Letzte Reise - Teil 2
Ihr habt bei instagram gefragt -
ich antworte.
In diesem zweiten Teil der Reihe geht es um die Fragen, die ihr konkret zur Kremierung gestellt habt.
War das Dabeisein von euch für den Bestatter eine Herausforderung oder kann man das regulär machen?
Unser Bestatter sieht es als eine Möglichkeit, wie man eine Kremierung begehen kann und bietet das an. Es ist auch in Ordnung, wenn die Familie das nicht möchte. Wir hatten zwei Stunden Zeit für uns und mit Fritzi für dieses allerletzte Lebewohlsagen. Ich bin sicher, dass nicht jede*r Bestatter*in so ein Vorgehen im Standardrepertoire hat und kann mir auch vorstellen, dass es da einer guten Zusammenarbeit mit dem Krematorium bedarf. Unser Bestatter arbeitet deshalb eben genau mit diesem Krematorium in einer anderen Stadt zusammen, weil dort diese Art der Verabschiedung möglich ist. Paul war die ganze Zeit bei uns, hat die Kinder mit begleitet, alles erklärt.
Ich empfehle, vorher zu klären, ob das Bestattungsunternehmen so eine Art Kremierung möglich machen kann und Erfahrungen damit hat bzw. ganz gezielt nach einem Unternehmen suchen, dass aus dem eigenen Verständnis heraus so bedürfnisorientiert arbeitet. Für eine mögliche Suche kann das Bohana-Netzwerk (Si apre in una nuova finestra) helfen - da kann man gezielt in seinem Wohnort und der Nähe suchen. In unserem Fall arbeiten die Himmelslotsen (Si apre in una nuova finestra) eben auch mit den Feuerbestattungen Schwerin (Si apre in una nuova finestra) zusammen.
Was ist in der Schüssel neben dem Sarg?
Die Schüssel gehört zu einem Kerzenritual. Wir sind alle nacheinander zum Sarg und haben eine Kerze für Fritzi entzündet und in den Sand in der Schüssel gestellt. Ich habe meine mit nach Hause genommen, als sie abgebrannt war. Das gleiche haben wir bei der Lebensfeier für Fritzi und Juli in der Kirche gemacht, als ein Teil unserer Feier als Andacht stattgefunden hat. Mir hat das sehr geholfen, etwas mit den Händen zu tun. Im ersten Moment direkt etwas für mich und Fritzi tun zu können. Es hell zu machen.
Was habt ihr ihr mit in den Sarg gegeben und warum?
Zu allererst hat Fritzi ihre rote Mütze getragen. Die haben wir ihr schon aufgesetzt, als wir sie in den Körbchensarg im Bestattungswagen abgelegt haben. Sie hatte es gern warm am Kopf und mochte keinen Wind. Ich habe ihr vor der Kremierung das Kleid unter den Kopf gelegt, das ich zu ihrer Geburt getragen habe. Geboren und verabschiedet. Dafür stand dieses Kleid, das ihr als Kissen gedient hat. Sie hat ihre graue Decki mitbekommen. Die allererste von dreien. Wir haben sie nachgekauft, weil sie versehentlich in der Waschmaschine gelandet und verfilzt war, als Fritzi anderthalb war. Weil wir die zweite Decke immer mal wieder aus dem Kinderwagen verloren (und zum Glück jedes Mal wiedergefunden) haben, gab es bald eine weitere als Ersatz. Es sind also zwei Decken bei uns geblieben, mit denen sie bis zum Schluss gekuschelt hat.
Sie hat ihr Einhorn mitbekommen. Das haben wir zu ihrer Geburt von Millas Bonusmama geschenkt bekommen; es war bei jedem Klinikaufenthalt dabei. Sie hat das Stirnband mitgenommen, dass ich gestrickt habe, als ich bei ihr im Krankenhaus saß und der Winter kam, als sie noch Baby war. Zur Kremierung habe ich es ihr auf die Augen gelegt, damit es nicht so blendet. Sie hat empfindliche Augen, schon immer. Von ihrer Brille konnten wir uns aber nicht trennen - die trägt Minifritzi jetzt. Von einer unserer Pflegekräfte ist ein Brief mit ins Feuer gegangen, von Fritzis Oma auch.
Nicht fehlen durften Gänseblümchen, weil sie die so mag und ein Strauß mit duftenden Gartenblumen, die Oma ihr geschenkt hat. Blaue Acrylfarbe und einen Pinsel haben wir dazu gelegt, weil sie am Ende mit uns immer das blaue Papa- oder Mamapferd mit Fohlen auf dem Rücken malen wollte. Ein Pop it! - Spielzeug, das sie gern benutzt hat. Eines ihrer Peppapuzzle. Fritzi war für ihr Alter extrem gut im Puzzlen und hat welche für fünfjährige gelöst. Peppa hat sie gern geguckt - deshalb war das keine Frage. All ihre anderen Puzzle liegen nach wie vor unterm Wohnzimmertisch.
