Was Biden und die Demokraten an Hochschulen und in der Forschung vorhaben
Von Klaus Martin Höfer
Mehr finanzielle Hilfen aus dem Bundeshaushalt für Studierende und für die Abzahlung von Studienkrediten, Geld für medizinische Forschung, mehr Vertrauen in staatliche Forschungseinrichtungen und in viel Unterstützung für Klimaforschung – damit unterscheidet sich Biden stark von Trump.
Auch den Demokraten ist bewußt, dass die Finanzen bei vielen Wählern der springende Punkt beim Studium ist: Hohe Studiengebühren schrecken vom Studieren ab, lassen Studierende abbrechen und Absolventen oft für Jahrzehnte Schulden abzahlen, insbesondere Geringverdiener, aber auch weite Teile einer Mittelklasse, die sich früher tatsächlich mehr leisten konnte. Rund 45 Millionen US-Amerikaner haben insgesamt Studiengebühr-Schulden in Höhe von 1,6 Billionen US-Dollar, so Regierungsstatistiken.
Die Zahl ist in den vergangen Jahrzehnten steil nach oben geschossen, weit höher, als die meisten anderen Ausgaben in einem Privathaushalt. Die Demokraten im Repräsentantenhaus haben nun ihren "Fahrplan für studentischen Erfolg" vorgelegt. "Für Millionen Amerikaner bleibt ein Studium außerhalb ihrer finanziellen Möglichkeiten", sagte Bobby Scott, Demokrat aus Virginia und Sprecher seiner Partei im Bildungsaussschuss. Wichtige Punkte des Demokraten-Plans: "Community Colleges" sollen gebührenfrei werden, die Förderung für sehr einkommensschwache Bachelor-Studierende ("Pell Grant") auf dann höchstens 14 000 Dollar verdoppelt werden und auch weiterführende Studiengänge einschließen. Allerdings ist diese Förderung ist an sehr strenge Kriterien verknüpft und sie reicht auch bei einer Verdoppelung nicht aus, um die tatsächlichen Kosten für ein Studium und den Lebensunterhalt zu decken.
Die Demokraten wollen zudem etwas tun, was sich für das reichste Land der Welt ungewöhnlich anhört, aber auch die Verteilung des Reichtums spiegelt: Sie wollen die "Nahrungsmittelunsicherheit" bei Studierenden bekämpfen, nämlich nicht genügend Geld für Essen zu haben. Der Wissenschaftliche Dienst des US-Kongress verweist auf eine Studie, wonach dies bei 17 Prozent der Studierenden in einem zweijährigen Bachelorstudium und bei elf Prozent in einem vierjährigen Bachelorstudium der Fall ist, und dies vor allem bei Studierenden, die keine Arbeit neben dem Studium finden, die Kinder haben oder die aus einer nichtweißen Bevölkerungsgruppe stammen.
Dass sie derzeit ihr Programm so nicht durch den Kongress bekommen, dürfte den Demokraten klar sein. So ist dies auch eher bereits Wahlkampf und eine grundsätzliche Positionierung: Während Trump betont, keine weiteren Finanzen aus Steuermitteln veranschlagen zu wollen, sehen die Demokraten ihr Programm als Mittel, das Studierende "erhalten, was sie benötigen, um erfolgreich zu sein". Eine Einnahmequelle: Höhere Steuern für Milliardäre; sie sollen mindestens 25 Prozent zahlen, wie Biden auf x postete.
Die Demokraten im Repräsentantenhaus ergänzen zudem ein Vorhaben der Biden-Regierung, das 2026 in Kraft treten soll und mit dem die Verbraucherrechte von Bildungswilligen gestärkt werden sollen. Insbesondere private, gewinnorientierte Colleges sind davon betroffen. Sie sollen künftige Studierende besser über Kosten und Risiken des Studiums aufklären und dabei auch darlegen, wie jemand in dem jeweiligen Bundesstaat mit dem angestrebten Studienabschluss höhere Gehälter erzielen kann als jemand, der kein College besucht hat.
Die hohen Studiengebühren und die "Schuldenkrise" von Studierenden und Absolventen waren bereits Thema bei Bidens vorigem Wahlkampf. Als Präsident hat er, ohne Beteiligung des Kongresses, das "Public Service Loan Forgiveness program" ins Leben gerufen. Damit wollte Biden eigentlich 441 Milliarden US-Dollar freigeben, um Rückzahlungen zum Teil zu erlassen. Die riesige Summe zeigt zwar zum einen, wie groß das Schuldenproblem ist, zum anderen aber auch, wie Biden eigentlich ordentlich verdienende, aber dennoch in vielen teuren urbanen Regionen finanziell klamme Hochschulabsolventen für sich gewinnen wollte: Bis zu 10 000 Dollar Schuldenerlass sollte es für Absolventen mit höchstens 125 000 Dollar Jahreseinkommen oder Verheiratete mit höchstens 250 000 Dollar Jahreseinkommen geben, bis zu 20 000 Dollar für Absolventen, die bereits Nutznießer von "Pell Grants" waren, also tatsächlich finanziell bedürftig waren.
