Live aus Lützerath #1 : Der letzte Showdown
Der Letzte Showdown der Klimabewegung im Rheinland: today is the day.
Liebe Leute,
ich melde mich heute zum 1. Mal mit meinem täglichen Newsletter aus #Lützerath unräumbar. Morgen, am 10.1.23, haben die Cops versprochen, Lützerath von der Außenwelt, von unseren Supportstrukturen, von Euch abzuschneiden. Ich bin hier, zusammen mit vielen (2000?), von denen die meisten schon viel länger hier sind, als ich, viel mehr Mut und Aufopferungswillen bewiesen haben, und aus einem fast schon toten kleinen Meiler im Rheinland nicht nur ein wieder lebendiges Dorf gemacht haben, sondern einen der wichtigsten Punkte des Widerstands gegen den fossilkapitalistischen Normalwahnsinn Deutschlands, zu einem der wichtigsten Kristallisationspunkte der Klimabewegung seit der erfolgreichen Verteidigung des Hambi. Ich bin hier, weil in der Dunkelheit, mit der das Jahr 2023 begann – rassistische Moralpanik nach Sylvester, Tag X in Lützerath, gestern ein faschistischer Putschversuch in Brasilia, um nur ein paar Elemente dieser Gesamtscheiße zu benennen – die Bewegungsmagie, die Lützerath durchzieht, einen der wenigen Punkte von Licht, Wärme und Hoffnung darstellt. Es ist in der Verteidigung von Orten, wo soziale Bewegungen ihre Magie entfalten können; sie besteht darin, das Unmögliche möglich zu machen.
Aber warum das in meine eigenen Worter fassen, wo Dina Hamid (Opens in a new window), die unfassbar inspirierende Pressesprecherin von Lützerath Lebt es beim gestrigen Dorfspaziergang so viel besser gesagt hat, als ich das je könnte:
“Willkommen. Ich glaube, ich kann für Alle Menschen sprechen, die Lützerath seit 2,5 Jahren wiederbeleben, & die seit einer Woche erfolgreich den Beginn des Räumungsversuchs blockieren, dass es so schön ist, Euch zu sehen. Und ich möchte Euch willkommen heißen, ich möchte sagen “willkommen” an Alle, die dieses Jahr am 1. Januar 2023 aufgewacht sind, und finstere Aussichten auf das neue Jahr hatten, an Alle, die sich Sorgen machen, an Alle von uns, die in ihrem tiefsten Herzen eigentlich erschöpft sind. Willkommen an Alle, die die steigenden Preise nicht mehr zahlen können, und auch keine Kraft mehr haben, sich Sorgen zu machen. Willkommen an Alle, die sich fragen, welche Luft ihren Kindern zum Atmen bleibt. Willkommen an Alle, die hier sind, und damit nicht wegsehen gegenüber all den schreienden Ungerechtigkeiten unserer Welt. Willkommen alle Alle, die es nicht fassen können, dass wir hier mit unseren Körper vor der Regierung, die ihre eigenen Klimaziele verkackt, diese Klimaziele verteidigen müssen. Und ich möchte sagen: willkommen an alle, die heute früh aufgestanden sind, die einen weiten Weg hinter sich haben. We appreciate it, ihr seid das Dorf der Zukunft. Ihr seid Lützerath.
Ich glaube, dass wir heute zusammen hier stehen, ist das größte Geschenk, dass wir einander machen können, denn wir alle sind hungrig nach Gemeinschaft, wir alle sind hungrig nach Gerechtigkeit. Und ehrlich gesagt habe ich einfach keinen Bock mehr, uns Auftischen zu lassen, dass 280 Millionen fucking Tonnen Kohle 2023 noch verhandelbar wären, oder dass Lützerath abzureißen klimapolitisch eine Option wäre. Lützerath bleibt!
Ihr wisst es: seid 2,5 Jahren bauen wir dieses Dorf auf, und seit einer Woche hat der Polizeieinsatz hier begonnen. Aber, und das kann ich nicht oft genug wiederholen, wer Lützerath abbaggern will, der begeht einfach nur ein Klimaverbrechen. Und das Verbrechen richtet sich gegen Alle, die heute schon in der Klimakrise sterben. Diese Krise verstärkt alle Ungerechtigkeiten, die wir kennen, diese Krise ist ein Angriff auf die Menschen, die von unserer Gesellschaft marginalisiert werden, sie ist ein Angriff auf alle Menschen im globalen Süden, auf alle armen Menschen, auf alle indigenen Menschen, und das können wir nicht hinnehmen.
Ich denke, die Sache ist ganz klar: wir müssen nur noch erneuerbare Energien verwenden, und das jetzt. Raus aus allen Fossilen. Der Polizeieinsatz in Lützerath zeigt uns nur, dass der Staat mal wieder den fossilen Kapitalismus und seine Interessen schützt, aber wir schützen das Leben.
Wenn ich in den letzten Tagen durch dieses Dorf gelaufen bin, dann hab ich viele Menschen sich fragen hören, ob wir das überhaupt schaffen, ob unsere Kräfte ausreichen werden. Ich verstehe diese Frage gut, aber diesen Menschen kann ich nur sagen: wir sind die Chance. Wir sind unsere einzige Chance, und wir haben es schon einmal geschafft – wir haben den Hambi gerettet! Wir haben fünf weitere Dörfer hier am Tagebau Garzweiler gerettet, und wir werden Lützerath retten!
Wir schreiben hier die Erfolgsgeschichte der Klimagerechtigkeitsbewegung im Rheinland weiter. Wir sind seit über zehn Jahren hier, und wir bleiben. Wir sind nicht hier, um diesen Kampf um Lützerath, um die 1,5 Grad Grenze, um Klimagerechtigkeit zu führen. Wir sind hier, um ihn zu gewinnen. Und das wissen wir vor allem deswegen, weil die letzten Jahre unheimlich viel Arbeit, viel Schweiß, lange Plena bedeutet haben, Beharrlichkeit, Freude und Hoffnung in dieses Dorf geflossen sind. Lützerath lebt und ist lebendiger als je zuvor, das beweist Ihr hier heute.”
Danke, Dina – Deine Wort haben hunderte, tausende von uns zu Tränen gerührt, & zum Kampf inspiriert. Aber damit Lützerath lebendig bleiben kann, brauchen wir Euch! Euch, die Ihr noch nicht hier seid. Wir müssen Lützerath verteidigen, bis die große Demo am 14.1. den Entsatz bringen, Tausende nach Lützerath bringen und die Grünen unter vernichtenden politischen Druck setzen können. Bis dahin müssen wir aushalten, und heute ist der letzte Tag, an dem Ihr noch ohne von den Cops genervt zu werden, hierher kommen könnt. Ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad, ob mit einer Fahrgemeinschaft, oder – finanziert durch die großartigen Menschen vom 9EuroFonds (Opens in a new window), die Eurer Bezugsgruppe die Kosten für ein Quer Durchs Land-Ticket finanzieren werden – mit den Öffis, kommt nach Lützerath, versteckt Euch in Dachstöcken, klebt Euch an Eingänge, seid kreativ... werdet lebender Widerstand, verteidigt mit uns zusammen mit Euren Körpern das Dorf, das Klima, und die Gerechtigkeit.
Climate Justice needs YOU.