In einer Hand hat sie eine ihrer Spritzen mit Salzwasser gehalten, in der anderen Pizzastangen. Wir haben ihr ein Superheldentattoo auf einen Unterschenkel geklebt und ihre Füße überkreuzt. Ein Luftballon und ein Fläschchen Seifenblasen kamen dazu. Ganz zuletzt habe ich ihr einen der Sterne, die ich gebastelt habe, mit in den Sarg gelegt. Er ist einer von ganz vielen bunten Sternen an unseren Wohnzimmerfenstern, die durch die Sonne jetzt nach und nach verblassen. Wir haben sie immer gesehen, wenn wir sie auf dem Wickeltisch versorgen mussten. Der Stern, den sie mitgenommen hat, ist natürlich Grün - Fritzis anderes Lieblingsgrün.
Seid ihr bist zum Schluss bei der Kremierung dabei gewesen?
Ja, das sind wir. Für mich war der Vorgang, bei dem der Sarg über Schienen in die Feuerkammer geschoben wurde, ein ganz wichtiger Punkt im gesamtem Verabschiedungsprozess. Der der letzte Abschied. Das letzte Mal Licht. Gleißend hell und dann zu. Die Kammer schließt sich und man hört das Feuer knistern. Wir haben Seifenblasen gepustet und waren da. Unsere Fritzi. Die körperliche Hülle, die nicht länger durchgehalten hat - die haben wir von ihrer Endlichkeit in die Ewigkeit begleitet und ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, unser Kind war dabei.
Unter Feuerbestattungen.de (Si apre in una nuova finestra) kann man alle Fakten zur Kremierung nachlesen.
Die Einäscherung selbst erfolgt in einem Ofen, der auf 900 Grad Celsius angeheizt wird. Das System der Verbrennung ist in der Regel auf die Sicherheit der Mitarbeiter und auf eine ressourcen- und umweltschonende Vorgehensweise ausgelegt. Daher entzündet sich der Sarg durch die Hitze der Schamottausstattung des Ofens von selbst. Unterstützt wird die Einäscherung lediglich durch die Zuführung von heißer Luft. Nach dieser Phase, die ca. 45 Minuten dauert, wird die Holzasche abgelassen und die Temperatur nochmals auf über 1.200 Grad Celsius erhöht. Nach etwa 90 Minuten ist der Prozess der Einäscherung abgeschlossen und die Körpermasse auf ca. 5 Prozent des ursprünglichen Körpergewichts zurückgegangen.
Wir waren nicht die vollen 90 Minuten anwesend. Wir sind nach der ersten Phase gegangen. Im Vorfeld hat uns ein Mitarbeiter des Krematoriums genau erklärt, was während der Gesamtzeit passieren wird. Mir war wichtig, so lange zu bleiben, bis alles ein erstes Mal vollständig verbrannt ist.
Gibt es einen festen Zeitpunkt, wann der Sarg dem Feuer übergeben wird oder durftet ihr entscheiden?
Das handhabt jedes Krematorium anders. Weil es meine erste Feuerbestattung war, habe ich keinen Vergleich. Wir haben die Maximalzeit ausgenutzt und die kann variieren, je nachdem wie viele Verstorbene am jeweiligen Tag im Krematorium eingeäschert werden müssen. Wir wussten den Zeitrahmen vorher und hatten insgesamt etwas über zwei Stunden Zeit. Wir haben zu Beginn etwas trinken und essen können - andere Familien machen das im Anschluss. Ich hatte weder Hunger noch Durst und habe mir als erste, gemeinsam mit unserem Fotografen Micha (Si apre in una nuova finestra) und Paul von den Himmelslotsen, Fritzi in ihrem Sarg angesehen. Vor allem, weil meine Mutter und mein Stiefvater Fritzi bei uns zu Hause nicht mehr sehen konnten und auch Fritzis Freund Bruno zum ersten Mal bei einer Kremierung war, war mir wichtig, ihnen vorab erzählen zu können, wie Fritzi aussieht.
Natürlich hatte sich ihr Körper verändert, aber sie war noch immer absolut Fritzi. Wir haben dann sicher anderthalb Stunden mit Fritzi verbracht - ihren Sarg ausgestattet, den Deckel noch zu Ende bemalt, Kerzen gezündet, mit ihr gesprochen und gekuschelt. Der Kremierung selbst haben wir etwa eine Dreiviertel Stunde beigewohnt, bevor wir die Luftballons, die Paul in der Halle dekoriert hatte, vor dem Krematorium haben fliegen lassen. Abschließend haben wir gemeinsam beim großen M in Andenken an Didi Pommes und Nuggets gefuttert. Die Rückfahrt war schwer - vor allem bei den Kindern haben sich eine Menge Emotionen entladen und Mascha hat die ganze Zeit geweint. Ich weiß heute nicht mehr, was wir danach gemacht haben, aber ganz sicher waren wir mit unseren Freunden am Meer.
Hier endet der zweite Teil der Reihe "Letzte Reise", in der ich Fragen der Instagram-Community zu Fritzis Bestattung und drumherum beantworte.
Die kommenden Teile (3-6) werden eine Paywall beinhalten und sind dann für euch lesbar, wenn ihr mich mit einer Jahresmitgliedschaft unterstützt.
Vielen Dank. Stellt gern weiterführende Fragen hier unter dem Beitrag.