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Woher du weißt, ob es dir gutgeht

Jeden Freitag erzähle ich dir von Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Psychologie, die du kennen solltest. Heute: Wie dein Gehirn und dein Körper miteinander kommunizieren und wie du unbewusst Muster erkennst.

Du liest: den Newsletter des Jahres 2023! Tatsächlich – am Montag wurde ich mit dem Goldenen Blogger in der Kategorie Newsletter ausgezeichnet. Damit habe ich vor einem Jahr, als die allererste Ausgabe erschien, sicher nicht gerechnet. Danke an alle, die abgestimmt haben! ❤️ Und herzlich willkommen allen neuen Leser:innen und vor allem Mitgliedern, die seitdem dazu gekommen sind!

In der aktuellen Serie dreht sich alles um eine Erkenntnis: Denken findet nicht nur im Gehirn statt. Wer besser lernen, arbeiten und kommunizieren will, sollte wissen, wo noch.

Wir starten heute mit einem Test. Konzentriere dich kurz nur auf dich selbst. Versuche zu erkennen, wann dein Herz schlägt. Aber: Leg jetzt nicht deine Hand auf deine Brust oder deinen Finger an dein Handgelenk. Sitz einfach nur da und versuche den Rhythmus zu finden. Nimm dir Zeit. Spürst du es? Gut. Warum du das machen solltest, kläre ich unten auf. Erstmal zurück zu mir.

Vergangene Woche hatte ich es mit dem Magen. Keine Angst, es wird nicht eklig. Ich wusste leider nicht, was ich mir da eingefangen hatte. Ich hatte am Abend zuvor Mexikanisch gegessen. Und obwohl ich mir die Magenprobleme genauso gut in der Bar geholt haben könnte, in der ich danach beim Kneipenquiz verloren hatte, drehten sich meine Gedanken immer wieder um die Süßkartoffeln beim Mexikaner. Und immer, wenn ich an sie dachte, wurde mir erneut schlecht. Ich werde nie herausfinden, ob die Kartoffeln Schuld waren, aber ich hatte so ein Bauchgefühl. Und seit ich das Buch “The Extended Mind” von Anne Murphy Paul gelesen habe, höre ich deutlich mehr auf die Signale meines Körper (und rate euch, das auch zu tun). Warum? Darum geht es heute.

Was zeichnet einen guten Börsenhändler aus?

John Coates war ein guter Börsenhändler, er arbeitete für Goldman Sachs, Merrill Lynch, und die Deutsche Bank. Er machte seinen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Cambridge. Und ihm fiel irgendwann etwas auf: Unter Einsatz seiner besten analytischen Fähigkeiten, seiner Ausbildung und einer umfassenden Lektüre von Wirtschaftsberichten und Statistiken konnte er brillant handeln, in der Logik tadellos und in seiner Argumentation unanfechtbar. Nur verlor er dann ständig Geld.

Es konnte also so nicht weitergehen. Er fing er an, die Logik über Bord zu werfen und auf sein Bauchgefühl zu hören (zur Erinnerung, es ging um sehr viel Geld). Und tatsächlich: Wenn er seinen Bauchgefühlen gehorchte, waren seine Deals in der Regel erfolgreicher. Er schlussfolgerte: "Gutes Urteilsvermögen hängt maßgeblich davon ab, wie gut wir die Signale unseres Körpers verstehen.”

Coates reichte sein eigenes Bauchgefühl zu seinen Bauchgefühlen aber nicht. Also tat er sich mit Kolleg:innen zusammen und untersuchte (Si apre in una nuova finestra) eine Gruppe von Finanzhändlern an der Londoner Börse. Der Test war simpel und du hast ihn eben selbst durchgeführt: Sie sollten die Momente angeben, in denen sie ihren Herzschlag bewusst spürten. Erstmal stellte sich heraus: Verglichen mit einer Kontrollgruppe waren die Börsenhändler deutlich besser darin. Außerdem verdienten diejenigen Händler, die das Timing ihres Herzschlags am besten einschätzen konnten, mehr Geld und waren in der Regel länger im Beruf tätig. Die Tests zeigten: Diejenigen, die in diesem Milieu erfolgreich waren, waren nicht notwendigerweise Menschen mit höherer Bildung oder größerem Intellekt waren, sondern vielmehr "Menschen mit größerer Sensibilität für interozeptive Signale".

Dein Gehirn und dein Körper sind im ständigen Austausch

Interozeption ist, vereinfacht ausgedrückt, das Bewusstsein für den inneren Zustand deines Körpers (hier (Si apre in una nuova finestra) findest du mehr dazu). Wir haben Sensoren, die Informationen von außen aufnehmen (die Netzhaut, die Haut, die Cochlea), aber eben auch solche, die Informationen innerhalb des Körpers senden. Wo diese Infos herkommen? Überall her. Aus den Muskeln, den Organen, den Knochen. Von dort aus gelangen sie über Nervenbahnen in eine Region im Gehirn, die Inselrinde (Insula) genannt wird. Die Informationen, die in der Inselrinde ankommen, werden mit anderen Informationen (äußere Eindrücke, Erinnerungen etc.) zusammengeführt und es entsteht eine Momentaufnahme, die angibt, wie es dir eigentlich gerade geht.

Wir alle nehmen diese Körpersignale wahr, einige aber stärker als andere. Das sieht man auch in Gehirnscans. Die Größe und die Aktivität des interozeptiven Zentrums des Gehirns, der Insula, variieren von Person zu Person und korrelieren mit dem Bewusstsein für interozeptive Empfindungen. Wie solche Unterschiede überhaupt entstehen, ist noch nicht bekannt. Aber sie haben Auswirkungen auf uns alle. Das zeigt ein Experiment, das schon 1987 durchgeführt wurde.

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