeinsam 120 bis 150 Prozent der üblichen Arbeitsstunden geleistet werden. Jobsharing in Führungspositionen wird als Topsharing bezeichnet. Die Mitwirkenden beim Job- und Topsharing teilen sich sowohl Arbeitsleistung als auch Arbeitszeit im vorgegebenen Umfang der definierten Stelle. Entwickelt wurde das Modell in den 1960er Jah-ren in den USA. In Deutschland wurde es ab 2001 durch das Inkrafttreten des TzBfG durch die Bundesregierung eingeführt.

Die Abgrenzung zur Teilzeitarbeit ist nicht immer trennscharf. Während einige AutorInnen sie als Unterform des Teilzeitmodells klassifizieren, wird sie an anderer Stelle davon unterschieden. Als Unterscheidungsmerkmal wird hauptsächlich der Aspekt der „hohen Souveränität“ in Bezug auf Arbeitszeit und -inhalte genannt, weil die Jobsharenden beispielweise in Eigenverantwortung Aufgaben erledigen können. Zudem ermöglicht diese Form der Teilzeit die Aufteilung von Aufgaben mit hohem Anspruch bzw. hoher Komplexität beispielsweise in Form von Wissensarbeit und Führungsaufgaben. Aufgrund der fehlenden Trennschärfe des Begriffs ist es schwierig belastbare Zahlen zum Einsatz von Jobsharing in Unternehmen zu finden. Die Zahlen schwanken von jedem 5. bis 10. Unternehmen in Deutschland, das dieses Arbeitsmodell anbietet je nach Jahr und Studie.

Chancen und Risiken des Jobsharings

Jobsharing birgt verschiedene Chancen und Risiken (vgl. Tabelle 1).

Eine Umfrage unter deutschen Internetnutzenden hat ergeben, dass ungefähr 43 Prozent das Arbeitszeitmodell Jobsharing in Betracht ziehen würden. Auch in einer im Jahr 2019 durchgeführten Studie zum Thema Jobsharing bei Führungspositionen wird deutlich, dass diese Arbeitsform wenig verbreitet ist, aber insgesamt eine positive Bewertung erfährt. Ansprechpersonen in den Personalabteilungen der befragten Unternehmen sagten aus, dass Jobsharing mit ca. 85 Prozent vorrangig von Frauen in Anspruch genommen wird. Insgesamt bietet das Modell großes Potential. Gleichzeitig herrscht eine Diskrepanz zwischen gesellschaftlichem Interesse und der betrieblichen Umsetzung. Unsicherheitsfaktoren bestehen weiterhin in Bezug auf die Bedingungen einer erfolgreichen Implementierung.

Nachhaltigkeitspotentiale des Jobsharings

Die Potentiale des Jobsharings in Bezug auf Nachhaltigkeit schauen wir uns in Bezug auf die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit, SDGs und Zeitwohlstandsaspekte an. Wenn du nicht vertraut mit diesen Grundprinzipien bist, schau dir diesen Newsletter (Si apre in una nuova finestra)von mir vorher an.

Jobsharing und die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit

Eine gesunde finanzielle Basis ist unerlässlich für das Fortbestehen einer Unternehmung. Diese ist außer Frage und wird oftmals und viel in Unternehmen diskutiert. Deswegen schauen wir uns heute die anderen beiden Dimensionen genauer an.

Auch die soziale Dimension der Nachhaltigkeit ist relevant, da die Bedeutung eines Arbeitsverhältnisses über monetäre Aspekte hinausgeht. Martin Brussig spricht in diesem Zusammenhang von „System- und Sozialintegration“. Für ihn geht es vielmehr um persönliche und soziale Aspekte, die eine wesentliche Rolle spielen und das Leben von Individuen und auch der Gesellschaft als Ganzes beeinflussen. Auf individueller Ebene bietet Jobsharing beispielsweise die Möglichkeit Erwerbs- und Familienarbeit besser miteinander zu kombinieren. Dadurch können Menschen weniger gestresst und gesünder leben. Eine Prognose bis zum Jahr 2030, die von Economix Research & Consulting in Mün-chen im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erstellt wurde, hebt neben der beruflichen Integration von Geflüchteten, den demographischen Wandel sowie die Digitalisierung als relevante Aspekte für den Arbeitsmarkt hervor. Damit wird auch der gesamtgesellschaftliche Mehrwert von Jobsharing deutlich. Gerade die Konzepte der inter- und intragenerationalen Gerechtigkeit und Chancengleichheit können mithilfe von Jobsharing unterstützt werden. Denkbar ist beispielsweise Jobsharing in Unternehmen zur Integration Geflüchteter einzusetzen. Es bietet zudem sowohl Frauen als auch Männern die Möglichkeit mit einer reduzierten Stundenanzahl Führungspositionen einzunehmen, und damit gerade Frauen mit Kindern zu unterstützen. Die genauen Folgen des demographischen Wandels auf dem Arbeitsmarkt sind weitestehend unerforscht. Dem damit einhergehenden Fachkräftemangel kann aus Unternehmenssicht im Rahmen des Employer Brandings mithilfe von Topsharing entgegengewirkt werden.

In der ökologischen Dimension sind die benötigten Rohstoffe und die Energie für die Software zu berücksichtigen. Zudem kommen zusätzliche Ressourcen für Arbeitsplatz oder Materialien der ergänzenden Tandembeteiligten hinzu. Wie hoch der Ressourcenaufwand insgesamt ist und welche positiven Auswirkungen auf sozialer und ökonomischer Ebene auf der anderen Seite entstehen ist weiterhin zu untersuchen.

