Was Cannabis mit dem Gehirn von Jugendlichen macht
Jeden Freitag erzähle ich dir von Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Psychologie, die du kennen solltest. Heute: warum es überhaupt nicht harmlos ist, als Jugendlicher zu kiffen.
Diese Woche im Podcast: „Was Armut mit unserem Gehirn macht“. Jetzt auf Spotify anhören (Si apre in una nuova finestra)!
Bevor es losgeht: Ich entwickle diesen Newsletter gerade weiter und würde dafür gerne wissen, wer ihn eigentlich liest. Macht doch bitte kurz bei dieser Umfrage (Si apre in una nuova finestra) mit.
Als ich in der zehnten Klasse war, erwischte ich zwei Klassenkameraden im Park beim Kiffen. Naja, was heißt erwischen? Ich war ja schließlich kein Lehrer. Aber schlimmer: Ich war ein Lehrerkind. Ich hatte damals, mit 16, noch nie selbst gekifft, nicht mal an einer Zigarette gezogen (beides habe ich zum ersten Mal mit 20 im Studium gemacht). Und obwohl es mir ziemlich egal war, dass die beiden Jungs aus meiner Klasse während der Unterrichtszeit einen Joint geraucht haben, fingen sie an, sich vor mir zu rechtfertigen.
Sie versicherten mir: Kiffen ist kein bisschen gefährlich! Erwachsene tun immer so, als würde es schaden, aber Kiffen hat sogar positive Effekte!
Okay, cool, dachte ich. Und ging weg. (Ich war ja immer noch ein Lehrerkind.) Heute weiß ich: Was die beiden erzählt haben, ist Bullshit. Es stimmt: Der Konsum von Cannabis kann positive Effekte haben. Erwachsene haben wahrscheinlich kaum oder keine Langzeitschäden zu befürchten, darauf weisen Studien (Si apre in una nuova finestra) schon seit Längerem hin. Bei Jugendlichen aber sieht das ganz anders aus.
Was Cannabis im Gehirn macht
Um zu verstehen, warum es einen Unterschied macht, ob du mit 16 kiffst oder mit 60, hier nochmal die Erinnerung, was Cannabis im Gehirn so treibt:
Cannabis wirkt auf das körpereigene Endocannabinoid-System ein. Dieses System hat Rezeptoren, die über das ganze Gehirn verteilt sind. Man nimmt an, dass das Endocannabinoid-System in erster Linie dazu dient, andere Arten von Signalen zu modulieren, indem es einige verstärkt und andere abschwächt. Wenn man Cannabis konsumiert, binden die Wirkstoffe nun genau wie die körpereigenen Cannabinoide an sogenannten CB1-Rezeptoren. Der Unterschied ist die Dosis: Normalerweise werden Endocannabinoide gut dosiert eingesetzt, geradezu vorsichtig. Ungefähr so, wie wenn du dein Essen salzt und mit den Fingern nur ein paar Salzkörner auf die Kartoffeln streust. Wenn du Cannabis konsumierst, ist das so, als würde dir die ganze Salzpackung auf die Kartoffeln fallen.
Wie wir letzte Woche schon gesehen haben (Si apre in una nuova finestra), hat Cannabis-Konsum deshalb Auswirkungen auf viele verschiedene Hirnregionen:
Im präfrontalen Kortex werden je nach Sorte mehr oder weniger Neurotransmitter ausgeschüttet (weshalb du entweder besser oder schlechter darin wirst, dich zu fokussieren), in der Amygdala weniger (was dich entspannt). Die Aktivierung im Hippocampus sorgt dafür, dass unser Kurzzeitgedächtnis schlechter wird. Die Basalganglien und das Kleinhirn sind Bereiche des Gehirns, die an der Handlungsplanung und dem Zurückhalten von Handlungen beteiligt sind. Das THC sorgt dort dafür, dass wir Impulse schlechter kontrollieren können. Und auch der Hypothalamus wird durch den Cannabis-Konsum aktiver. Und wir? Haben ordentlich Appetit.
Es macht einen Unterschied, ob du mit 16 oder mit 60 kiffst
Bis wir 25 Jahre alt sind, befindet sich unser Gehirn noch permanent im Umbau. Das Wichtigste ist, dass verschiedene Gehirnregionen miteinander verbunden werden. Es bilden sich verschiedene neuronale Netzwerke, die übers ganze Gehirn verteilt sind. Das Zusammenspiel dieser Netzwerke macht uns zu dem, der wir sind. Nur durch diese Netzwerke können wir unsere Stimmung regulieren, unsere Gedanken ordnen, Pläne schmieden. Und das körpereigene Cannabis spielt in dieser Phase eine enorm wichtige Rolle. Wie gesagt: Es scheint Signale zu modulieren, also Verbindungen zu stärken oder zu schwächen.
Welche Folgen hat es, wenn man als Jugendlicher kifft?
Was heißt das jetzt genau? Welche Folgen hat es, wenn man in seiner Jugend kifft? Was, wenn der Umbau des Gehirns in dieser wichtigen Phase gestört wird?
Bei einer europäischen Studie, an der auch einige deutsche Einrichtungen beteiligt waren, haben die Forscher:innen die Gehirne von 799 Teilnehmer:innen mit Hilfe von MRT untersucht. Das Besondere: Die Wissenschaftler:innen haben die Gehirne nicht nur einmal durchleuchtet, sondern fünf Jahre später noch einmal. Bei der ersten Untersuchung waren die Teilnehmenden im Schnitt 14 Jahre alt. In diesem Altern hatten sie alle noch kein Cannabis konsumiert.
Aber wie das im Leben nun mal so ist: Manche fingen an in ihrer Jugend zu kiffen, andere nicht. Als die Gehirne fünf Jahre später noch einmal untersucht wurden, fanden die Forschenden Unterschiede.
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