Bad Gastein
Vergangene Woche reiste ich mit der Bahn von Hamburg nach Bad Gastein. Das Hotel Haus Hirt (Si apre in una nuova finestra), ein hübsches Spa-Design-Hotel, für das ich eine Traumreise erstelle, hatte mich eingeladen. Diese langsame Art der Anreise erinnerte mich an die Sommerferien als Kind. Wir fuhren nachts in den Morgen hinein, oftmals nach Österreich. Einmal machten wir Urlaub am Attersee im Salzburger Land, und in pechschwarzen Nächten rissen Blitze über den Bergspitzen Zacken in den Himmel. Während es in Strömen regnete, saßen wir auf der Terrasse unserer Hütte und beobachteten das Naturschauspiel. Es war wunderschön.
Als ich selber begann, meine Urlaube zu planen, vergaß ich Österreich. Doch dann beauftragte mich ein Reisemagazin mit einem Bericht über das Salzburger Land. Ich besuchte tiefblaue Seen, stille Wallfahrtskirchen und Dörfer mit Kopfsteinpflaster. In Salzburg folgte ich dem Rat einer lieben Cousine, die aufgehende Sonne am Mönchsberg zu bestaunen und im Mirabellgarten darauf zu warten, dass die steinernen Einhörner losgaloppieren. Die Cousine brachte meine Familie und mich in Biergärten voller Linden und mit Wurstsalat und Rettich auf der Speisekarte. Sie stapfte mit uns durch einen Bergfluss, in dem das Wasser so kalt war, dass es Messerstichen auf der Haut glich. Bei den berühmten Salzburger Festspielen erlebte ich Tobias Moretti als Jedermann, und die Opernsängerin Cecilia Bartoli erzählte mir, wie sie als 22-Jährige im Großen Festspielsaal von Salzburg vor Herbert von Karajan vorgesungen hatte.
Karajan saß im komplett verdunkelten Zuschauerraum, und ich hörte nur seine Stimme: „Signorina. Was singen Sie?“Für mich war das, als hätte Gottes Stimme gesprochen! Ich trug Rossini und Mozarts Arie des Cherubino vor.
So viel Kultur, so viel Natur: Salzburg und das Salzburger Land sind einfach zu schön! Warum habe ich nicht mehr Zeit in Österreich verbracht, fragte ich mich.
Als wir kurz vor der Einschulung unserer Tochter drei Monate lang durch Europa reisten, plante ich deshalb drei Aufenthalte in Österreich ein. Einer davon führte uns nach Bad Gastein. Ich hatte viel von dem Alpendorf gehört, das sich eine Stunde Fahrzeit von Salzburg mitten im Nationalpark Hohe Tauern befindet. Hier trifft großstädtische Architektur auf eine hochalpine Landschaft, denn zwischen zerklüfteten Bergen erheben sich riesige Hotelbauten. Mit mondänen Belle-Époche-Fassaden in der Farbe von Vanilleeis erinnern sie an altmodische Sanatorien. Im Zentrum von Bad Gastein braust und rauscht ein Wasserfall in die Tiefe. Kein Wunder, dass der Kurort in der Vergangenheit viele berühmte Menschen anzog. Franz Schubert komponierte hier seine – allerdings verschollene – Bad Gasteiner Symphonie. Sigmund Freud entspannte sich in Bad Gastein „bei völligem Nichtstun und sanfter Langeweile“ von den Strapazen des Wiener Praxisalltags. Kaiserin Elisabeth, Sisi genannt, verfasste Gedichte. Liza Minelli residierte im inzwischen denkmalgeschützten Grand Hotel de L’Europe und brachte Hollywood-Flair in die Alpen, und Schauspieler Hugh Grant sagte der Presse, es müsse Good Gastein heißen, nicht Bad Gastein. Meine Autokorrektur auf dem Handy schlägt Bad Gastronom vor - aber wenn schon, dann: Good Gastronom!
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