Jobsharing und die SDGs

In Bezug auf Jobsharing sind speziell folgende Ziele der Agenda 2030 von Bedeutung:

  • Ziel 1 (Keine Armut): Da die Arbeit durch Jobsharing auf mehr Personen aufgeteilt wird und mehr Menschen in Arbeit sind, kann es einen Beitrag zu weniger Armut leisten. Dies gilt, sofern die Gehälter angemessen in Bezug auf die Lebenshaltungskosten ausfallen.

  • Ziel 3 (Gesundheit und Wohlergehen): Eine besonders hohe Signifikanz besitzt das dritte Ziel Gesundheit und Wohlergehen. Es ist davon auszugehen, dass die Tandembeteiligten weniger Stress, mehr Zeit für andere Lebensbereiche und sich selbst haben.

  • Ziel 5 (Geschlechtergleichheit): Das fünfte Ziel adressiert die Thematik der Geschlechtergleichheit. Hierbei spielen ungleiche Chancen und Verdienstmöglichkeiten von Frauen im Rahmen der Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse eine Rolle, die durch Jobsharing verbessert werden.

  • Ziel 8 (Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum): Durch Verteilung der Arbeitslast auf mehr Personen und gleichzeitiger Verbesserung menschenwürdiger Arbeit durch mehr Flexibilität wird dieses Ziel durch Jobsharing unterstützt.

Kann Jobsharing zu mehr Zeitwohlstand führen?

Gewinnmaximierung und beständiges Wirtschaftswachstum sind Leitbilder des aktuellen Wirtschaftssystems. Die Postwachstumsdebatte übt Kritik „am Streben nach [der] unendlichen Steigerung des Wirtschaftswachstums“ (postwachstum.de (Si apre in una nuova finestra), 2016; vgl. Von Jorck & Gebauer, 2015, S. 21). Dies kann sich ebenfalls auf die Ressource Zeit beziehen, denn die vorherrschende Produktions- und Lebensweise äußert sich dadurch, möglichst viel materiellen Reichtum in kurzer Zeit zu erwirtschaften. Viele Menschen wünschen sich nun aber eine neue Verteilung der Zeit, so dass sie genussvoller, aber mit weniger Konsum und weniger Arbeit leben können. Zeitwohlstand wird dabei nicht nur quantitativ mit mehr Freizeit gleichgesetzt, sondern schließt ebenfalls eine qualitative Ebene ein, die sich durch Zeitsouveränität ausdrückt. Enthalten sind dabei nicht nur Menschen, die weniger arbeiten und mehr Freizeit haben wollen, sondern auch diejenigen, die in ihrer Arbeit aufgehen und eine Sinnhaftigkeit erkennen . Laut Nico Paech ist es möglich, sich von dem Ballast des Wohlstands durch Zeitwohlstand zu befreien. Dabei

„trägt ein veränderter, nachhaltiger Lebensstil nicht nur dazu bei, die ökologischen Probleme unserer Zeit zu lösen, sondern führt gleichzeitig zu erfahrbarem Zeitwohlstand“

(vgl. Habermann et al., 2015, S. 9, 2015, S. 40ff.; Paech, 2016).

Es kann deutlich gemacht werden, welchen Beitrag Jobsharing im Kontext des Postwachstums beisteuert. Die Grundvoraussetzung für Zeitwohlstand ist soziale Absicherung. Jobsharing ermöglicht es mehr Menschen am Arbeitsmarkt teilzuhaben und sie somit von Existenzängsten zu befreien. Des Weiteren kann Jobsharing im Rahmen „Guter Arbeit“ die quantitative Perspektive (weniger Arbeitszeit) erfüllen, die qualitative Komponente (Zeitsouveränität oder Mitbestimmung) liegt im Ermessen der jeweiligen Unternehmen. Produktivitätssteigerung und technologischer Fortschritt spielen gerade auf dem Arbeitsmarkt eine bedeutende Rolle, welche zu mehr Zeitwohlstand führen kann. In diesem Kontext ist vor allem auf Rebound- (Si apre in una nuova finestra)Effekte zu achten, so dass Tandembeteiligte am Ende nicht in Zeitarmut verfallen, weil sie neue Aufgaben im persönlichen Umfeld übernehmen. Die gegenwärtige Gesellschaft ist geprägt von starken Konsumgewohnheiten. Um diesen Kreis zu durchbrechen, könnte die Suffizienz- (Si apre in una nuova finestra)Strategie aushelfen. Jobsharing und Suffizienz sind in einer wechselseitigen Kombination miteinander denkbar, so dass ein Zugewinn an freier Zeit durch Jobsharing dazu führen kann, weniger zu konsumieren. Ein weiterer interessanter Aspekt ist Reflexionszeit. Jobasharing bietet die Möglichkeit, dass Jobsharende weniger arbeiten und beispielsweise mehr Zeit für die Reflektion eigener Lebensentwürfe und damit ihr eigenes Leben aktiver gestalten können und ggf. auch zu entschleunigen.

Fazit

Abschließend lässt sich festhalten, dass Jobsharing im Rahmen der Nachhaltigkeit großes Potential bietet. Wie groß das Potential in den einzelnen Bereichen ist und wie hoch die Risiken einzuschätzen sind, ist genauer zu untersuchen. Zudem stellt sich die Frage, welche Aspekte und Umstände gegeben sein müssen, damit Jobsharing im Rahmen des kulturellen Wandels eine nachhaltige Wirkung erzielt. Dies ist vertiefend zu überprüfen. Gerade politische und soziale Einflussfaktoren spielen hierbei eine wichtige Rolle.

Wenn du mehr zu diesem Thema erfahren möchtest, schreib' mir gerne! Bei Interesse, sende ich dir das komplette Whitepaper zum Thema.

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Foto von Markus Winkler (Si apre in una nuova finestra) auf Unsplash (Si apre in una nuova finestra)

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