Bidens ursprünglicher Plan wurde allerdings vom Obersten Gerichtshof kassiert: Nach dessen Beschluss darf die Bundesregierung keine Studiengebühren-Schulden erlassen, die aufgrund eines Bundesgesetzes gemacht worden sind. Ein Teil von Bidens Regierungsanweisungen zum Schuldenerlass soll sich aber künftig im LOAN ("Lowering Obstacles to Achievement Now")-Gesetz wiederfinden, das die Demokraten im Repräsentantenhaus eingebracht haben. Demnach sollen die Zinssätze bei fünf Prozent gedeckelt werden, um so Rückzahlungen zu erleichtern.
Bei der Klimaforschung und -politik könnten Trump und Biden nicht gegensätzlicher sein: Biden hat nach einigen Schätzungen alleine mit dem "Inflation Reduction Act" (IRA) für ein Jahrzehnt eine Billion Dollar für Programme rund um saubere Energie festgeschrieben. Bei seinem zumindest vorläufigen Exportstopp von LNG wird er von Klimaaktivisten gelobt, allerdings auch für Mengenrekorde in der Ölförderung kritisiert. Trump hat dagegen während seiner Präsidentschaft fossile Energien aktiv gefördert, Klimaschutzmaßnahmen behindert oder abgeschafft und ist aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgetreten. Würde er wieder Präsident werden, könnte er wohl nur mit einer satten Republikaner-Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses den IRA ganz zurücknehmen, doch könnte er Maßnahmen in einigen Bereichen sabotieren und zumindest verzögern – Zeit, die für das Erreichen der Klimaziele verloren ginge, warnt unter anderem Alexander Barron, Umweltwissenschaftler am Smith College in Massachusetts.
In seinen Reden zur Lage der Nation versprach Biden 2023 und 2024 mehr Geld für die Krebsforschung und für andere medizinische Forschungsvorhaben, unter anderem für die neu gegründete Forschungseinrichtung ARPA-H ("Advanced Research Projects Agency for Health"), die biomedizinische Forschung betreibt. Beobachter gehen allerdings davon aus, dass der Kongress einigen Wissenschaftseinrichtungen des Bundes Geld kürzen wird, zum Beispiel der National Science Foundation (minus 820 Millionen Dollar) und der NASA (minus 476 Millionen Dollar). Die Kürzung im NSF-Haushalt treffe insbesondere Stellen für Nachwuchswissenschaftler, wird Matt Hourihan von der "Federation of American Scientists" zitiert. Von dem 2022 verabschiedeten "Chips and Science"-Gesetz, mit dem die USA international und insbesondere im Vergleich zu China auch durch Wissenschaftsinvestitionen konkurrenzfähig bleiben wollen, profitieren auch Forschungseinrichtungen des Bundes. Darin werden allerdings Finanzzuweisungen als Ziel genannt – im laufenden Haushaltsjahr wird dieser Betrag um 7,5 Milliarden Dollar unterschritten.
Als Biden 2021 die Präsidentschaft übernahm, hat er sehr schnell von Trump eingeführte Reisebeschränkungen für Studierende und Wissenschaftler aus dem Ausland widerrufen. 2022 hat zudem die Einwanderungsbehörde neue Richtlinien für ausländische Bewerber auf STEM-Arbeitsplätze (Wissenschaft, Technologie, Ingenieurbereich, Mathematik) ausgearbeitet, die zu mehr erteilten Einreise- und Arbeitsgenehmigungen geführt haben.
In der China-Wissenschaftspolitik sind allerdings beide kritisch: Zwar hat Biden eine Trump-Verordnung beendet, aufgrund der etliche chinesischstämmige Forscher wegen Spionageverdacht verhaftet worden waren. Eine andere Maßnahmen hat Biden jedoch fortgesetzt: Hochschulen, die jährlich mehr als 50 Millionen Dollar vom Bund bekommen, müssen spezielle Sicherheitsverfahren unter anderem für Auslandsreisen und Kontakte mit ausländischen Forschungseinrichtungen durchführen. Seitdem ist die Zahl der chinesischen Studierenden in den USA gesunken; weniger US-amerikanische und chinesische Wissenschaftler arbeiten an gemeinsamen Projekten.