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Frauen mit ADHS - Ideal und Wirklichkeit

Zugegeben, dass Rollenbild einer Frau in Japan und in Deutschland sind sicher 2 Welten. Aber die verzerrten Erwartungen an die multiplen Rollen und Ideale einer Frau lassen sich da vielleicht sogar noch pointierter darstellen. Eine aktuelle Studie aus Japan beschäftigt sich mit den Auswirkungen von ADHS bei Frauen

Frauen mit ADHS : Selbstaufopferung für die Familie ?

Schon einmal was von "Yamatonadeshiko" gehört ? Nee, ich auch nicht. Zumindest bis heute. Yamato nadeshiko (Si apre in una nuova finestra) ist ein "Frauenideal" bzw. quasi Illusion oder Erwartungsbild an eine Frau in Japan. Je exotischer oder entfernter eine Gesellschaft, desto mehr kann man ja da reininterpretieren.

Laut Wikipedia gehört zu diesem Stereotyp der Frau in Japan u.a. : 


Hübsch, geschminkt, angepasst. Aber auch willensstark und leidensfähig hinsichtlich Schicksalsschlägen und neuen Belastungen. Die Familie bzw. ihr Mann sind dabei höchste Werte, denen sich das eigene Wohlbefinden unterordnen muss. Wie selbstverständlich.

Eine Studie untersucht nun die Auswirkungen von
ADHS bei Frauen in Japan (Si apre in una nuova finestra).


Man(n) könnte sich jetzt fragen, warum nehme ich ausgerechnet eine solche Studie zum Anlass für einen Artikel ? Entsprechen nun Frauen in Deutschland mit einer ADHS-Konstitution diesem verzerrten Bild ?

Gerade in der vergangenen Woche habe ich wieder erleben können und müssen, wie FRAU dann als Fels in der Brandung eigentlich ein Familiensystem über mehrere Generationen aufrecht erhält, dass eigentlich schon extrem lange zerrissen ist. Wo Frau sich bis weit über die Selbstaufgabe quasi opfert, damit andere Familienmitglieder noch "so weiter" machen können und nach aussen nicht erkennbar sein darf, dass es an allen Ecken und Enden brennt. 

Selbstaufopferung als Prinzip ? Das gibt es sicher auch ohne ADHS. Aber das Überschreiten der eigenen Grenzen finde ich sehr typisch für ADHSlerinnen. Weil die Selbstwahrnehmung eben häufig nicht besonders ausgeprägt ist, dafür aber eine Intoleranz für Ungerechtigkeit und Spannungen besteht.

Sabine R. kam mit der Zuweisungsdiagnose rezidivierende depressive Störung zur Reha. Seit Jahren war sie bei Psychiatern und Psychotherapeuten in Behandlung. Wegen Depressionen und Angst. Und Schlafstörungen. Und Schmerzen am ganzen Körper (Fibromyalgie).

Bis zum April 2018 war sie noch mit einem selbstständigen Handwerker verheiratet. Als sie ihn damals kennenlernte, stand er schon kurz vor dem Gefängnis, weil er nach ausstehenden Rechnungen von Kunden und einer eigenen lückenhaften Buchführung vor der Insolvenz und einem Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung stand. Seine erste Frau hatte sich in diesem Chaos von ihm getrennt.

Sabine R  half damals mit 40000 Euro aus. Übernahm neben ihrem Job in einem Kindertagesstätte noch weitgehend die Buchführung im Betrieb und brachte ein System in die Rechnungen und Umsatzsteueranmeldungen.



Schnell kamen 2 Kinder.  Das Glück sollte perfekt sein. Eigene Familie. Eigenes Unternehmen. Eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, wo der Bruder und die Mutter mit wohnen konnte. Eigentlich perfekt.



Die Frau als Fels in der Brandung der ADHS-Familie



Nun ja. Die Jahre vergingen. Jannick, ihr Sohn war ein Problemkind. Sprachentwicklungsprobleme, Probleme mit der Feinmotorik und groben Kraft, die dann jahrelang beim Ergotherapeuten therapiert wurden. Kindergarten ging gar nicht, da musste die Oma als Betreuung herhalten. Die Vorwürfe von ihr waren inklusive. 


Sie suchten eine Familienberatungsstelle auf, die dann Fehler in der Erziehung durch die Mutter attestierte. Sie würde ihm zuviel durchgehen lassen, zu wenig präsent sein. Zu viel Verantwortung an die Oma deligieren. Zu wenig Bindung oder zu viel Verständnis für seine Regelverstösse.

Ihr Mann kam eh nicht mit zu den Terminen. Also hatte dieser Ansatz keinen Sinn und sie hörte frustriert auf.

Mit der Schule gingen die Probleme los. Ständige Termine bei den Lehrern. Er müsse lernen, sich zu konzentrieren. Müsse seine Hausaufgaben konsequenter machen. Dürfe nicht stören.

Sabine R. kam das sehr bekannt vor. Von ihrem Bruder, der als Kind genauso war. Bei dem ein Hyperkinetisches Syndrom diagnostiziert wurde. Aber natürlich nicht behandelt wurde, da man ja keine Chemie einsetzen wolle und überhaupt.... Vielmehr war es ihre Aufgabe als große Schwester auf ihren Bruder acht zu geben. Ihn zu unterstützen, aber auch ihn beim größten Unheil zu decken. 

