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Bauernproteste II: sie wollen nicht die Buhmänner sein

(Stockfoto wütender Bauer)

Liebe Leute,

heute beginnt die groß angekündigte bäuerliche Protestwoche, und allen von uns ist klar: da kommt Macht auf die Straße. Aber welche Macht: ist das rechte, rechtsradikale Macht, die sich direkt mit der linksgrünversifften Republik anlegt? Ist das bäuerliche, im Kern gutartige Macht, die auch nach links artikuliert werden könnte, wenn wir die richtigen Dinge sagten?

Ich habe letzte Woche schon geschrieben, dass ich letzteres für unwahrscheinlich halte. Hier möchte ich nochmal ein Bisschen in die Tiefe gehen, und fragen: warum sind die Bäuer*innen eigentlich so wütend - und welche Rolle spielen wir Klimas darin? Spoiler: am Ende werde ich argumentieren, dass für uns keine Chance auf ein Bündnis mit den Bäuer*innen besteht: für diese sind wir der Abschaum, der dafür sorgt, dass sie von den heimlichen Held*innen zu den Buhmännern der Republik geworden sind. Und das verzeiht man nicht so leicht…

Bündnisbau wäre Zeitverschwendung

Was von rechts organisiert wird, kann nicht von rechts instrumentalisiert werden. Die Bauernproteste sind rechts, da wird gutes Zureden, das Anpassen von Positionen bei uns nichts ändern. Oder habt Ihr den Eindruck, dass gut Zureden in der Klimadebatte geholfen hat?

Wir Klimas hatten das schon einmal, und zwar mit den Industriegewerkschaften: was haben wir nicht Zeit und Energie und Hirnschmal und andere begrenzte Ressourcen verschwendet, um irgendeine mögliche Bündnisposition mit den Kohlearbeitern, später mit der IG Metall zu finden.

Dumm nur, dass hier a) objektiv kein Bündnis möglich war, weil zwischen "jetzt sofort (oder super schnell) den Kohlesektor abschalten" und "jeden Job so verteidigen, wie er ist" (der offiziellen Position der IG BCE) nunmal kein Kompromiss möglich ist; und b) die kulturellen Gräben derart tief waren - z.B. fühlten sich die Kohlearbeiter von uns ständig als "die Bösen" hingestellt, aber da wir dies nie getan hatten, konnten wir auch nicht damit aufhören - dass das für ein Bündnis notwendige Vertrauen unmöglich aufzubauen war.

Etwas ähnliches wie bei den Kohlearbeitern passiert bei den Bäuer*innen: aus einer Situation heraus, wo sie sich als stille Held*innen verstehen (die einen halten die Republik warm& am Laufen, die anderen halten sie satt & glücklich), fühlen sie sich plötzlich als Buhmänner.

Zum Beispiel Öko/Klima: die über Jahrzehnte gewachsenen chemie- und tierleidintensiven Produktionsprozesse, welche die absurd niedrigen Discounterpreise hierzulande ermöglichen, sind nicht Resultat individueller Entscheidungen pöser Landwirte, sondern drücken sich über Marktzwänge auf.

Aus ihrer Perspektive treffen die Bäuer*innen also nur die Entscheidungen, die notwendig sind, um weiterzumachen, um weiter "die Republik zu füttern". Das kann doch unmöglich schlecht sein, und jetzt kommen diese Linksgrünversifften, & wollen das Alles kaputt machen. Das war die Perspektive, die ich in meinem Text über das "Coming Out der Arschlochgesellschaft” einnahm: wie sehen Die Anderen/Die Rechten/Die Alltagsarschlöcher eigentlich die Welt?

Abschaum, nicht Bündnispartner

Und: aus deren Perspektive sind wir keine möglichen Bündnispartner*innen, wir sind Abschaum. Aus deren Perspektive ist nicht die Klimakatastrophe, die gerade Bäuer*innen ja stark betrifft, & daher von diesen noch stärker verdrängt werden muss, als von uns, die wirkliche Bedrohung, sondern wir sind es: ökonomisch, aber vor allem kulturell.

Daher ist es zwar wohlfeil und linkes business as usual, sich jetzt - wie in einer "abusive relationship" - zu überlegen, wie wir im Detail unsere Positionen verändern könnten, um bei den Bäuer*innen auf mehr Gehör zu treffen. Aber es wäre eben wieder: Zeitverschwendung. Wer uns hasst, weil er verdrängt, wird uns unter keinen Umständen mögen, nur, weil wir ein Bisschen anders klingen, als vorher: die Bäuer*innen haben Angst vor Veränderung, für die wir symbolisch stehen; sie haben Angst vor "kultureller Überfremdung*, für die wir stehen;

Sie artikulieren, stehen sinnbildlich für die Ängste einer Gesellschaft, die so viele Ängste hat, dass sie kaum noch geradeaus schauen kann, deswegen ist es auch egal, ob die Bauern mal ein Bisschen über die Stränge schlagen: darin wird die Gesellschaft sich selbst erkennen.

Die gesellschaftliche Stärke der Bäuer*innen liegt gerade nicht darin, dass sie Positionen/Inhalte artikulieren, die mehrheitsfähig sind; wie damals Trump artikulieren sie Gefühlslagen, die in der Mehrheitsgesellschaft (bes. ihrem Arschlochelement) weit verbreitet sind.

Und damit müssen auch wir anfangen: wir müssen eine progressive, & emotional resonante Politik entwickeln. Diese hat aber fast nichts mit Inhalten zu tun, deshalb scheuen wir uns als aufklärerische Rationalist*innen davor.

At our own peril, wie wir heute sehen werden.

Bis bald vom Brandenburger Tor,

Euer Tadzio

Argomento Bauernproteste

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