Facts, Facts, Facts
Hi ihr Hasen, wie gayts?
Ich habe die Diskussionen über sexuelle Belästigung satt. Ihr bestimmt auch, oder? Das Resultat meiner Frustration ist ein Guide für euch. Mit diesen Argumenten seid ihr bei Konversationen zu Catcalling und Co. sattelfest. Der Kopf jedes noch so dreisten Antifeministen wird nach einem Gespräch mit euch rauchen. Mögen sie es sich zwei Mal überlegen, ob sie in Zukunft in die Konfrontation mit euch gehen.
Mythos #1
“Heutzutage sind alle überempfindlich”
Wirklich, Wolfgang? Können wir im Land der Femizide wirklich von überempfindlichen Frauen sprechen? 24 waren es allein dieses Jahr. In Österreich ist jede dritte Frau von Gewalt betroffen. Drei von vier Frauen wurden schon einmal sexuell belästigt. In Deutschland bringt fast jeden zweiten Tag ein Mann seine Frau oder Ex um. Wie viele Fakten braucht es noch, bis auch der letzte Wolfgang aufhört, seine Wahrnehmung der Realität über die Realität selbst zu stellen?
Mythos #2
“Catcalling ist keine Gewalt”
Die Gewaltpyramide widerspricht der Idee, dass nur ein körperlicher Angriff gewaltvoll ist. Gewalt beginnt schon bei Einstellungen und Überzeugungen. Was für Einstellungen werden Männer wohl haben, die weiblich gelesene Personen wie ein Stück Fleisch anstarren und sie beleidigen, wenn sie nicht so reagieren, wie sie sich das vorstellen?
Zudem gibt es in EU-Ländern wie Frankreich schon Gesetze, die Catcalling und sexuelle Belästigung verbieten.
Mythos #3
“Früher war alles besser”
Ich habe für das Kontern meine Freundin Monika Salzer gefragt, was sie antworten würde. Sie ist 72 Jahre und Gründerin der Omas gegen Rechts. Sie sagt, diese Argumentation ist Quatsch. Es geht nicht darum, was damals besser oder schlechter war. Es geht um die Würde der Frau. Historisch gesehen kämpfen Frauen schon immer um Rechte. Wäre dem nicht so, wäre Vergewaltigung in der Ehe keine Straftat, Frauen dürften ohne die Zustimmung ihrer Ehepartner nicht arbeiten gehen und queere Personen würden erst gar nicht existieren. Früher war nichts besser, früher gab es weniger Anlaufstellen für Betroffene. Es war, ähnlich wie heute, ein großes Tabu, über sexualisierte Gewalt zu sprechen. Die geschlechtsspezifischen Machtverhältnisse waren noch starrer, als sie es ohnehin auch heute sind.
Mythos #4
“Männer werden ständig falsch beschuldigt”
Das ist ein gesellschaftlicher Reflex, der mich besonders anwidert. Es ist total irrational, dass Frauen als böse, habgierige Monster inszeniert werden. Die Wahrheit ist: Der Anteil von Falschbeschuldigungen bei Vergewaltigungen ist unfassbar gering. Man geht von zwei bis acht Prozent aus. Der deutsche Frauennotruf sagt, es sind lediglich drei Prozent. Dieses Wissen, gepaart mit der Tatsache, dass die allermeisten Vergewaltigungen nicht zur Anzeige gebracht werden, sollte reichen, um diese Lüge aus der Welt zu schaffen. Autorin und Legende Rebecca Solnit sagt dazu: “Viele Frauen, die Geschichten von Männern erzählen, die sie verletzt haben, werden als verrückt oder als bösartige Lügnerinnen dargestellt. Es ist viel leichter, eine Frau den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen als eine ganze Kultur.”
Mythos #5
“Frauen werden mittlerweile bevorzugt”
„Es gibt einen tiefsitzenden Frauenhass in unserer Gesellschaft“, sagt Anwältin für Straf- und Familienrecht Christina Clemm in diesem spannenden SZ-Interview (Si apre in una nuova finestra). Dabei gehe es nicht per se um Hass als Emotion, sondern um eine grundlegende Frauenverachtung.
In welchen Lebensbereichen werden Frauen bevorzugt? Bei der Bezahlung etwa? Dann müsste man ja davon ausgehen, dass der Gender Pay Gap erfunden ist. In Österreich sind Frauen, wenn wir so weitermachen, erst 2076 gleichgestellt. Unbezahlte Care Arbeit wird von weiblich sozialisierten Personen erwartet und verrichtet. 20 Prozent aller Frauen sind von Altersarmut betroffen. Diese resultiert aus der Tatsache, dass Frauen eben unbezahlter Care Arbeit nachgehen, aber auch, dass sie oft im Niedriglohnsektor arbeiten. Das sind schlechter bezahlte Jobs, z.B. im Einzelhandel.
Wer euch nach diesen fünf Punkten weiterhin widerspricht, will seine Meinung nicht ändern. Sollte euch die Person wirklich am Herzen liegen, würde ich ihnen das Buch „Gegen Frauenhass“ von Christina Clemm empfehlen. Vielleicht hilft dieser Realitätscheck zu Einsicht. Garantieren würde ich es allerdings nicht. Wir sprechen nächstes Mal darüber, wie ihr euch selbst in politischen Diskussionen schützen könnt.
https://open.spotify.com/episode/6q2tfduUNMCOqRDbXG19JX?si=f6lAnOelSmy9iiUC467ywQ (Si apre in una nuova finestra)Ich spreche in dieser Podcast-Folge ausführlicher über die Diskussionskultur, die ich mir über die Jahre angeeignet habe. Ich gebe außerdem BTS über meinen TV-Auftritt, in dem ich mit einer Anwältin zu Gottschalk diskutiere. Der österreichische Frauennotruf kritisiert das Puls24-Format und speziell die Sendung, das könnt ihr hier (Si apre in una nuova finestra) nachlesen.
Ich weiß, wie anstrengend diese Gespräche sein können. Ich will also, dass ihr wisst, dass ich sehr stolz auf euch bin. Hört euch am besten diesen Song an, um so richtig in eure Gefühle einzutauchen und alles loszulassen, was euch runterzieht.
https://www.youtube.com/watch?v=r6qXaoqnwk8 (Si apre in una nuova finestra)Wir lesen uns nächste Woche, bleibt stabil!
alex