Unmögliches möglich machen


Eine nahezu unmögliche Aufgabe, wie sie damals fand. Als ob man versucht, einen Wildwasserkanal nach oben zu schwimmen. Man wird immer wieder in den nächsten Strudel untergetaucht...



Und jetzt erlebte sie dies bei ihrem Sohn wieder. Sie ahnte, dass es mehr als schlechte Erziehung sein muss. Aber der Kinderarzt sagte ja nichts. Und nochmal die gleichen Vorwürfe der Therapeuten hören ? Das wollte sie sich nicht antun.

Irgendwie zog oder drückte sie ihn durch die Schule. Ein ständiger Kampf. Mit der Pubertät verschärften sich die Probleme. Falsche Freunde. Kiffen. Computerspiele. Und die ersten Kontakte mit der Polizei.

Der Megagau eine Anschuldigung wegen sexuellem Übergriff (fragliche Vergewaltigung) einer 13 jährigen Schülerin einer anderen Jahrgangsstufe. Die Auflagen des Gerichtes hielt er nicht ein. Bis die Polzei kam und ihn in einer Jugendhilfeeinrichtung unterbrachte. Seither ist der Kontakt abgebrochen. Er wolle mit ihr als "Dreckvotze" nichts mehr zu tun haben.

Ihre Tochter war dagegen ein Sonnenschein. Sie machte keine Probleme. Sie passte sich an. Sie war vielleicht etwas verträumt. Sehr kreativ, sehr hilfsbereit. So wie sie als Kind gewesen war. Sehr ehrgeizig und leistungsorientiert. Sie musste man nicht antreiben.
Aber sie war häufig krank. Kopfschmerzen. Bauchschmerzen. Migräne. Immer dann, wenn "dicke" Luft und emotionale Spannungen im Haus waren, wurde es schlimmer.

Sabine R. machte sich Sorgen. Sorgen um ihre Tochter, die ihr so ähnlich war und ist.


Aber in der Schule lief es gut. Bis zur Pubertät. Sie wurde immer ruhiger. Und trauriger. In sich zurückgezogen.

Wie sie als Teenager kam sie in Kontakt mit Cannabis (und XTC). Lernte die falschen Freunde kennen. Aber im Gegensatz zu ihr liess sie sie nicht wieder los.

Der Kontakt wurde immer schlechter. Ist ja so in der Pubertät. Die Küken müssen und solle ja flügge werden.

Mit 16 war sie dann schwanger. Und ihr Freund war weg.

 Der Klassiker, dachte sie. Der Fall, der nie eintreten sollte. Nie eintreten durfte. Aber er war halt da

Sie entschied, dass sie zu ihr zieht. Und sie sich mit um die Enkelin kümmert, damit sie zur Schule gehen kann. Einen Abschluss oder zumindest eine Ausbildung haben könnte.

Soweit, so schlecht.

Während sich ihre Tochter und Enkelin soweit prächtig entwickelten und auch positive Nachrichten über ihren Sohn kamen, verschlechterte sich die Verfassung bei ihr. Gerade als es doch eigentlich soweit "geschafft"war bzw .Licht am Ende des Tunnels zu erkennen war. 

Depressionen und Angst

Die Arbeit fiel ihr immer schwerer. Dabei musste sie die Stundenzahl nach der Trennung von ihrem Mann erhöhen, gleichzeitig fielen Regenerationszeiten am Wochenende ja aus, weil sie sich da um die Enkelin kümmerte, damit die Tochter mal "Zeit für sich" hatte.

Dabei wurde die Konzentration bei der Arbeit immer schlechter. Sie konnte sich kaum noch aufraffen, machte Flüchtigkeitsfehler. Und dann wachte sich mit Scheissausbrüchen und Herzrasen in der Nacht auf. Mit Luftnot. Sie alarmierte den Notarzt, der aber "nichts fand".

Vielmehr wurde sie zum Hausarzt verwiesen bzw. Psychiater, damit sie sich auf eine Angststörung bzw. Depression untersuchen und behandeln liesse.

Aber übliche Antidepressiva bzw. auch eine Verhaltenstherapie brachten so ganz und gar nicht eine Besserung. Eher im Gegenteil. Sie vertrug die Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer nicht und wurde eher noch unruhiger und nervöser. Daher liess sie die Medikamente weg, was der Arzt mit Unverständnis quitierte. Sie "müsse schon wollen", wie er feststellte.

Lohnt sich die Selbstaufopferung ?

Letztlich würde jeder Vater und jede Mutter sicher ALLES für die Familie geben. Aber gleichzeitig setzt unser Körper bzw. das Gehirn dann Grenzen. Wenn es eben nicht mehr machbar ist. Und dieses "Retten" von ADHS-Angehörigen macht hilflos bzw. ist eben grenzenlos.

Hier geht es letztlich darum, die eigene Grenze wahrzunehmen. Und zu akzeptieren, dass man allein noch so kämpfen kann. Ohne die aktive Mitwirkung der Familienangehörigen geht es nicht.

Und die werden NICHTS ändern, sofern sie nicht da einen eigenen Druck zur Veränderung spüren.

Solange FRAU (oder Mann) es aber weiter sponsert bzw. die Auswirkungen des nicht behandelten ADHS weiter ausgeleicht, wird sich doch nichts ändern. Warum auch ?




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